Der Marketing Club Österreich stellte seinen letzten Clubabend des Jahres in den Dienst einer Frage, die viele Unternehmen derzeit beschäftigt: Wie lässt sich Nachhaltigkeit überzeugend vermitteln, wenn gleichzeitig Krisen, ökonomische Belastungen und politischer Gegenwind das Thema zunehmend erschweren? Organisiert wurde der Abend gemeinsam mit der Fachgruppe Werbung & Marktkommunikation Wien sowie dem Green Marketing Award.
Rund 50 Gäste in der Blumenfabrik
Am Montagabend kamen rund 50 Gäste in der Blumenfabrik in Wien zusammen, um die Rolle von Green Marketing und Nachhaltigkeitskommunikation im Spannungsfeld zwischen Haltung, Transformation und wirtschaftlichen, politischen sowie gesellschaftlichen Realitäten zu diskutieren.
Zwischen Erwartung und Ermüdung
Karin Seywald-Czihak, Mit-Initiatorin des Green Marketing Awards und Geschäftsführerin der ÖBB-Werbung GmbH, eröffnete nach einer Begrüßung durch MCÖ-Geschäftsführerin Regina Loster, den Abend. In ihrer Keynote machte sie deutlich, dass Nachhaltigkeit heute längst kein Differenzierungsmerkmal mehr ist und gleichzeitig schwieriger zu kommunizieren wird. "Authentisches Marketing bedeutet, Nachhaltigkeit nicht als Schlagwort, sondern als gelebte Haltung zu kommunizieren. Wer ehrlich bleibt, gewinnt Vertrauen. Und Vertrauen ist die stärkste Währung im Markt", sagte Seywald-Czihak. Zudem sprach sie darüber, wie internationale Debatten rund um Wokeness Unternehmen beeinflussen und warum Marken gerade in dieser Lage klare Erzählweisen und konsistente Kommunikation brauchen.
Verantwortung, Narrative und Maßnahmen
Danach wurde in einer Diskussionsrunde rund um Elisabeth Schöffmann, Head of Marketing DACH für den Gemüsebereich bei iglo, Astrid Stelmann, Head of Communication & Fundraising bei Global 2000, Georg Wenger-Rami, Head of Marketing & Communication bei oekostrom AG, und Eva Mandl, Vertreterin der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien und Inhaberin der PR-Agentur himmelhoch, u.a. beleuchtet, wie Marken mit Unsicherheiten und ideologischen Gegenbewegungen umgehen, welche Narrative in der Nachhaltigkeitskommunikation künftig tragen und welche Verantwortung Unternehmen haben. Die Moderation übernahm Gabriela-Maria Straka, Vorstandsmitglied von respACT und Chefredakteurin von NIU. Dabei herrschte unter den Expert:innen Einigkeit darüber, dass Nachhaltigkeit weder Trend noch Marketinginstrument ist, sondern ein strategischer Rahmen, der Glaubwürdigkeit, Transparenz und langfristiges Denken erfordert.
"Nachhaltiges Handeln bildet für Unternehmen das Fundament, um zukunftsfit zu bleiben. Vertrauen entsteht nur, wenn Unternehmen Verantwortung übernehmen und glaubwürdige Maßnahmen setzen. Bei iglo ist Nachhaltigkeit seit langem Teil der Marken-DNA, damit auch kommende Generationen unsere Produkte genießen können. Dafür setzen wir auf enge Partnerschaften entlang der gesamten Wertschöpfungskette und machen deren Leistung durch Kommunikation sichtbar, wie etwa unseren regionalen Gemüseanbau im Marchfeld", so Elisabeth Schöffmann.
Eva Mandl hob hervor, dass Nachhaltigkeit in Unternehmen teils noch immer vor allem als Pflichtübung wahrgenommen wird, und plädierte für einen Perspektivwechsel: "Viele Unternehmen empfinden ESG immer noch als bürokratische Hürde – von diesem Denken müssen wir weg und Nachhaltigkeit als Chance begreifen. Deshalb sind wir von der Fachgruppe Werbung Wien davon überzeugt, dass die Kommunikationsbranche ein entscheidender Hebel für die nachhaltige Transformation ist."
Astrid Stelmann kritisierte hingegen Green-Kommunikation ohne Substanz und verwies auf die Verwirrung durch unterschiedliche Label: "Green' als reine Werbestrategie, abgekoppelt vom Produkt selbst, bedeutet Irreführung der Konsument:innen, die sich heutzutage in einem Dschungel von teilweise schwer nachvollziehbaren 'Green'-Labels wiederfinden. In einer besseren Welt sollte es 'grüne Marken' und entsprechendes Marketing gar nicht brauchen, weil gesetzliche Rahmenbedingungen Nachhaltigkeit sicherstellen. Im Gegenteil wäre eine Kennzeichnung all jener Produkte gefragt, die diesen Nachhaltigkeitskriterien nicht entsprechen", so Stelmann.
"Grün oder nicht – ohne klare und aufrichtige Haltung und mutige Markenarbeit verliert man heute jeden Wettbewerb", resümierte Georg Wenger-Rami die Diskussionsrunde zusammen.
Austausch, Einordnung und Ausblick
Im Anschluss an das Panel wurde beim abschließenden Networking weiter über die Herausforderungen in der Kommunikation, gesellschaftliche Entwicklungen und die Frage, wie Marketing künftig Brücken statt Gräben schaffen kann, gesprochen.
"Dieser Abend markiert einen dichten und erkenntnisreichen Abschluss eines großartigen Clubjahrs. Er bildet zugleich den Auftakt für kommende Diskussionen im neuen Jahr, wie Marken in einer polarisierten Welt Verantwortung übernehmen und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich bleiben können. Unter anderem geht unser Certified Sustainability Experts-Program ab 13. April 2026 in die nächste Runde", so MCÖ-Geschäftsführerin Regina Loster abschließend.
www.marketingclub.at
www.werbungwien.at
www.green-marketing-award.at
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