Die "perfekte Stimme um über Atomwaffen zu berichten" soll nun für immer schweigen

Kim Jong Un entledigt sich Nordkoreas "Hohepriesterin der Staatspropaganda" weil sie ihm zu alt ist.

Das koreanische Zentralfernsehen will sich einer Verjüngungskur unterziehen und schickt damit seine altgediente und wohl bekannteste Nachrichtensprecherin in den endgültigen Ruhestand. Ri Chun Hee, mit 75 Jahren eine Veteranin im Dienste des Senders, wird einem Medienbericht zufolge nicht mehr berichten. Ri Chun Hee galt als mediales Aushängeschild und Sprachrohr von drei Generationen an nationalen Machthabern. The Daily Mail bezeichnete sie sogar als "einzige Frau, der Nordkorea vertraut, ihre wichtigste Propaganda zu verbreiten".

Sie war es auch, der die Aufgabe zukam, öffentlich den Tod der ehemaligen Machthaber Kim Il-Sung und Kim Jong-Il zu verkünden. Sie tat dies theatralisch und unter Tränen und bekam dafür viel Zuspruch. Nachdem sie 2012 offiziell in Ruhestand gegangen war, war Ri Chun Hee in den letzten Jahren seltener im staatlichen KCTV zu sehen. Für Meldungen hoher Priorität wie die Erklärung über Nordkoreas Durchführung von Nukleartests vertraute man allerdings erneut auf ihre Stimme, die über die Grenzen Nordkoreas hinweg berühmt wurde.

"Pink Lady" mit einer Stimme wie ein Geschoss

In ihrer Heimat bekannt und beliebt für ihren einzigartigen Stil, Nachrichten in einer emotionalen Bandbreite von überbordend enthusiastisch, donnernd-aggressiv bis zutiefst-trauernd zu überbringen, war ihr Einsatz in den letzten Jahren immer der Indikator für die Wichtigkeit einer Meldung. Unter Kim Jong Uns Vorgänger galt eines als sicher:  "Egal, ob der Staat eine Atomwaffe detonieren lässt oder Kim Jong Il eine Entenfarm besucht, Ri wird on air über die großartige Leistung prahlen", fasste die Nachrichtenagentur Reuters in einem früheren Bericht über die Kultmoderatorin zusammen.

"Niemand sonst hat eine solche Kraft in seiner Stimme, so wie sie. Sie ist einfach genau richtig, perfekt um über nukleare Waffen oder Geschosse zu berichten", sagte Ahn Chan-il, ein hochrangiger nordkoreanischer Deserteur, der heute in Südkorea lebt, in einem Interview mit Reuters über das Phänomen ihres langjährigen Erfolges.

In starkem Kontrast zur kolportierten Wirkung ihrer Stimme steht Ri Chun Hees Liebe zu koreanischer Tracht in Rosatönen, die ihr beim Volk den Spitznamen "Pink Lady" eingebracht haben – ein Bild, das sie gerne unterstützt. Experten der Nordkoreanischen Ideologie sagten ihr überdies nach, dass ihr Status dem einer "Hohepriesterin des staatlichen Propagandaapparats" gleiche, von deren TV-Präsenz im streng überwachten Eremiten-Land, in dem kein Senderwechsel möglich ist, kein Entkommen möglich sei. 

Zeit zu gehen 

Obwohl es oft genug scherzhaft hieß, dass die Koreaner wohl nicht wüssten, was sie tun sollten, wenn Ri Chun Hee eines Tages nicht mehr berichtet, scheint dieser Tag nun gekommen zu sein. Denn trotz all der ihr vom Volk und seinen Vorgängern entgegen gebrachten Zuneigung ist Ri Chun Hees Zeit vor der Kamera nun endgültig vorbei, wenn es nach Kim Jong Un geht. Seinen Vorstellungen nach solle der Sender nun moderner werden, weswegen dem Bericht zufolge neben einem neuen Studio auch jüngere Gesichter KCTV nach außen hin repräsentieren sollen. (rb)

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