"Wir werden uns nie ins Daily Business einmischen"

"Stolz auf Wien"-Geschäftsführerin Barbara Forsthuber erzählt im Interview, wie die Stadt Wien Unternehmen, die durch Corona in eine Schieflage gekommen sind, mit einer Beteiligung unterstützt, wer im Beirat der Initiative setzt, welche Unternehmen in die engere Auswahl kommen und was das große Ziel hinter der Maßnahme ist.

LEADERSNET: Was steckt hinter der Initiative "Stolz auf Wien"?

Forsthuber: Die Initiative ist eine Förderung bzw. eine Beteiligung auf der einen Seite und auf der anderen Seite Genussrecht. Wir unterstützen Unternehmen, die tatsächlich durch die Corona-Krise in temporäre Engpässe gekommen sind. Wir unterstützen sie mit dem zur Verfügung stellen von Eigenkapital, denn das ist eigentlich das Wesentliche, was diese Unternehmen brauchen.

LEADERSNET: Welche Voraussetzungen müssen Unternehmen erfüllen, um für "Stolz auf Wien" in Frage zu kommen und wie werden die Firmen schlussendlich ausgewählt?

Forsthuber: Es geht um Unternehmen, die vor Corona "gesund" waren, durch Corona in Engpässe gekommen sind und eine positive Fortbestehensprognose aufweisen können. Wir bieten zwei Varianten an: Die eine Variante ist eine Beteiligung bis zu 20 Prozent. In Euro bedeutet das bis maximal zwei Millionen Euro auf maximal sieben Jahre. Die Betriebe können sich bei uns bewerben und dann gibt es einen Screeningprozess. Das sind die ersten Faktoren, wo wir eruieren, ob eine Beteiligung überhaupt Sinn macht. Wenn wir merken, dass das Unternehmen den Grundkriterien entspricht, dann gehen wir einen Schritt weiter und erstellen in Partnerschaft mit einem Wirtschaftsprüfer eine Tax Due Diligence (Identifikation steuerlicher Risiken bei einem Unternehmenskauf – Anm. d. Red.). Daraus ergibt sich dann der Firmenwert. Und dann haben wir einen sehr honorigen Beirat, dem wir die Unternehmen präsentieren, von denen wir meinen, dass es vernünftig wäre, sich zu beteiligen. Der Beirat gibt dann eine Empfehlungen ab und die ist schlussendlich für die Investoren auch bindend.

Es gibt noch eine zweite Variante: In der Gastronomie hat sich gezeigt, dass sich nicht immer eine Bewertung in der notwendigen Höhe ergibt, denn da ist nun mal nicht so viel da, das es zu bewerten gibt. Wir haben jetzt die "Stolz auf Wien 2" ins Leben gerufen – ausschließlich mit Geldern von privaten Investoren. Das betrifft aber nur die Branchen Gastronomie, Hotellerie und Tourismus respektive Entertainment. Da beteiligen wir uns bis zu einem Maximalbetrag von 300.000 Euro. Es gibt eine niederschwelligere Bewertung und unser zur Verfügung gestelltes Kapital steht auf Genussrechtsbasis. Es ist also eine einfachere Methodik.

LEADERSNET: Muss ich als Unternehmer, dessen Unternehmen von "Stolz auf Wien" mit einer Beteiligung unterstützt wird, Angst haben, dass ich meine Firma nicht mehr selber führen darf?

Forsthuber: Nein! Natürlich bedeutet eine Beteiligung immer auch, dass wir Gesellschafter sind. Sprich, es ist eine Partnerschaft und da muss es auch einen Austausch geben. Aber wir werden uns nie ins Daily Business einmischen. Das steht uns nicht zu, das wollen wir nicht und das können wir auch nicht. Es ist ein Unterstützungsprojekt in Form einer Beteiligung. Es wird Geld zur Verfügung gestellt und dann gibt es natürlich auch Parameter, die einen respektvollen Umgang mit sich bringen. Es ist nicht so, dass wir eine Mail schicken und uns dann erst in sieben Jahren Wiedersehen. Es ist schon ein Weg, den wir gemeinsam gehen wollen.

LEADERSNET: Das große Ziel darüber, das Meta-Ziel dieser Maßnahme, ist die Stützung des Arbeitsmarkts, oder?

Forsthuber: Ganz genau. Also mit dieser Unterstützung sollen die Unternehmen gestützt und Arbeitsplätze gesichert werden. Das ist das Ziel.

LEADERSNET: Sie haben gesagt, des gibt einen honorigen Beirat. Aus welchen Kriterien heraus entscheiden die Mitglieder, ob jemandem geholfen wird oder nicht?

Forsthuber: Basierend auf unserer Tax Due Diligence, die wir gemeinsam mit unseren Wirtschaftsprüfer vorlegen, gibt es dann die Empfehlung, dieses Unternehmen zu unterstützen mit einem Betrag XY. Dann gibt es eben den Beirat, dessen Mitglieder sich das ganz genau ansehen und aus ihrer Kompetenz heraus wesentliche Fragen stellen oder uns auch ein paar Parameter vorgeben, auf die wir zusätzlich zu achten haben. Wenn das Unternehmen eine Empfehlung durch den Beirat bekommt, dann gehen wir dieses Stück des Weges gemeinsam.

LEADERSNET: Können Sie uns auch sagen, wer in diesem Beirat sitzt?

Forsthuber: Ja, sehr gerne. Ich bin sehr stolz auf diesen Beirat. Ich möchte jetzt nicht alle aufzählen, aber es sind unter anderem Edeltraud Hanappi-Egger, Christian Konrad, Franz Vranitzky und Erich Hampel dabei. Gaston Giefing ist unser Vorsitzender. Es ist wirklich das Who-is-Who der nationalen Wirtschaft. (Hier finden Sie den kompletten Beirat – Anm. d. Red.).

LEADERSNET: Strenge Regeln, klare Kriterien – Es ist eine Partnerschaft, wo das Steuer beim Unternehmer bleibt, aber es gibt auch Spielregeln. Welche Spielregeln sind das dann in letzter Konsequenz?

Forsthuber: Das wäre sehr umfangreich, das alles aufzuzählen. Aber es gibt ein sogenanntes Term Sheet (Grundlagenpapier – Anm. d. Red.). Das haben wir mit den Investoren gemeinsam erarbeitet. Das ist auch notwendig. Dort werden Dinge, wie eine Mindestlaufzeit, die sich aufgrund der Tax Due Diligence ergibt, behandelt. Wir müssen schauen, wann das Unternehmen wieder zu florieren beginnt. Es geht um die Frage, wie lange man in jedem Fall zusammenbleiben sollte, damit das Ganze auch Sinn macht. Ein weiterer Punkt sind Budgetpläne, die bis zu einem gewissen Betrag überschritten werden dürfen. Alles darüber hinaus, an zusätzlichen Investitionen, sollte man besprechen, ob es wirtschaftlich Sinn macht. Natürlich werden wir bei wirtschaftlicher und inhaltlicher Sinnhaftigkeit auch zustimmen. Wir sitzen in einem Boot. Aber das sind Unternehmer, die ihr Geschäft verstehen. Das maßen wir uns überhaupt nicht an. Es geht um das Festegen von Parametern und wir müssen im Austausch bleiben und uns gegenseitig informieren und uns nicht aus den Augen verlieren, innerhalb der nächsten Jahre.

LEADERSNET: "Stolz auf Wien" ist ein klingender Name und trotzdem haben viele Unternehmer Respekt, sich bei Ihnen zu melden. Warum sollte man keine Scheu haben, sich an "Stolz auf Wien" zu wenden? Was ist Ihr Appell an die Firmen?

Forsthuber: Das Wort Beteiligung hat sich bei uns hier in Österreich noch nicht so etabliert. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass manche Unternehmen Respekt haben. Nein, wir übernehmen da keine Unternehmen. Wir gehen nur ein Stück des Weges gemeinsam. Es ist eine Unterstützungsprojekt und ich würde meinen, in Zeiten wie diesen zahlt es sich in jedem Fall aus, in ein Gespräch mit uns zu treten. Wir sind keine Private Equity, wir sind keine Banker. Wir wollen helfen. Es ist eine von vielen Alternativen im Rahmen der vielen Unterstützungsmaßnahmen, die es Gott sei Dank gibt. Sie kann passen, sie muss aber nicht. Aber vielleicht ergibt sich aufgrund des Gesprächs mit uns auch ein Austausch und wir können weiterhelfen und eine andere Unterstützungsinitiative empfehlen oder andere Maßnahmen zeigen, wie dem Unternehmen geholfen werden könnte. Die Zuwendungen und die Unterstützungsmaßnahmen der öffentlichen Hand werden irgendwann ein Ende finden. Dann werden viele Dinge auf die Unternehmen zukommen und da sollte man sich im Vorfeld schon überlegen, was man tun kann, um zu Eigenkapital zu kommen. Das ist nun einmal der Motor, den die Unternehmen jetzt brauchen. Wir stehen da sehr gerne zur Verfügung. Es gibt zahlreiche Maßnahmen und zahlreiche Überlegungen und wir können vielleicht auch ein Netzwerk anbieten, das wir haben.

www.stolz-auf-wien.at

www.wienholding.at

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