Polizeieinsatz: Piefke auf Forstweg in Bergnot geraten

expressis verbis: Wenn man vor lauter Touristen die Stadt nicht mehr sieht.



Immer öfter liest man Schreckensmeldungen über deutsche Touristen (liebevoll Piefke genannt), die sich auf der Suche nach unberührter Natur und gediegener Urlaubsstimmung, dank Navi oder mangelnden Kartenlesekenntnissen, im teils unwegsamen Gelände und teils auf Forststraßen wiederfinden (verirren), stecken bleiben und - unter großem Gelächter der Einheimischen - von Polizei und Feuerwehr, unverletzt aber mit großem Schreck, geborgen werden müssen.

Wen wundert's, wenn solche Episoden auf der Suche nach den Urlaubsträumen passieren? Denn ein neues Schreckgespenst macht die Runde: Overtourism.

Maya Bay, der Hollywood Traumstrand im Film "The Beach", muss zugesperrt werden, aber auch die blau glänzenden Buchten bei Palma täuschen - unter der Idylle der strahlenden Oberfläche lauern Fäkalien und Abwässer. Romantik in Venedig, Game of Thrones in Dubrovnik, Lifestyle in Barcelona oder Sound of Music und alpenländische Kultur in Salzburg? Allesamt Tourismusdestinationen mit Weltruf, aber auch hoffnungslos überrannt.

Steigende Mobilität und billige Flüge sorgen für Überfüllung der beliebten Destinationen. "Tummeln sich mehr als 930.000 Touristen (im gesamten Jahr)  pro Quadratkilometer, dann ist ein Ort überfüllt",  haben die Consulter von McKinsey erhoben.

Aufgrund der sich überall ausbreitenden Touristenströme können die Urlauber, das was sie sich von der Reise versprechen - Ursprünglichkeit, Authentizität, Insider-Lokale, Ruhe und Erholung - gar nicht mehr erleben. Gäste erwarten eine pittoreske Weltkulturerbestadt und finden sich im Massentourismus wieder.

Unübersehbar ist das Beispiel von Salzburg, wo alleine der Christkindlmarkt alljährlich 230.000 Nächtigungen und eine Wertschöpfung von rund 60 Millionen Euro generiert. Werden zu viele Menschen hineingeschleust - einheimisch: aus den Bussen gespült - wird das Gästeerlebnis stark beeinträchtigt. Ein Tourismusbarometer würde für Salzburg ganz klar in der roten Zone anschlagen, die Anzahl der Gäste überfordert die Strukturen der zauberhaften Stadt ganz erheblich

Besonders deftig ist auch der Sommertourismus zu erleben, 50.000 Busse verpesten die Luft in der Innenstadt. Der Zugang zum Salzburger Dom soll künftig nur mehr mit Eintrittsgeld möglich sein. Sogar der Mesner des barocken Prachtbaus von Santino Solari klagt über Müll auf den Bänken, selbst Verwechslungen mit einer Toilette sollen bereits vorgekommen sein.

Wie kommt man nun vom Massentourismus zurück zum Qualitätstourismus? Beschränkung, Besteuerung oder neue Angebote in einer fotogenen Kulisse? Der Weg wird kein einfacher. Die UN-Generalversammlung jedenfalls hat bereits das Jahr 2017 zum Internationalen Jahr des nachhaltigen Tourismus für Entwicklung erklärt.

Authentizität und Digitalisierung, zwei Modeworte, die gegensätzlicher nicht sein können, müssen Insidern zufolge nun herhalten. Denn angeblich werden für all diese Missstände im Geheimen bereits genial gedachte Abhilfen ausgearbeitet, die den Urlaub in der Mozartstadt wieder authentisch machen sollen: Ein allgemeiner Stopp der Busse vor der Stadt, mit einem erträglichen Fußmarsch der Touristen durch Randbezirke in die Innenstadt, wobei diese mit "Duftmasken" die Geruchsidylle der Zeiten von Mozart und Solari unmittelbar nachempfinden können. Angeregt wurde diese Lösung auch durch die Vorliebe der asiatischen Touristen, für Stadtbesuche ohnehin einen Atemschutz verwenden zu dürfen.

Vielleicht ist es aber nur eine Frage der Zeit bis Virtual Reality Brillen gepaart mit Bergluft im Glas oder Getreidegassen-Odeur wie zu Mozarts Zeiten den Urlaub obsolet machen, die Stadt wieder den Einheimischen gehört, aber auch der Höhenflug der Wirtschaft ein Ende hat?

Mag. Julia Emma Weninger

Chefredakteurin LEADERSNET
Chefredakteurin LEADERSNET Luxury News

Opinion Leaders Network GmbH

j.weninger@leadersnet.at

Toller Artikel, der klar den Urlaubs-Zeitgeist wiedergibt. Ein alt bekanntes Dilemma - was wird ubs wichtiger sein, nachhaltiger Tourismus im Einklang mit den Grenzen der Natur und einem selbst oder das nächste toll gefilterte Instagram Bild um „a dabei“ zu sein.

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