Künstler-Portrait
Kühle Distanz und psychologische Innenschau

| Gerhard Krispl / LEADERSNET-ART Herausgeber 
| 20.01.2025

Günther Oberhollenzer über das Kindliche und Religiöse in den Arbeiten von Gehard Demetz.

"Für mich war es leichter in Amerika auszustellen als bei uns", sagt Gehard Demetz, der auch schon von einer New Yorker Galerie vertreten wurde. Dort stehe man der figurativen Skulptur entspannter gegenüber, so der Künstler. Demetz zeigt in seinem bildhauerischen Werk häufig Kinder, die trotzig und frühreif wirken, vielleicht auch am emotional aufgeladenen Übergang zum Erwachsenwerden stehen. Als verletzbare, aber auch verletzende Wesen erscheinen sie durch ihre manchmal offensiven Posen und Gesten feindselig und rührend hilflos zugleich. Das Kindliche macht sie auf den ersten Blick schützenswert, doch eine kühle Distanz, ein wie eingefrorener Ausdruck stehen der emotionalen Annäherung im Wege.

Die aus Lindenholz gefertigten Skulpturen stammen nicht aus einem Block, sondern werden aus vielen Einzelteilen modulartig zusammengefügt. Während der Körper und die Kleidung noch rau sind und Spuren des Arbeitsprozesses aufweisen, sind die Oberflächen der Gesichter oder Hände glatt und perfekt ausformuliert. Nahtstellen, quaderförmige Auslassungen und Fehlstellen legen den bildhauerischen Arbeitsprozess offen, gleichzeitig versinnbildlichen sie auch die verschiedenen Teile und Versatzstücke, die Persönlichkeit und Individualität ausmachen und formen.

Immer wieder arbeitet sich Demetz auch an kirchlichen Gegenständen wie Tabernakel und Monstranz ab. Neuerdings tauchen traditionelle religiöse Figuren auf (abendländische wie auch fernöstliche) – allerdings amorph verändert: zwei Skulpturen werden miteinander verschmolzen, lassen die vertraute Holzschnitzerei fremd und unheimlich zugleich erscheinen.

www.geharddemetz.com

Gehard Demetz
Einblick in das Atelier von Gehard Demetz, Wolkenstein / Südtirol © Simon Perathoner

Bildhauerei reloaded: Wie Südtiroler Skulpteure das Medium neu beleben und damit international reüssieren

Die Berglandschaft ist atemberaubend. Millionenfach wird sie auf Postkarten und Bildbänden abgebildet oder natürlich auch auf Social Media geteilt. Doch das Grödner- und Gadertal in Südtirol hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Überdimensionierte Hotelburgen bestimmen den Charakter der Dörfer, unzählige Souvenirläden bieten kitschige Holzschnitzereien an, neue Liftanlagen und Straßen bringen die Touristen ohne größere körperliche Anstrengung den Berggipfeln nahe.

Auch Grödner Holzschnitzerei ist nicht mehr das, was sie einmal war. Das allerdings ist eine gute Nachricht. Natürlich gibt es auch weiterhin die traditionelle Schnitzkunst, ein seit Jahrhunderten gepflegtes und auch angesehenes Gewerbe, daneben hat sich in den letzten Jahrzehnten aber eine ernst zu nehmende neue Bildhauerszene formiert, die weit über das Tal hinaus wahrgenommen und geschätzt wird. Diese neue Generation hochtalentierter Skulpteure orientiert sich in ihrem Werk an der internationalen Kunstdiskussion und versucht, Könnerschaft und altes Handwerk mit zeitgenössischen Herangehensweisen und Themen zu verknüpfen. Aus den Konventionen emanzipierend, wenden sie sich von erstarrten Bildmustern ab, ohne dabei das Holz (oder auch die Bronze) als Werkstoff aufzugeben. Die eigene Tradition wird nicht verneint, aber neu interpretiert.

Sie sind im Grödner- oder Gadertal beheimatet, es ist ihre "homebase" und der Produktionsmittelpunkt, aber es zieht sie auch immer wieder hinaus. Dann leben und arbeiten sie in Amerika, in Deutschland oder Österreich, stellen in Museen in Rom, Mexico City oder New York aus. Ich habe vor einiger Zeit mehrere von ihnen besucht und sehr bodenständige, herzliche Menschen getroffen, die sich mit dem Tal, der Landschaft, den Menschen verbunden fühlen, aber gleichzeitig viel von der Welt gesehen haben. Die mit der internationalen Kunstszene vertraut sind, ohne dafür ständig in einer Kunstmetropole leben zu müssen. Die leidenschaftlichen Sammler:innen und Galerist:innen haben, welche sie in ihren Ateliers in Südtirol besuchen und an Ausstellungshäuser und Kunstmessen dieser Welt vermitteln. Die mehr Weltbürger sind, als manche Großstädter glauben, es zu sein.

Text: Günther Oberhollenzer

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Herausgeber von LEADERSNET-ART ist Gerhard Krispl.

 

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