"Ich glaube nicht, dass KI einen guten und seriösen PR-Berater ersetzen wird"

| Christoph Aufreiter 
| 12.04.2023

Nikolaus Pjeta, CEO und Eigentümer von Fullstop Public Relations, spricht im LEADERSNET-Interview über "New Work", undurchsichtige Auftragsvergaben und was ihn als Arbeitgeber attraktiv macht.

LEADERSNET: In Österreich gibt es gerade viele Turbulenzen, die unter anderem undurchsichtige, bzw. nicht nachvollziehbare Ausschreibungen, Postenbesetzungen und Auftragsvergaben betreffen. Wie sehen Sie das, gibt es hier einen Unterschied zu Deutschland?

Nikolaus Pjeta: Ich kann natürlich nur für den PR-Bereich sprechen, aber hier haben wir es in Deutschland erst selten erlebt, dass es für das Erhalten eines Auftrags relevant ist, ob jemand wen kennt. Wir nehmen wahr, dass ganz gezielt nach passenden Referenzen gesucht wird und man sich ansieht, ob die Agentur über die entsprechende Kompetenz verfügt. In Österreich habe ich schon den Eindruck, dass es immer noch zu oft darum geht, wer mit wem Golf spielt oder sonst irgendwie persönlich verbunden ist. Allerdings sehen wir seit den jüngsten politischen Skandalen einen Umbruch, dass auch hierzulande mehr ausgeschrieben wird. Wer immer noch keine seriösen und ergebnisoffenen Ausschreibungen macht, hat weder einen guten Vergleich verschiedener Dienstleister:innen, noch kommt man zu einem guten Preis. Insofern ist es unternehmerischer Schwachsinn keine Ausschreibungen vorzunehmen. Durch die Digitalisierung arbeiten wir mit diversen Matching-Plattformen, beispielsweise Sortlist, zusammen und haben mit Ausschreibungen auf der ganzen Welt zu tun. Dabei werden wir aufgrund unserer Referenzen im Internet gefunden und häufig online angefragt und gehen nur noch selten proaktiv auf potenzielle Neukund:innen zu.

LEADERSNET: Was Unterscheidet Ausschreibungen in Deutschland von denen in Österreich? Inwiefern sind sie transparenter?

Pjeta: Seriöse Ausschreibungen sind in Deutschland Standard. Österreich ist diesbezüglich unserem Gefühl nach eher rückständig. Ausgeschrieben wird in Österreich dann, wenn es gesetzlich vorgeschrieben ist, sonst in vielen Fällen – zumindest in der Vergangenheit – nicht. Manchmal hat es in Österreich auch den Anschein, als würde die eine oder andere Ausschreibung pro forma stattfinden, wo von Anfang an geplant ist, jemand Bestimmten zum Zug kommen zu lassen und nicht die Agentur, die im Zuge des Auswahlverfahrens am Überzeugendsten ist. Dabei die beste Basis für eine respektvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe dann gegeben, wenn man einen Auftrag aufgrund von Leistung und der besseren Ideen gewinnt und nicht deshalb, weil man jemandem freundschaftlich verbunden ist. In Deutschland ist der Ausschreibungsprozess insofern transparenter als dass im Vorfeld häufig ein sehr gut ausgearbeitetes Pitchdeck zur Verfügung gestellt wird. Ordnungsgemäße Ausschreibungen sind in jedem Fall Chefsache – sowohl Geschäftsführer:innen als auch Kommunikationsverantwortliche in Unternehmen sollten dafür Sorge tragen.

LEADERSNET: Der Lockdown hat unsere Arbeitsweise nachhaltig verändert. Auch wenn die digitale Transformation schon lange vorher begonnen hat, so wurde sie doch durch die Pandemie massiv beschleunigt. Wie haben Sie Ihre Mitarbeiter:innen auf die digitale Transformation vorbereitet und wie haben sie darauf reagiert?

Pjeta: Die Pandemie hat unter Beweis gestellt, dass bestimmte Prozesse wie beispielsweise Meetings mit Kund:innen auch digital und somit ortsunabhängig hervorragend funktionieren. Das hat in vielen Fällen dazu geführt, dass die Arbeitszeit effizienter genutzt werden kann. Natürlich gibt es nach wie vor Termine und Anlässe, wo das persönliche Zusammentreffen absolut sinnvoll ist und Mehrwert bringt. Doch es muss nicht jeder Termin vor Ort stattfinden, wo oft die Hin- und Rückfahrt länger dauern als der Termin selbst. Das ist mittlerweile auch in der Gesellschaft gut verankert, sodass virtuelle Meetings oft das Mittel der Wahl und keine "Termine zweiter Klasse" mehr sind.

LEADERSNET: Hört man sich jüngst in der Branche um, so hört man zwischen den Zeilen immer wieder eine gewisse Angst, von einer Künstlichen Intelligenz mittelfristig übertrumpft, bzw. ersetzt zu werden. Wie stehen Sie zu dem Thema?

Pjeta: Technologische Entwicklungen, und somit natürlich auch KI, bringen immer Veränderungen mit sich. Neben Gefahren, die manche sehen, haben sie vor allem das Potenzial, Arbeitsschritte zu erleichtern. Ich denke es ist wichtig, am Puls der Zeit zu sein und die Vorteile von technologischer Innovation für sich zu nutzen. Ich bezeichne unseren Job immer als "People's business". Ein wesentlicher Teil der Arbeit ist es, kreative Zugänge zu einem Thema zu entwickeln und Journalisten im Gespräch von einer spannenden Story zu überzeugen. Dass KI einen guten, seriösen PR-Berater eins zu eins ersetzen wird, glaube ich nicht. Durch technologischen Wandel kommt es aber in vielen Berufen immer wieder zu einer Veränderung bei den Tätigkeiten und Arbeitsabläufen, das ist im Journalismus genauso der Fall wie in der PR oder anderswo - und das ist auch kein neues Phänomen.

LEADERSNET: "New Work" ist eines der Stichworte unserer Zeit. Mitarbeiter:innen legen immer mehr Wert auf Flexibilität und wehren sich zunehmend gegen klassische 9 to 5 Modelle. Inwiefern beeinflussen die neuen Ansichten zur Arbeitswelt schon jetzt ihr Unternehmen?

Pjeta: Die Pandemie hat nicht nur den Digitalisierungs-Trend, sondern auch den Trend zum hybriden Arbeiten verstärkt. Das ist auch bei uns so und funktioniert sehr gut. Im vergangenen Herbst war die gesamte Agentur auf „Workation" in der Nähe von Lissabon, das heißt wir haben den Agenturstandort einen Monat lang nach Portugal verlegt, wo die Mitarbeiter:innen in zwei Teams aufgeteilt jeweils für zwei Wochen nur fünf Minuten von wunderschönen Stränden der Atlantikküste entfernt arbeiten konnten. Das kam sehr gut an und ist heuer bereits für Juni wieder geplant, diesmal geht's nach Tarifa an die spanische Costa de la Luz.

LEADERSNET: Was macht Sie als Arbeitgeber attraktiv? Welche Angebote werden von ihren Mitarbeiter:innen geschätzt?

Pjeta: Zunächst einmal gibt es bei uns flache Hierarchien und es ist nicht nur in Ordnung, eigene Ideen einzubringen, sondern ausdrücklich erwünscht. Führungspositionen wie Agentur- oder Teamleitung wurden bei uns bisher immer intern von Mitarbeiter:innen besetzt, die sich innerhalb der Agentur bewiesen und als Junior Consultant begonnen haben. Auch die bereits oben erwähnte Möglichkeit für Workation ist ein Benefit, das vom Team durch die Bank geschätzt wird. Und natürlich setzen wir auch auf individuelle Qualifizierungsmaßnahmen wie Weiterbildung und Coaching.

www.fullstoppr.com

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