KI-Kolumne von Jürgen Bogner
Dein Team ist längst hybrid – nur deine Führung steckt noch in 2019

| Redaktion 
| 15.12.2025

Im Rahmen unserer KI-Serie, in der KI-Profi Jürgen Bogner (CEO & Gründer von biteme.digital) regelmäßig über Künstliche Intelligenz schreibt, erfahren LEADERSNET-Leser:innen dieses Mal, warum KI längst Teil des Arbeitsalltags ist, Führung jedoch oft noch nicht mit dieser neuen Realität Schritt gehalten hat.  

Neulich sitze ich mit einer Geschäftsführung in einem dieser perfekt ausgeleuchteten Konferenzräume. Auf der Leinwand: bunte Slides, KI-Roadmap, Innovation, Transformation, alles dabei. Unter dem Tisch: Handys, die im Sekundentakt vibrieren. Im Raum: Führungskräfte, die sich anhören, wie KI ihre Arbeit schneller, effizienter, skalierbarer machen wird. Und ich spüre diese unsichtbare Spannung, die sich durch die Gesichter frisst – Begeisterung und Erschöpfung in einem Atemzug.

Ganz ehrlich: Genau solche Momente waren der Punkt, an dem ich gemerkt habe, dass wir ein Problem haben, das man mit dem nächsten Tool nicht löst. Wir tun so, als würden wir "nur Technologie einführen", dabei haben wir längst etwas viel Größeres verändert: Aus reinen Menschenteams sind hybride Systeme aus Menschen und KI geworden – nur die Führung steckt noch in 2019 fest.

Dein Team arbeitet schon in einer Mensch-KI-Kombination, auch wenn du das nie entschieden hast. Da sitzt eine KI, die mitschreibt, Daten auswertet, Mails formuliert, Kampagnen skizziert. Sie liefert Vorschläge, die in Sekunden auf dem Tisch liegen. Aber sie hat keine Rolle, kein Jobprofil, keine Grenzen. Sie ist wie ein unsichtbares Teammitglied, das leise im Hintergrund Entscheidungen mitvorbereitet – und niemand spricht darüber. Die wenigsten Führungskräfte, die ich treffe, haben sich jemals die Frage gestellt: Wenn KI in meinem Team mitarbeitet – wie genau führe ich sie eigentlich?

Stattdessen passiert etwas anderes. Weil Maschinen schneller werden, versuchen Menschen, mitzuziehen. Projekte werden aggressiver geplant, weil "eh KI". Deadlines enger getaktet, weil "wir jetzt ganz andere Möglichkeiten haben". Es entstehen Tage, in denen dein Kalender aussieht wie ein Tetris-Level kurz vor Game Over – nur dass du nebenher noch KI-Ergebnisse bewerten, Entscheidungen moderieren und dein Team emotional stabil halten sollst. Und während in den Strategiepapiere von 2024 noch steht, wie stolz man auf die ersten KI-Piloten ist, leben wir Ende 2025 längst im Dauerbetrieb.

Ich sehe das immer wieder bei Kund:innen: Die größte Gefahr von KI ist nicht, dass Maschinen uns ersetzen. Die größte Gefahr ist, dass Menschen anfangen, sich wie Maschinen zu verhalten. Multitasking wird zur Normalität, Unterbrechungen zur Währung, Konzentration zur Luxusware. Wir delegieren Aufgaben an KI – aber wir delegieren nichts von dem Druck, den wir uns gegenseitig machen. Und dann wundern wir uns über steigende Burnout-Raten und eine Müdigkeit, die sich in den Fluren breitmacht.

An genau diesem Punkt habe ich beschlossen, dass "ein bisschen KI-Workshop" nicht mehr reicht. Wenn wir ehrlich sind, besteht Führung 2026 nicht mehr darin, zehn Menschen zu steuern. Führung besteht darin, ein System aus Menschen, KI und Prozessen so zu gestalten, dass alle drei Bestandteile langfristig funktionieren.

Das war der Moment, in dem aus einer Idee ein Projekt wurde: Gemeinsam mit der Leadership- und Burnout-Expertin Nina Haberlehner haben wir ein Hybrid Intelligence Leadership Training entwickelt, in dem wir mit Unternehmen genau diese Fragen bearbeiten: Wie führen wir hybrid – ohne die Menschen zu verlieren?

Unter www.hybridintelligence.academy haben wir daraus unser Flagship-Programm "Hybrid Intelligence Leadership" gebaut. Es ist kein technischer KI-Crashkurs und keine Wohlfühl-Reflexionsrunde, sondern ein bewusst scharfes Format für Führungskräfte, die Verantwortung für dieses hybride System tragen. Wir arbeiten zwei Tage lang dort, wo es weh tut: an Rollen, an Grenzen, an Tempo, an Emotionen.

Nina legt dabei den Finger genau in die Wunde, wenn sie sagt: "Je mächtiger unsere Maschinen werden, desto beziehungsstärker muss Führung sein. Während KI-Prozesse optimiert und Daten vorbereitet, entscheidet sich echte Führung daran, Sinn zu stiften, Dialoge motiviert und klar zu gestalten und Konflikte so zu tragen, dass daraus Entwicklung entsteht – das ist emotionale Intelligenz, der Teil von Intelligenz, den wir nicht auslagern können."

Ihr Fokus liegt auf dem, was gerade kaum jemand in die KI-Debatte einbringt: emotionale Stabilität, Sinn, soziale Kompetenz, Burnout-Prävention. Mein Fokus liegt auf der anderen Seite: KI als Kollege, Systeme, Workflows, Möglichkeiten. Und genau in der Mitte entsteht das, worum es wirklich geht – Hybrid Intelligence Leadership.

Ich sage den Führungsteams in diesen Sessions meistens einen Satz sehr klar, weil er der wahre Kern dieser ganzen KI-Geschichte ist: "Wenn dein System schneller wird und deine Menschen innen langsamer – dann hast du keine Innovationsstrategie, sondern ein Stilllegungsprogramm auf Raten."

Was mich an unserem gemeinsamen Programm so reizt, ist die Konsequenz dahinter. Wir reden nicht nur über Ethik im Abstract, sondern darüber, wie ihr morgen eure Meetings anders führt. Wir reden nicht nur über Governance, sondern darüber, wie ihr klar kommuniziert, wann KI entscheidet und wann nicht. Wir reden nicht nur über Leistungssteigerung, sondern darüber, wie ihr verhindern wollt, dass ihr euch selbst und euer Team verheizt. Und ja, wir reden natürlich auch über Tools – aber immer als Teil eines Systems, nicht als Heilsbringer.

Dass wir dafür unsere Köpfe zusammengesteckt und daraus ein gemeinsames Programm entwickelt haben, war für mich logisch.

hybridintelligence.academy ist kein Buzzword-Spielplatz, sondern unser Statement: Hybrid Intelligence ist kein Trend, sondern die neue Normalität. Die Frage ist nicht, ob dein Team hybrid arbeitet. Die Frage ist, ob du bereit bist, es hybrid zu führen. Wenn du dich darauf nicht vorbereitest, führen dich am Ende deine Tools – und nicht du deine Organisation.

Am Ende bleibt für mich eine einfache, unbequeme Frage, die jede Führungskraft sich jetzt stellen sollte: Würde ich selbst gerne in dem System geführt werden, das ich mit KI gerade baue? Wenn die Antwort zögert, dann ist das kein Karriereproblem, sondern eine Einladung. Genau dort setzen wir mit Hybrid Intelligence Leadership an. Nicht mit Panik, nicht mit Hype, sondern mit der ehrlichen Arbeit am einzigen Ort, an dem sich diese Transformation wirklich entscheidet: in deiner Haltung als Führungskraft.

www.ahoi.biteme.digital

www.hybridintelligence.academy


Kommentare auf LEADERSNET geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors bzw. der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion. Im Sinne der Pluralität versuchen wir, unterschiedlichen Standpunkten Raum zu geben – nur so kann eine konstruktive Diskussion entstehen. Kommentare können einseitig, polemisch und bissig sein, sie erheben jedoch nicht den Anspruch auf Objektivität.

Kommentar veröffentlichen

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV