Der Aufsichtsrat lässt die Sau (r)aus!

| 26.10.2022

Gastkommentar von Josef Fritz, Geschäftsführender Gesellschafter der Board Search GmbH.

Von Hermann Josef Abs, dem legendären Bankier der Deutschen Bank sowie Multi-Aufsichtsrat, stammt ein markantes Zitat: "Einen Aufsichtsrat haften zu lassen ist schwieriger, als eine Sau am eingeseiften Schwanz festzuhalten."

Das war zu seiner Zeit - Vorstandssprecher von 1957 bis 1967 und anschließend bis 1976 Aufsichtsratsvorsitzender – absolut zutreffend. Das Aufsichtsratsmandat verstand man zu dieser Zeit mehr als Ehrenamt bzw. als Visitenkarte für den "elitären Club" oder im Falle des Aufsichtsratsvorsitzenden Hermann Abs als Machtinstrument der legendären "Deutschland AG".

Die Gesellschaftsrechtsänderungs-Gesetze der letzten 15 Jahre brachten nicht nur Qualitätsanforderungen für Aufsichtsräte, sondern auch neue Haftungsregelungen. Heute ist ein Mandat im Aufsichtsrat eine höchst
verantwortungsvolle, professionell auszuübende Tätigkeit, für die man mit seinem Privatvermögen im Fall des Falles haftet. Was heißt, dass unprofessionelle und inkompetente Aufsichtsräte für ihr Wegschauen, Abnicken, Durchwinken oder auch Unterlassen ihrer Sorgfaltspflichten haften und vor allem auch zivilrechtlich und sogar strafrechtlich angeklagt werden können. So konnte es jahrelange Vorerhebungen geben, die zu Anklagen mit bis zu 14-jährigen Strafverfahren führten!

Ist eine eigene gesonderte Absicherung notwendig?

Die Absicherung des Haftungsrisikos ist daher ein Muss. Ob eine D&O-Versicherung hierfür ausreicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Aufsichtsräte handeln nur durch die gefällten Beschlüsse. Das operative Geschäft entscheiden die Vorstände. Im Ergebnis wird daher der Schadenersatzanspruch zunächst gegen die Vorstände vorgebracht werden. AR und Vorstand teilen sich die Versicherungssumme. Ist diese bereits durch die Auseinandersetzungen mit dem Vorstand verbraucht, stehen die Aufsichtsräte ohne Deckung da.

Jeder Aufsichtsrat sollte daher für sich prüfen, ob neben der D&O Versicherung eine eigene gesonderte Absicherung notwendig ist. Die Auswahl des richtigen Maklers und der richtigen Versicherung ist eine Vorstandsaufgabe in gutem Zusammenwirken mit dem Aufsichtsrat. Die persönliche Absicherung der Haftung kann aber nicht delegiert werden. In Zeiten von Veränderungen und Umbrüchen soll das Thema – wie abgesichert sind wir? – ein jährlicher Tagesordnungspunkt der Aufsichtsratssitzung sein, damit nicht nur der "Schwanz der Sau schön eingeseift bleibt".

www.boardsearch.at


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