Lotterie kickt Impfkampagne

 
Julia Emma Weninger expressis verbis über missglückte Impf-Werbung, ob es für die Verlosung von Häusern und Elektroautos nicht schon zu spät ist und ob man wirklich schon den vierten Stich promoten muss.

 
Die Fallzahlen steigen unaufhörlich, die Impfquote in Österreich liegt bei rund 70 Prozent (Erstimpfung). Mit verschiedenen Mitteln wurde bisher versucht, die Impfbereitschaft anzukurbeln.
 
In mobilen Boxen, Bussen und sogar in Museen, auf Booten und in Flugzeugen: überall wird gestochen. Eh super, aber gerade hier könnte bereits eines der profaneren Probleme liegen. "Gestochen", der "erste Stich": schon diese Wörter schrecken ab. Dazu gibt es Bilder von strengen Ärzten mit Spritzen in der Hand und gequetschten Oberarmen. Warum zeigt man nicht, vereinfacht gesagt, fröhliche Gesichter, die wieder Feiern gehen können oder ins Theater strömen oder Restaurants und Nachtlokale besuchen?

Auch die Kinderimpfung wird nicht gerade geschickt beworben, darauf hat mich kürzlich eine Freundin und renommierte Klinische- und Gesundheitspsychologin mit Kindern im impffähigen Alter aufmerksam gemacht. Alle medizinischen Faktoren jetzt mal ausgenommen, wäre es nicht besser, glückliche Kinder zu zeigen, die mit ihren Impfpässen in ihre Sportkurse und Musikklassen strahlend einchecken?
 
Auch wir als Journalisten sollten uns hin und wieder bemühen, nicht das erstbeste Stockfoto zu verwenden der Arzt, mit Riesenspritze, der den Oberarm quetscht.
 
 
Was machen die anderen anders?

Mehrere europäische Länder zeigen, dass eine höhere Impfquote möglich ist. Allen voran Portugal, wo ein General die Impfstrategie organisierte. Aber auch Dänemark punktete mit seiner Impfkampagne: Alle erhielten automatisch einen Impftermin per SMS zugeteilt und mussten sich aktiv davon abmelden.
 
In Malta lässt sich's derzeit auch schön leben: Mit 88 Prozent gibt es dort eine der höchsten Impfquoten global. Sogar die Vereinigten Arabischen Emirate können sich zu den Impfweltmeistern (88,4 Prozent) zählen, die Inzidenz liegt bei Redaktionsschluss bei 4,9.
 
Relativ gut präsentiert sich auch das von der ersten Welle total überrollte Italien: mit einer Inzidenz von 135  und einer Impfquote von 73 Prozent.
 
Top in Europa ist ganz klar die Iberische Halbinsel, in Portugal und Spanien sind 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung geimpft. Als 78 Prozent immunisiert waren, war die Wende dort geschafft, so die Experten. (Zahlen von vom Robert Koch Institut (RKI), der Johns Hopkins University (JHU) und dem European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC)).
 
Angst machen oder Vertrauen stärken?

Am Impfturbo mitgewirkt haben dürften in Spanien und Italien die ungeschminkten Berichte und Bilder über hohe Todeszahlen in kurzer Zeit. Ist "das Angst vor der Krankheit machen" eventuell eine wirklich wirksame Methode?  

Das Bewusstsein, dass der Tod Realität ist, ist in Spanien ebenso wie das Vertrauen in die Wissenschaft besonders stark ausgeprägt. Die Angst als Motor und Impfimpuls ebenso wie die ausgeprägte Solidarität waren die Basis für einen nationalen Impfplan, der erfolgreich realisiert wurde. Die Spanier feierten die "vacunació" als Retter, es gibt kaum Leugner und sie halten uns Österreicher für undankbar und hochmütig. "Mich erwischts eh nicht. Ich bin fit", können sie nicht nachvollziehen. Die beiden Länder Italien und Spanien sind an der ersten Welle gescheitert, sind sie daher für die nächsten Wellen gewappnet?

Eine Rolle im Geschehen könnte auch gespielt haben, dass man sich aktiv gegen eine Impfung zu entscheiden hatte und den zugeteilten Termin ablehnen musste. In Österreich wird es wohl bis zum Beginn der Impfpflicht genau anders herum sein, man muss sich proaktiv um seinen "Stich" kümmern, sodass schon auch etwas Faulheit die Quote trüben könnte. Die Anreise zum Termin wird jedenfalls bequemer: Auf dem Weg zum Impftermin stehen Wiener:innen 10.000 Freifahrten des E-Scooter-Anbieters Superpedestrian zur Verfügung, auch Uber startete besondere Aktionen.
 
Diamanten, Autos und Omikron: Nun sollen es Lotterien richten
 
Wo Aufklärung und Information nicht reichen, kommt jetzt der schnöde Mammon zum Einsatz. Wer will denn kein Elektro-Auto, kein Fertigteil-Einfamilienhaus und keinen Solitär-Ring für lau? Beim Gedanken daran, tut auch der Stich gar nicht mehr so weh, oder?
 
Das Burgenland hat es schon vorgemacht. Mit der Impflotterie konnte die Durchimpfungsrate auf 80 Prozent gesteigert werden, es gab 10.000 zusätzliche Erstimpfungen.
 
Ob damit Mittel gefunden wurden, die die Impfunwilligen zu mehr Solidarität  und somit zu einem Weg aus der Krise führen werden, muss sich bald zeigen. Die Situation ist jedenfalls dramatisch, Omikron jettet bereits um die Welt und das nicht nur auf Twitter.
 
Kampagne für die vierte Impfung?
 
Medienberichten zufolge steht schon bald der nächste Booster aka vierter Stich auf der Agenda. Liebe Kreative, die ihr uns ja so fleißig lest (danke:)), vielleicht fällt Euch ja etwas Passendes dazu ein?
 
Christian W. Mucha und sein ExtraDienst haben schon zum Wettbewerb geladen.

 


Kommentare auf LEADERSNET geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors bzw. der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion. Im Sinne der Pluralität versuchen wir unterschiedlichen Standpunkten Raum zu geben – nur so kann eine konstruktive Diskussion entstehen. Kommentare können einseitig, polemisch und bissig sein, sie erheben jedoch nicht den Anspruch auf Objektivität.

 

 

 

Mag. Julia Emma Weninger

Chefredakteurin LEADERSNET
Chefredakteurin LEADERSNET Luxury News

Opinion Leaders Network GmbH

j.weninger@leadersnet.at

Christoph Neubauer
Sehr geehrte Frau Weninger,
vielen Dank für Ihre offenen Worte. Genau so sollte eine positiv besetzte Impfkampagne aussehen und in die Bevölkerung gebracht werden. Mit der "Law and Order" Politik werden wir nicht weit kommen, leider checken das unsere Politiker noch nicht. Immer von oben herab als miteinander...
Herzliche Grüße
Christoph Neubauer

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

Mag. Julia Emma Weninger

Chefredakteurin LEADERSNET
Chefredakteurin LEADERSNET Luxury News

Opinion Leaders Network GmbH

j.weninger@leadersnet.at

leadersnet.TV