Erste „Zeit Konferenz" in Österreich

Herausforderungen und Perspektiven des Wirtschaftsstandortes im Fokus. 

Die seit zehn Jahren in Deutschland erfolgreiche Veranstaltungsreihe "Zeit Konferenz" ging erstmals in Wien über die Bühne. Unter dem Titel „Österreich 2020“  wurden die Themenfelder Politik und Rahmenbedingungen, Innovation und Digitalisierung sowie Bildung & Arbeitsmarkt behandelt.

Im Zuge des ersten Themenblocks Politik & Rahmenbedingungen zur Frage „Was braucht die Industrie von der Politik?“, moderiert von Joachim Riedl, Leiter des Wiener Büros der ZEIT, betonte Finanzminister Hans Jörg Schelling, dass Österreich ein „guter Standort, jedoch mit Luft nach oben“ sei. Das System der Sozialpartnerschaft, das sich im Aufbau Österreichs nach 1945 bewährt habe, müsse jedoch neu definiert werden und dürfe nicht als „Abtauschsystem“ gesehen werden: „Wenn wir es nicht schaffen, aus der Sozialpartnerschaft eine
Standortpartnerschaft zu machen, ist diese heute auch ein Auslaufmodell“, so Schelling. Für Monika Kirchner, Senior Director Industrial Affairs der Infineon AG, sei Politik zwar „verantwortlich für den Interessensausgleich“, jedes „Abtauschen müsse aber auch langfristige Visionen und Ziele unterstützen“. Sie forderte eine „neue Innovationskultur“, die von Bildung bis zu Deregulierung reichen müsse. Man müsse den Menschen bewusst machen, dass Leistung „etwas Erstrebenswertes“ sei, betonte Wolfgang Eder, CEO der voestalpine AG, der in Österreich ein „gesellschaftliches und stimmungsmäßiges Problem“ ortete. „Wir brauchen Offenheit, Aufgeschlossenheit und Toleranz statt Neid und Missgunst“, so Eder, für den gut ausgebildete Mitarbeiter „Österreichs Asset“ sind.

Für Stefan Pierer, CEO KTM Industries AG, stehen drei Themen als Hemmschuhe für die österreichische Industrie im Vordergrund: die noch immer restriktiven Arbeitszeitregelungen, Bürokratie und Gesetzesänderungen in Form von teilweise überschießenden Novellierungen sowie die Steuerbelastung auf Arbeit, in deren Zusammenhang Pierer von „Lohnhauptkosten statt Lohnnebenkosten“ sprach. Gesetzesänderungen – die auch rückwirkend erfolgten - seien ein Grund, warum österreichische Unternehmen “vorsichtig beim Investieren“ seien, so Pierer. Der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, kritisierte, dass in Österreich „keine Konflikt-, sondern eine Kompromisskultur“ bestehe. Mit dem Föderalismus und der Sozialpartnerschaft, wie sie heute gelebt würden, habe Österreich seiner Ansicht nach „zwei Totengräber“: Dieses System habe nichts mit Ausgleich zu tun, sondern sei „reine Interessenspolitik für Funktionäre“, so Kapsch.

Digitalisierung als Chefsache?

Danach folgten die beiden weiteren Schwerpunktthemen Digitalisierung & Innovation sowie Bildung & Arbeitsmarkt. Ersteres startete mit einem Impulsvortrag von Jörg Busch Partner und Leiter Consulting, PwC unter dem Titel „Österreichs Industrie im Digital-Check“.
Busch sprach über das Paradoxon, dass Freizeitaktivitäten und privater Zugang zum Internet „von Neugierde, Transparenz und Offenheit“ geprägt seien, während genau diese Eigenschaften „in den Unternehmen und am Arbeitsplatz als Bedrohung und Risiko“ wahrgenommen würden. „Dieses Paradoxon zu überwinden, bedarf eines gesellschaftlichen Wandels, der mutigen Annahme eines digitalen Wettbewerbs und einer guten Position im Wettlauf zum smarten Tor des Kunden“, sagte Busch. Die Themen Rahmenbedingungen, Vernetzung und Transparenz sowie die Forderung, dass Digitalisierung Chefsache sein müsse, standen im Vordergrund der anschließenden Podiumsdiskussion unter dem Titel „Eine Frage der Kultur oder des Kapitals – Innovationsgeist dringend gesucht“.

In Österreich könnte „ein Prozent des Wirtschaftswachstums aus Digitalisierung kommen“, meinte Dorothee Ritz, General Manager Microsoft Österreich. Umgekehrt bedeute dies aber auch: Wenn Österreich die Digitalisierung nicht vorantreibe, würden „die Arbeitsplätze auch
wegfallen“. Je mutiger digitalisiert werde, desto mehr Arbeitsplätze entstünden, so Ritz. „Transparenz und Vernetzung mit Wissenschaft und Forschung auf Plattformen, die teilweise auch von der Politik geschaffen werden müssten“, forderte Bettina Glatz-Kremser,
Vorstandsdirektorin Casinos Austria AG und Österreichische Lotterien, „um auch Klein- und Mittelbetriebe auf das Thema Digitalisierung aufmerksam zu machen“. Digitalisierung sei die beste Chance, Transparenz im Geschäftsverlauf zu erreichen, formulierte
Thomas Birtel , CEO Strabag AG, und sei so eine große Chance für „effizienteres Projekt- und Risikomanagement mit höherer Termin- und Kostentreue“. Der letzte Themenblock befasste sich mit dem Thema „Der Rohstoff der Zukunft – der Nachwuchs zwischen Sinnsuche und Leistungsdruck“. Sebastian Loudon, Verlagsrepräsentant der ZEIT in Österreich, führt als Moderator durch die Podiumsdiskussion mit
Unterrichtsministerin Sonja Hammerschmid, Johannes Kopf, Vorstand AMS und Günther Tengel, Chairman Amrop Jenewein CEE. (jw)

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