Interview Axel F. Ganster
"Bei der professionellen Krisenkommunikation gibt es Luft nach oben"

| Redaktion 
| 14.02.2024

Axel F. Ganster spricht im LEADERSNET-Interview über Kommunikation in schwierigen Zeiten und warum Österreichs Unternehmen besser auf Krisen vorbereitet sein müssen.

LEADERSNET: Herr Ganster – Sie sind auf Krisenkommunikation spezialisiert. Wie gut sind österreichische Unternehmen hierbei aufgestellt?

Wie die jüngsten Insolvenzen von österreichischen Unternehmen zeigen, gibt es bezüglich professioneller Krisenkommunikation Luft nach oben. Gerade ein sehr großes Unternehmen aus dem Immobilienbereich hat gezeigt, wie man es auf keinen machen sollte. 

LEADERSNET: Krisenkommunikation ist, wie der Name schon sagt, negativ behaftet. Wie sieht gute Krisenkommunikation aus?

Als erstes müssen für ein Unternehmen, in Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter:innen, die potenziellen Risiken identifiziert werden. Anschließend erstellt man dazu entsprechende Wordings. Diese sind aber lebendige Objekte und müssen immer wieder an aktuelle Entwicklungen und Erfordernisse angepasst werden. Wichtig ist eine profunde juristische Absicherung bzw. medienrechtliche Abstimmung mit einer unternehmensinternen Rechtsabteilung oder einer externen Rechtsanwaltskanzlei.

Wenn der Krisenfall eintritt, sind eine schnelle Analyse und eine aktive Kommunikation das A und O. Die Geschichte wird von den Medien sowieso geschrieben, die Frage ist nur schreibt man diese mit oder eben nicht. Unsere Devise ist ganz klar aktiv zu kommunizieren. Schonungslosigkeit, Transparenz und Ehrlichkeit stehen dabei im Fokus. Mit Unwahrheiten oder Falschmeldungen verschlimmert man nur alles.

Auf Tauchstation zu gehen und sich zu verstecken, schadet noch viel mehr als die eigentliche Krise. Genauso ist das scheibchenweise Zugeben schon bestätigter "Beweise" ein weiteres Problem. So wird die negative Berichterstattung ungewollt verlängert und das bedeutet einen noch größeren Schaden für das Unternehmen.

Wenn es dazu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gibt, darf die Kommunikation diese keinesfalls beeinträchtigen. An erster Stelle steht dann immer das Ermittlungsverfahren und an zweiter Stelle die Wiederherstellung des Rufs. Die 24-stündige Erreichbarkeit und das Fingerspitzengefühl sind dabei von immenser Bedeutung.

LEADERSNET: Nennen Sie uns ein paar Beispiele.

Wird durften Streitigkeiten, Klagen und angezeigte Delikte gegen einen Mandanten begleiten. Wir sind damals kontaktiert worden, als die Geschichte schon in den Medien war. Wir haben dann einmal Wordings gegen alle Vorwürfe erstellt. Anschließend konnten wir mit einem ersten Pressegespräch die Vorwürfe glaubhaft widerlegen. Nach der Einstellung der Ermittlungen haben wir dann mit einem weiteren Pressegespräch die Reputation zu 100 Prozent wieder herstellen können.

Einem Unternehmen wurde von einer unzufriedenen Kundin gedroht, dass negativ über dieses berichtet werden soll. Wir recherchierten dabei, ob es Anzeichen einer negativen Kampagne gegen das Unternehmen gibt. Dazu haben wir dann die Redaktion eines großen Medienhauses über die Innovationen des Unternehmens informiert und es entstand dazu ein objektiver Bericht über eine neue Entwicklung. So hätte eine mögliche negative Berichterstattung zumindest neutralisiert werden können.

Ein weiteres positives Beispiel ist der Elch-Test der Mercedes A-Klasse vom 21. Oktober 1997. Nach kurzer Zeit wurde das Problem vom damaligen CEO Jürgen Schrempp zu Chefsache erklärt. Es gab einen Auslieferungsstopp mit der Begründung "Wir wollen kein Fahrzeug ausliefern, von dem wir heute wissen, dass wir es noch besser bauen können".

Unmittelbar danach wurde mit einer umfassende Kommunikation begonnen: Zu ihr gehörten Presseerklärungen, Interviews mit dem Vorstandsvorsitzenden, Internet-News, Briefe an die Mitarbeiter:innen sowie an die Kund:innen. Die Kommunikation mit den größten Shareholdern wurde gesondert geführt. Den Auslieferungsstopp kündigte Jürgen E. Schrempp selbst über verschiedene Medien an. Über diese Kontakte wurden insgesamt ca. 45 Millionen Menschen in Deutschland erreicht.

Zusätzlich wurde eine Serie von vier Anzeigen nach dem Auslieferungsstopp geschaltet. Die erste Anzeige erschien am 12. November 1997 und hatte die Botschaft "Wir wollen die Diskussion um die Sicherheit der A-Klasse beenden. Endgültig". 27 Jahre später gibt es die A-Klasse immer noch.

Das ist ein Lehrbeispiel wie man in einer Krise kommunizieren sollte.

LEADERSNET: Warum müssen Österreichs Unternehmen besser auf Krisen vorbereitet sein?

Eine Krise steht immer vor der Tür. Um das Unternehmen, die Mitarbeiter:innen und die Geschäftspartner:innen vor Schaden zu bewahren ist es wichtig Wordings und einen entsprechenden und Kommunikationsplan auszuarbeiten. Auch in der Zusammenarbeit gegenüber den Banken, Lieferanten und (potenziellen) Investoren ist es von immenser Bedeutung sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten.

Wenn der Geschäftsführung der Unternehmenswert wichtig ist sollte sie unbedingt, in eine entsprechende Krisenkommunikation investieren. Vorbeugen ist immer leichter als reparieren.

www.pr-ag.at

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