"Wir brechen alteingesessene Stereotype auf"

Ingrid Heschl, Head of HR bei Microsoft Österreich, im Interview über Maßnahmen für ein familienfreundliches Arbeitsumfeld in Corona-Zeiten, gleichzeitige Karriere-Sprünge und wie eine Jobsharing-Option im Management abläuft. 


Die Zusammenarbeit aus der Ferne verändert Arbeitsszenarien weltweit: Virtuelle Besprechungen statt Außentermine, Videotelefonie ersetzt die Business-Treffen im Kaffeehaus. Arbeiten und Lernen von Zuhause ist nun gefragt, für viele eine große Umstellung und für einige komplettes Neuland. Nicht so für Microsoft. Im exklusiven Interview mit LEADERSNET spricht Ingrid Heschl, HR Managerin bei Microsoft Österreich, über die "neue Welt des Arbeitens", auf die ihr Unternehmen schon lange schwört, wie man eine Work-Life-Balance im Homeoffice schafft und dabei auch die Karriere nicht auf der Strecke bleibt, das Recruiting in Krisenzeiten, sowie welche Tools Microsoft für Kunden und Partner parat hat.

LEADERSNET: Microsoft lebt "die neue Welt des Arbeitens" schon lange. Wie sieht diese Welt aus?

Heschl: Wir verstehen darunter mobiles, orts- und zeitunabhängiges Arbeiten mit Hilfe modernster Technologien. Beispielsweise haben wir am Wiener Standort fixe Arbeitsbereiche durch flexible, funktionale Zonen ersetzt, um neue Formen der Zusammenarbeit zu ermöglichen. Ganz nach dem Motto Workspace statt Workplace. Unser Office bietet unterschiedlich große Räume, um verschiedenen Bedürfnissen gerecht zu werden – kleine Besprechungsräume, Bereiche für Videokonferenzen oder größere Arbeitsbereiche für Meetings. Mitarbeiter können sich je nach Anforderungen einen geeigneten Platz in einer passenden Zone suchen. Das erlaubt Bewegung und Begegnung und trägt dazu bei, die Produktivität zu maximieren. Das neue Arbeiten ist aber nicht nur ans Büro festgemacht, sondern ist eigentlich eine Unternehmensphilosophie. Flexibilität und Selbstverantwortung sind zwei der weiteren Aspekte, damit das Neue Arbeiten auch funktioniert. Wichtig ist dabei, dass jeder einzelne seine Ziele kennt und versteht, was das Unternehmen von ihm erwartet. Und: die schönste Vision und die beste Infrastruktur können nicht optimal funktionieren, wenn es keine Spielregeln gibt. Daher gibt es bei uns die Rules of Engagement - ein Minimalset an Regeln, die für alle gültig sind und die, sobald notwendig, angepasst und weiterentwickelt werden.

LEADERSNETWas hat sich "seit Corona" verändert?

Heschl: Auch wenn wir bereits Profis sind, was das Thema “die neue Welt des Arbeitens“ betrifft, hat sich natürlich auch sehr viel für uns geändert. An erster Stelle stehen die Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Um diese zu gewährleisten hat ein Team, zusammengesetzt aus unterschiedlichen Bereichen unseres Unternehmens, bereits Ende Februar begonnen verschiedene Maßnahmen umzusetzen. Um die Ansteckungsgefahr zu minimieren, haben wir beispielsweise schon früh die Reinigungsintervalle verstärkt.

In Krisensituationen ist es enorm wichtig, dass man als Unternehmen den Mut hat, Dinge gemeinsam auszuprobieren. Wenn man realisiert, dass etwas nicht funktioniert muss man agil bleiben und je nach Situation und Struktur auf neue Themen setzen. Es ist großartig zu sehen, wie offen all unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, denn wir alle lernen in enorm viel in dieser Zeit.

Aufgrund der aktuellen Situation haben wir bei Microsoft das Recruiting von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits mit Beginn März ausschließlich Online mit Microsoft Teams durchgeführt, um so die Gesundheit aller Beteiligten sicherzustellen. Virtuelle Vorstellungsgespräche machen wir schon seit längerem, jedoch haben wir in der Vergangenheit auch Wert daraufgelegt, in den Letztrunden das persönliche Gespräch vor Ort abzuhalten.

LEADERSNETSie setzen schon lange auf Work-Life Balancing. Wie kann das im Homeoffice ausschauen?

Heschl: Wie bereits erwähnt, haben wir mit den „Rules of Engagements” ein Regelwerk für die Zusammenarbeit bei Microsoft Österreich geschaffen. Wir lebten zwar bereits schon viele Jahre vor Corona das Prinzip der Vertrauensarbeitsortes, die gänzliche Umstellung auf Homeoffice war aber dann doch noch einmal für uns alle eine gehörige Veränderung. Eine Veränderung, die es auch notwendig machte, die Richtlinien nochmals zu kommunizieren. Dabei haben wir haben unser Regelwerk auch gleich an die neue Situation angepasst: Meetings nicht vor 09:00 Uhr anzusetzen und Mittagspausen, Lernzeiten mit den Kindern etc. in den Kalender einzutragen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben unterschiedliche Bedürfnisse und Verpflichtungen in diesen Zeiten. Deshalb sind wir froh, dass die Zusammenarbeit so verständnisvoll und rücksichtsvoll funktioniert.

LEADERSNETIst Home Office eigentlich ein fixer Bestandteil? Schon immer oder erst "seit Corona"?

Heschl: Das Thema Homeoffice ist prinzipiell nichts Neues für Microsoft. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigen nur einen Laptop und ein Handy und können so von überall aus, arbeiten. Unter normalen Umständen haben wir bereits Geschäftsreisen, soweit möglich, durch moderne Meetings via Microsoft Teams ersetzt. In der derzeitigen Situation haben wir begonnen längere Meetings zu streichen und anstatt dessen kürzere Abstimmungsmeetings aufgesetzt. So können wir sicherstellen, dass wir agil auf Situationen, egal ob intern oder extern, reagieren können. 

Für uns alle ist es wichtig, mit Videotelefonie eine gewisse soziale Nähe zu wahren. Ein Unterschied zum normalen Home Office ist wohl, dass man sich auf Video-Calls noch mehr freut.

LEADERSNETWelche Rolle kommt bei Microsoft der Frau zu? Gibt es auch hier innovative Ansätze Beruf und Familie zu vereinbaren?

Heschl: Bei Microsoft Österreich sind 37 Prozent der Belegschaft weiblich, das ist für ein IT-Unternehmen schon gut, aber da geht noch mehr. Wir möchten weiterhin Frauen und Mädchen dafür begeistern, in ein IT-Unternehmen und vor allem bei Microsoft einzusteigen. Wir merken, junge Frauen suchen bewusst ein Unternehmen, in dem sie ihre Karriere-Vorstellungen auch umsetzen können – ohne Gender Pay Gap oder gläserner Decke. Microsoft kann ihnen genau das bieten, da wir es uns zur Aufgabe gemacht haben, alteingesessene Stereotypen aufzubrechen.

Mit konkreten Maßnahmen wollen wir ein familienfreundliches Arbeitsumfeld schaffen und gleichzeitig Karriere-Sprünge ermöglichen. Dazu zählt die Förderung von Väterkarenz, bei Microsoft Österreich bekommt jeder Jungvater zwei Wochen Vaterurlaub bei Geburt eines Kindes. Zusätzlich können Führungskräfte dank der Jobsharing-Option ihre Aufgabengebiete mit einer Kollegin oder einen Kollegen teilen.

LEADERSNETFunktioniert das auch in der Führungsebene? Und in der aktuellen Ausnahmesituation?

Heschl: Absolut, die Führungspositionen werden bei uns zu 30 Prozent von Frauen bekleidet. Die aktuelle Ausnahmesituation stellt Eltern generell vor die große Herausforderung, Beruf und Familie unter einem Hut zu bekommen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind aber wahre Organisationstalente. Wir sind für unsere Kunden und Partner gleich verfügbar wie zuvor und auch unsere Arbeit lässt sich von den Umständen kaum beeinflussen. Daher ist es uns auch wichtig, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in dieser schwierigen Situation etwas zurückzugeben. Microsoft hat entschieden, zwei zusätzliche Urlaubswochen zu gewährleisten, um die Betreuung der Kinder zu erleichtern. Sollte die Schul- und Kindergartenschließungen länger andauern, können unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitere vier Wochen sogenannten "Family Caregiver Leave" (Familienbetreuungszeit) in Anspruch nehmen. Wir hoffen dadurch, etwas Entlastung schaffen zu können und den Eltern auch die Möglichkeit geben, die Zeit mit ihren Kindern zu nutzen.

LEADERSNETKönnen Sie uns ein Best Practice vorstellen?

Heschl: Aktuell haben wir zwei Teilzeitmitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, die die Jobsharing-Option wahrnehmen und sich eine Führungsrolle teilen. Davon profitieren nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch wir als Unternehmen. Einerseits erleben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass wir flexible Arbeitsmodelle ermöglichen und lernen von unterschiedlichen Personen. Auf der anderen Seite ermöglichen wir es den Führungskräften, Familie und Karriere besser vereinen zu können. Ein weiterer Vorteil ist der Austausch zum Job Sharing Partner, somit steht einem auch gleich ein Sparring Partner zur Seite.

LEADERSNET Zurück zum "Thema der Stunde". Durch die Krise ist Kommunikation zwischen Unternehmen und Mitarbeitern nur mehr aus räumlicher Distanz möglich. Hat Microsoft hierfür besondere Angebote?

Heschl:´Wie auch sonst, helfen wir unseren Kunden und Partner dabei, die richtige Lösung für sie zu finden. Beispielsweise stellen wir mit besonderen Lizenzen Microsoft Teams und Office 365 für sechs Monate kostenlos zur Verfügung. Welche Services und Angebote für Klein- und Mittelunternehmen besonders interessant sind, hat unser CTO Harald Leitenmüller in einem Blog-Beitrag zusammengefasst. Um Fernunterricht zu ermöglichen sind auch spezielle Gratis-Lizenzen für den Bildungsbereich erhältlich. Die aktuelle Situation stellt uns alle vor neuen Herausforderungen und wir sehen es als unsere Aufgabe unsere Lösungen und unser Know-how zu Verfügung zu stellen.

LEADERSNETDer allgemeine Homeoffice-Ansturm führte bereits zu Problemen, Microsoft Teams war down. Wie beugen Sie erneuten Ausfällen vor?

Heschl: Wir sind mit Microsoft Teams von 20 Millionen Anwendern auf 44 Millionen täglicher Nutzer gewachsen. Und das in sehr kurzer Zeit. Was wiederum die Leistungsfähigkeit der neuesten Generation an Microsoft Cloud Infrastruktur eindrucksvoll unter Beweis stellte. Die Skalierbarkeit unserer globalen Data Center Architektur wird kontinuierlich ausgebaut, um auch zukünftigen Lastspitzen möglichst elastisch begegnen zu können.

LEADERSNETWerden Kollaborationslösungen in diesen Zeiten immer beliebter?

Heschl: Wie erwähnt, stieg die Anwenderzahl bei Microsoft Teams innerhalb kurzer Zeit auf mehr als das Doppelte. Ich glaube, die derzeitige Situation beweist, wie wichtig es ist, mit der Digitalisierung Schritt zu halten. Cloud Lösungen wie Microsoft Azure und Sharepoint bieten Unternehmen eine sichere Umgebung, um effizient und gemeinsam an Projekten weiterzuarbeiten. Die räumliche Trennung stellt heutzutage kein Hindernis mehr dar, um den Geschäftsbetrieb trotzdem aufrecht zu erhalten.

LEADERSNETWelche Tools haben Sie in Planung, um den Arbeitsalltag zu erleichtern?

Heschl: Wir arbeiten laufend daran, das Arbeiten mit unseren Microsoft Produkten zu verbessern. Erst kürzlich haben wir Neuerungen für unser Kommunikationstool Microsoft Teams angekündigt. Beispielsweise wird es in absehbarer Zeit möglich sein, in Videokonferenzen virtuell die Hand zu heben, wenn man etwas zu sagen hat. Weiters wird es möglich sein, mehrere separate Chatfenster offen zu haben, um noch leichter zwischen verschiedenen Unterhaltungen zu wechseln. Zusätzlich wurde die Geräuschunterdrückung optimiert.

LEADERSNET: Microsoft bietet in der aktuellen Situation Gratis-Lizenzen und weitere Ressourcen, um Fernunterricht und Homeoffice zu ermöglichen und erleichtern. Wie kann man sich das vorstellen?

Heschl:  Eine reibungslose Kommunikation ist das Um und Auf für einen funktionieren Geschäftsalltag. Um Unternehmen in dieser Zeit zu unterstützen, stellen wir spezielle Lizenzen für Microsoft Teams und Office 365 für sechs Monate gratis zur Verfügung. Zusätzlich haben wir diverse Schulungsunterlagen für den schnellen Einstieg sowie nützliche Tipps für die Arbeit im Homeoffice vorbereitet. Auch im Bildungsbereich ist der Bedarf an digitalen Lösungen für den Unterricht über Nacht rasant gestiegen. Unser Education Team arbeitet kontinuierlich daran, Schulen und Lehrkräfte bei der Umsetzung von Fernunterricht zu unterstützen. Wir bieten unter anderem Webinare an, in denen wir kostenlos und ohne Anmeldung den Umgang mit verschiedenen Funktionen von OneNote und Microsoft Teams erklären.

LEADERSNET: Hat auch eine virtuelle B2C-Beratung an Bedeutung gewonnen?

Heschl: Unterstützt von unseren Partnern und Distributoren beraten wir unsere Kunden über zahlreiche Kanäle. Hierzu zählt auch virtueller und telefonischer Support. Dabei kommen auch immer öfter intelligente Chatbots zum Einsatz, die auf oft wiederkehrende Fragen eine schnelle und treffsichere Antwort bieten. Die aktuelle Ausnahmesituation ändert jedoch nichts daran, dass unsere Kunden auf uns zählen können, sollten sie Hilfestellung benötigen. Egal, über welchen Kanal.

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