"Für uns ist es fast der Worst Case"

Im Zuge des ersten Hahnenkammrennens ohne Zuschauer gibt Anton Bodner, Vorstand von KitzSki, im LEADERSNET-Exklusivinterview ein Stimmungsbild aus Kitzbühel und verrät, wie man mit der Krise umgeht und warum das Vertrauen in die Politik "schwindet".

LEADERSNET: Nachdem die Situation um das Coronavirus sich nicht entspannt hat, steht seit dem vergangenen Wochenende fest, dass der Lockdown und damit auch die Zwangspause für den Tourismus in eine empfindliche Verlängerung gehen. Wie haben Sie und ihre Kollegen bei den Seilbahnen und KitzSki diese Neuigkeiten aufgenommen, was waren ihre ersten Gedanken dazu?

Bodner: Man hat in der Zwischenzeit schon ein bisschen Erfahrung, was die diversen Ankündigungen und Aussagen der Politik angeht. Es war daher nicht ganz unerwartet, was uns präsentiert wurde. Der Umstand, dass wir weiterhin die Skigebiete offenhalten dürfen, ist positiv zu bewerten.

LEADERSNET: Als Schlussfolgerung aus vorhergenannten Gründen stand auch eine komplette Schließung der Berg- und Seilbahnen im Raum. Mit Donnerstag wurde verkündet, dass man offen hält – wo sehen Sie persönlich die Vorteile, wo die Nachteile dieser Entscheidung?

Bodner: Dass es bis Ende Februar keinen Aufenthaltstourismus und keine Öffnung der Grenze zu unserem wichtigsten Einzugsgebiet für Tagesgäste - nämlich in den südbayerischen Raum - gibt, ist für uns von KitzSki natürlich fast der worst case. Fast, weil wir immerhin unsere vielen Saisonkartenbesitzer bedienen können, für die einheimische Bevölkerung einen einmaligen Skiwinter bieten und auch unserem Anspruch als Premium-Skigebiet gerecht werden können. Wir sehen es auch als eine Investition in die Zukunft. Wir geben in diesen schwierigen Zeiten Vertrauen, Verlässlichkeit, Berechenbarkeit sowohl für unsere Gäste als auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Lieferanten, Partner, Grundbesitzer, etc. Wir zeigen Verantwortung und Charakter. Wirtschaftlich ist es natürlich eine extreme Herausforderung.

 

📣 THE RACE IS ON 📣 #hahnenkammrennen2021 #hkr2021 Foto: AS-Photography

Gepostet von Hahnenkamm-Rennen Kitzbühel am Montag, 25. Januar 2021

LEADERSNET: Was bedeuten die Entscheidungen der letzten Wochen für die Bergbahnen und KitzSki als Unternehmen, was für Sie und ihr Team persönlich?

Bodner: In erster Linie bedeuten diese Entscheidungen für uns als Unternehmen, dass wir permanent neue Situationen und Rahmenbedingungen vorfinden und dass wir gelernt haben mit diesen entsprechend umzugehen. Das gilt auch für uns als Team und für jeden Einzelnen von uns. Flexibilität ist hier das Schlüsselwort.

LEADERSNET: Wie weit ist jetzt schon abschätzbar, welches Ausmaß die finanziellen Verluste für die Seilbahnen und Kitzski haben werden, was hatte man mit einer Öffnung vor bzw. über die Semesterferien noch retten können? In einem Bericht der TT spricht Seilbahnsprecher Hörl von Millionen – kann man das genauer zuordnen? Wo liegen die größten Verluste?

Bodner: Die Umsatzausfälle in diesem Winter sind für die ganze Seilbahnbranche enorm. Auch uns trifft es schwer. Wir gehen davon aus, dass wir einen Rückgang von rund 70 Prozent verzeichnen müssen. Unsere ganzen Hoffnungen beruhen auf einer Öffnung des Lockdowns (mit Hotel- und Gastronomiebetrieb) ab März und in einem guten Sommergeschäft. Unsere Branche ist von sehr hohen Fixkosten geprägt. Die Investitionstätigkeit wird wahrscheinlich auf das Nötigste reduziert und so auch viele Lieferanten in Schwierigkeiten bringen. Hier braucht es Unterstützung.

LEADERSNET:  Am vergangenen Wochenende haben ganz Österreich und viele Skifans trotz allem wieder gebannt nach Kitzbühel geblickt: Das Hahnenkammrennen ist immer ein Sportereignis der Superlative, doch 2021 ist vieles anders. Welche Änderungen und welche Opfer hat die Pandemie dem HKR abverlangt?

Bodner: Hier gilt wie überall: Die Gesundheit hat oberste Priorität und eine Ausbreitung des Corona-Virus muss mit allen Mitteln verhindert werden. Es sind wohl die größten Einschränkungen und Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, die es jemals bei einem Hahnenkammrennen gegeben hat. Keine Zuschauer, ausschließlich die unbedingt notwendigen Mitarbeiter, Betreuer, Funktionäre etc dürfen dabei sein. Auf die Einhaltung der vorgegebenen COVID-Präventionsmaßnahmen wird penibelst geschaut. Ich habe selten ein so stringentes und konsequentes Vorgehen bei einer Veranstaltung erlebt. Selbstverständlich mussten sich alle beteiligten Personen schon im Vorfeld regelmäßigen Testungen unterziehen.

LEADERSNET: Was hat es bedeutet, das erste Hahnenkammrennen der Geschichte ohne Zuschauer abzuhalten – für die Organisation im Hintergrund, für die Skifans, für den wirtschaftlichen Mehrwert für die Marken Hahnenkammrennen und Kitz?

Bodner: Es gilt für Sportveranstaltungen jeglicher Art ob Fußball, Tennis oder Skifahren: ohne Zuschauer, ohne Fans fehlt ein wesentliches Element. Wir haben uns aber auch hier schon an vieles gewöhnt und die technischen Möglichkeiten bei TV-Übertragungen, Radio und auch mit den diversen neuen Medienformaten sind sehr groß. Da wird vieles kompensiert. Die Planung, Organisation und die ganzen Vorkehrungen zu Sicherheitsauflagen, Logistik, Verpflegung, ... von Fanmassen entfallen Das erleichtert vieles, bringt aber auch einen großen Ausfall an Umsatz und Wertschöpfung für ganz Kitzbühel und die Umgebung. Der ganze Promi-Auflauf mit Adabeis und der dazugehörigen medialen Berichterstattung ist heuer kein Thema. Insgesamt ist es aber immer noch ein großes Sportspektakel, dafür bürgt die Streif - trotz Virus.

 

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Gepostet von Hahnenkamm-Rennen Kitzbühel am Montag, 25. Januar 2021

LEADERSNET:  Wurde Ihnen bereits Unterstützung von der Regierung zugesagt? Wenn ja, in welcher Form bzw. was würden Sie sich vom Staat wünschen?

Bodner: Nicht konkret. Wir gehen davon aus, dass wir als Unternehmen gleiche Ansprüche wie alle anderen auch auf die diversen Unterstützungen und Förderungen haben. Klare Vorgaben und Termine, umsetzbare und nachvollziehbare Maßnahmen würden uns manches erleichtern. Das Vertrauen in die Politik schwindet und die Wirksamkeit der diversen Maßnahmen ist für die Menschen zunehmend schwieriger zu verstehen.

LEADERSNET: Wie ist die Stimmung in Kitzbühel aktuell – wie war die Stimmung vor dem großen Rennen bzw. im Angesicht der Situation um den praktischen Saisonausfall?

Bodner: Das HKR ist sehr wichtig für Kitzbühel und genießt in allen Kreisen einen sehr hohen Stellenwert. Es gibt sehr viel Identifikation für viele Kitzbüheler, die direkt oder indirekt bei der Organisation dabei sind und sich hier freiwillig engagieren. Die Stimmung bei den Tourismusbetrieben, bei den Menschen die in diesem Bereich arbeiten ist schon sehr bedrückt. Die mehrmalige Verschiebung der Termine für eine Öffnung trägt nicht gerade zu einer Verbesserung bei.

LEADERSNET: Wie blicken Sie auf die nächsten Monate – was erhoffen, was wünschen Sie sich von der nächsten Saison?

Bodner: Die Situation ist für alle gleich. Es macht keinen Sinn sich mit Dingen zu beschäftigen, die man nicht ändern kann. Aber unsere Motivation auch in diesen schwierigen Zeiten beste Leistungen zu bringen ist ungebrochen. Wir haben immer versucht, in jeder Phase, in jeder Situation aktiv zu bleiben und das bessere für morgen zu tun. Wir haben wertvolle Erfahrungen und Erkenntnisse gewonnen, Strategien entwickelt und Projekte initiiert. Für die nächste Saison wünschen wir uns, dass wir wieder die Möglichkeit bekommen, unseren Gästen unser Skigebiet uneingeschränkt zu zeigen und Ihnen unsere Natur, unsere Berge und unsere vielfältigen und hervorragenden Pisten zu präsentieren. (rb)

www.kitzski.at

www.hahnenkamm.com

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