Klimaschutz ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern in weiterer Folge auch für die Wirtschaft: So könnte das Nichterreichen des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Abkommens drastische wirtschaftliche Folgen haben. Ohne konsequentes Gegensteuern könnten die globalen BIP-Verluste bis 2100 auf bis zu 22 Prozent ansteigen. Und bereits heute machen Unternehmen die wachsenden Auswirkungen von Extremwetterereignissen zu schaffen, die in den kommenden zwei Jahrzehnten potenziell EBITDA-Verluste von bis zu 25 Prozent verursachen könnten.
Gleichzeitig eröffnet die grüne Transformation immense Wachstumschancen: Der globale Markt für grüne Technologien und Produkte wird sich bis 2030 voraussichtlich auf über 14.000 Milliarden US-Dollar verdreifachen. Dabei hat Österreich eine starke Ausgangsposition, wobei die Innovationsdynamik bei Schlüsseltechnologien entscheidend sein wird, wie die Studie "Grüne Transformation statt Stillstand: Klimaschutz als Erfolgsfaktor für die österreichische Wirtschaft" der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) und dem Kontext Institut für Klimafragen zeigt. Diese wurde am Montag in Wien von Tina Deutsch, Vorständin Kontext Institut für Klimafragen, und Tanja Michael, Partner Boston Consulting Group, präsentiert.
Österreich muss Vorreiterrolle einnehmen
"Die grüne Transformation ist eine der größten Wettbewerbschancen unserer Zeit", betont Tanja Michael. "Wir erwarten, dass der Markt für alternative Energien allein jährlich um 20 Prozent wächst – und damit weit schneller als das globale BIP. Österreich hat hier das Potenzial, eine führende Rolle einzunehmen, vorausgesetzt, die Innovationsanstrengungen werden entsprechend verstärkt."
Dem stimmt auch Tina Deutsch zu und ergänzt, dass der globale Wettbewerb um Zukunftstechnologien bei erneuerbaren Energien oder Energiespeicherung längst begonnen habe. "Es geht nicht mehr darum, ob Unternehmen und Politik in Österreich und Europa reagieren sollten, sondern darum, wie wir hier in eine Vorreiterrolle kommen und nicht nur Abnehmer von Technologie werden, die anderswo entwickelt wurde."
Klimaschutz als großes Thema bei Österreichs Top 100 Unternehmen
"Die 100 größten Unternehmen Österreichs sind für mehr als ein Drittel der Gesamtemissionen des Landes verantwortlich und spielen damit eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der Klimaneutralität bis 2040", erläutert Deutsch. Das haben mittlerweile auch zahlreiche heimische Unternehmen erkannt. So zeigt die Analyse von BCG und Kontext, dass 73 der 100 größten österreichischen Unternehmen inzwischen konkrete Klimaschutzziele definiert haben – ein Zuwachs von 14 Unternehmen im Vergleich zu 2022. Während ein Fünftel der Unternehmen seit 2022 ambitioniertere Ziele verfolgt, haben zehn ihre Klimastrategien abgeschwächt. Lässt man den Blick aber von den Zielen und Ambitionen hin zu der tatsächlichen Realität schweifen, zeigt sich, dass 28 dieser Unternehmen die Emissionen um mindestens 4,5 Prozent pro Jahr senken konnten.
Von den 73 Unternehmen mit definierten Klimaschutzzielen streben 27 eine prozentuale Reduktion ihrer Emissionen an. 26 weitere Unternehmen planen, klimaneutral zu werden, indem sie ihre CO₂-Emissionen auf ein Minimum senken und verbleibende Restemissionen, die nicht reduziert werden können, durch den Einsatz von CO₂-Reduktions-Zertifikaten ausgleichen. Zudem haben sich 20 Unternehmen das ehrgeizige Ziel gesetzt, Netto-Null-Emissionen zu erreichen.
"Netto-Null ist der effektivste Ansatz, da nur durch die Vermeidung oder den Abbau von Emissionen in CO₂-Speichern tatsächlich weniger Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen und wir beim Klimaschutz entscheidend vorankommen", erklärt Michael. Zudem weist sie darauf hin, dass der durch den Klimawandel ausgelöste Transformationsprozess sogar tiefgreifender sein könnte als die Internetrevolution, die, so die Expertin, eine Welle von Gewinnern und Verlierern hervorgebracht hätte. "Unternehmen, die eine Vorreiterrolle einnehmen, eröffnen sich nicht nur neue Wachstumschancen, sondern schaffen auch nachhaltige Wettbewerbsvorteile und verdrängen traditionelle Geschäftsmodelle."
Gute Grundlagen schaffen
Um den Klimaschutz auf wirtschaftlicher Ebene voranzutreiben, brauche es allerdings zukunftsorientierte Rahmenbedingungen. "Der richtige Mix aus marktorientierten Anreizen, gezielten Regulierungen und Investitionen in Forschung und Entwicklung stärken die heimische Nachfrage nach Klimatechnologien, fördern die lokale Wertschöpfung und treiben sowohl Ausbildung als auch Innovation voran", so Deutsch. Nur mit einer klaren und entschlossenen Industriepolitik könne man hierzulande Planungssicherheit schaffen und die Weichen für eine ökologisierte Wirtschaft stellen.
Michael ergänzt, dass Klimaschutz nicht nur bedeute, Risiken zu vermeiden, "sondern die Grundlage für widerstandsfähige Unternehmen und Gesellschaften zu legen und neue Werte in einer sich rasch verändernden Welt zu schaffen. Jetzt ist die Zeit, entschlossen zu handeln und Zukunft aktiv zu gestalten."
Die gesamte Studie können Sie hier downloaden.
www.bcg.com
www.kontext-institut.at
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