"Ich halte die Ankündigungen der Ministerin für Pflanzerei"

Das Aus für den Lobautunnel sorgt wie erwartet für Kontroversen.

Jetzt ist es fix: Der Lobautunnel wird nicht gebaut. Machten am Dienstag erste Gerüchte die Runde, dass sich Klimaschutzministerin Leonore Gewessler gegen den Bau entschieden habe (LEADERSNET berichtete), folgte am Mittwoch die offizielle Bestätigung aus dem Ministerium.

Wie nicht anders zu erwarten sorgte die Ankündigung von Gewessler für eine Flut an Reaktionen. Diese reichten von Zustimmung – vor allem natürlich von den Grünen, aber auch von NGOs und Umweltschutzgruppen – bis hin zu totaler Ablehnung – hier natürlich vor allem von der politischen Konkurrenz aber auch aus Wirtschaftskreisen.

"Menschen haben gutes Leben verdient"

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat auf jeden Fall keine Freude der Entscheidung der grünen Ministerin. Für Ludwig ist der Baustopp auch noch nicht fix: "Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, rechtliche Schritte zu setzen." Im Rahmen einer Pressekonferenz meinte der Wiener Stadtchef, dass er "die Ankündigungen der Ministerin für Pflanzerei" halte. Der Baustoppp sei ein "Schlag gegen die Lebensqualität" in Wien. Ludwig: "Die Menschen haben sich ein gutes Leben verdient." Zudem sei Wien immer Vorreiter beim Klimaschutz gewesen: "Wir investieren 3,5 Mal soviel in Öffi-Verkehr als in Straßenbau, trotzdem ist es auch notwendig in Straßen zu investieren."

Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich, warnt davor, dass das Aus für den Lobautunnel, der damit verhinderte Lückenschluss der S1 und die neuerliche UVP-Prüfung der S8 die wirtschaftliche Entwicklung im gesamten Wiener Umland zurück werfe. "Mit dem Stopp der S1 und S8 entgehen dem Wirtschaftsstandort mehr als 1,8 Milliarden an zusätzlichem Bruttoregionalprodukt und 17.000 Arbeitsplätze weniger", so Ecker.

"Wir leben nicht im antiken Rom"

Kritik gibt es auch von Wiens Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck. Der Lobautunnel sei für den Wirtschaftsstandort Wien und die Ostregion von essenzieller Bedeutung, so Ruck. Kein Infrastrukturprojekt in Österreich sei bisher so intensiv geprüft worden, wie dieser Tunnel. "Wir leben in Wien im 21. Jahrhundert und nicht im antiken Rom, wo über Existenzen per Daumenstellung entschieden wurde", bemängelt der 58-Jährige. "Klimaschutz ist ein berechtigtes und wichtiges Anliegen. Dazu steht auch die Wirtschaftskammer Wien. Gleichzeitig ist aber auch klar, dass eine Stadt wie Wien eine leistungsfähige Infrastruktur braucht, um im internationalen Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte bestehen zu können."

Weniger konstruktiv die Wortmeldung der FPÖ: Gewesslers Entscheidung sei eine "Schweinerei", so der Wiener FPÖ-Verkehrssprecher Toni Mahdalik. Thomas Rasch von der Fraktion christlicher Gewerkschafter Wien (FCG-Wien) hingegen fordert den Rücktritt der Ministerin wegen "Inkompetenz".

"Ende der Betonpolitik"

Zuspruch gibt es für Leonore Gewesslers Entscheidung naturgemäß von Vertreter:innen aus der eigenen Partei. Lukas Hammer, Klimaschutzsprecher der Grünen, spricht von einem "großen Tag für den Klimaschutz". "Klimapolitik wird mit Mut für klare und notwendige Entscheidungen gemacht. Genau das beweist Klimaschutzministerin Leonore Gewessler mit ihrer historischen Richtungsentscheidung für das Aus der Lobauautobahn aufs Neue. Andere reden nur vom Klimaschutz, wir Grüne handeln", konstatiert Hammer.

Der Naturschutzbund begrüßt das Aus für den Lobautunnel ebenfalls. "Die Absage des BMK (Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) an den Bau des Lobautunnels ist ein wertvolles Signal, dass nicht alles so weiter gehen kann wie gehabt. Ob Grundwasserschutz, Bodenschutz oder Rücksicht auf den Nationalpark Donauauen – Klima- und Biodiversitätsschutz brauchen mutiges und entschlossenes Handeln und kein 'Blabla'", so Roman Türk, Präsident des Naturschutzbundes Österreich.

Ähnlich der Tenor von NGOs wie Greenpeace ("Absage der Lobau-Autobahn beendet Betonpolitik und läutet neue Ära für Klima und Natur ein"), Global2000 ("Stadt Wien bekommt große Chance einer umweltfreundlichen Neuplanung der Mobilität"), WWF ("Umweltministerin setzt wichtigen Schritt zur Rettung des Naturparadieses Lobau") und Südwind ("Autobahnprojekte von heute sind Altlasten von morgen“). (as)

www.bmk.gv.at

Gottfried Hosp
Die Entscheidung ist richtig - mutig und zukunftsweisend. Man kann der Frau Ministerien nur gratulieren. Diese Naturschutzgebiete die es noch gibt müssen unangetastet bleiben. Wir brauchen Alternativlösungen um den Verkehr zu minimieren, nicht zusätzliche Straßen um den Verkehr zu erhöhen. Zukunftsalternativen für Städte überlegen - z.B. Seilbahnen!

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