Die jüngste Integral-Erhebung im Auftrag der Immobilienrendite AG unter 1.000 Personen zwischen 16 und 75 Jahren macht deutlich, dass bezahlbarer Wohnraum zunehmend schwer zu finden ist. Dennoch sind viele Menschen bereit, Abstriche zu machen, jedoch nicht bei den zentralen Kriterien.
Ruhe, Wohnlage und Co.
53 Prozent bevorzugen eine Wohnung in einer guten Gegend. Auch Ruhe zählt zu den wichtigsten Faktoren. Fast zwei Drittel lehnen eine Wohnlage in der Nähe stark befahrener Straßen oder Bahngleisen ab. Ebenso gilt die Nähe zu Arbeitsplätzen, Einkaufsmöglichkeiten, medizinischer Versorgung sowie öffentlichen Verkehrsmitteln als wesentlich.
Während Frauen und Männer ähnliche Erwartungen äußern, zeigt sich bei der Distanzbereitschaft ein Unterschied. 34 Prozent der Männer würden längere Wege akzeptieren, bei Frauen sind es 26 Prozent. Auffällig ist zudem ein Trendwechsel. Der früher begehrte Dachgeschossbereich verliert an Attraktivität, während günstigere Erdgeschosswohnungen zunehmend akzeptiert werden. 43 Prozent würden zugunsten eines niedrigeren Preises ins Parterre ziehen.
Komfortwünsche und regionale Unterschiede
Komfort spielt weiterhin eine große Rolle, insbesondere Aufzug und Parkplatz stehen auf vielen Wunschlisten. Unter jüngeren Menschen bis 30 Jahren ist die Bereitschaft jedoch höher, auf einen Lift zu verzichten. 48 Prozent würden eine Wohnung in einem höheren Stockwerk ohne Aufzug akzeptieren, während der Durchschnitt bei 27 Prozent liegt.
Beim Thema Parkplatz zeigen sich deutliche regionale Unterschiede. In Wien wären 53 Prozent bereit, auf einen eigenen Stellplatz zu verzichten, in den Bundesländern nur 17 Prozent.
"Die Kompromissbereitschaft scheint dort am höchsten zu sein, wo die Wohnungsnot am größten ist. Menschen in Tirol und Oberösterreich zeigen große Flexibilität, etwa bei der Akzeptanz von Erdgeschosswohnungen", sagte Markus Augenhammer, Vorstand der Immobilienrendite AG. Hier würden sich deutlich mehr Menschen (63 %) als im Bundesschnitt (43 %) für günstige vier Wände im Parterre entscheiden. "Die Bewohner:innen Wiens wären, bis auf den Parkplatz, am wenigsten zu Abstrichen bereit. Erstaunlich angesichts des angeblichen Wohnungsmangels in der Hauptstadt", so Augenhammer.
Auch bei befristeten Mietverträgen treten Unterschiede zutage. Besonders in Wien und Kärnten werden Befristungen klar abgelehnt. Dagegen zeigen sich in Tirol und der Steiermark rund ein Drittel der Befragten offen für zeitlich begrenzte Verträge, sofern dies die Wohnkosten reduziert. "Interessanterweise unterscheidet sich die Bereitschaft zum Verzicht auf Garten, Terrassen oder Balkone geschlechtsspezifisch stark", betont Augenhammer und ergänzt: "Männer klammern privates Grün für eine billigere Wohnung deutlicher aus als Frauen (38 % versus 22 %)."
Sicherheit bleibt ein Muss
Beim Thema Sicherheit zeigt sich kaum Bereitschaft zu Abstrichen. 40 Prozent halten strenge Brandschutzstandards für unverzichtbar. Für ein Drittel wäre es dennoch denkbar, dass ein Gebäude nur 30 statt 90 Minuten feuerfest ist.
Beim Schallschutz lehnen 41 Prozent niedrigere Standards ab, besonders deutlich in Salzburg (57 %). Noch weniger Spielraum sehen die Befragten bei der Wärmedämmung: Nur sechs Prozent würden höhere Heizkosten in Kauf nehmen, um günstiger zu wohnen.
Verzichtbare Extras
Während grundlegende Baumerkmale hoch bewertet werden, gelten moderne Zusatzfunktionen vielfach als verzichtbar. 73 Prozent würden auf eine Wallbox für Elektroautos verzichten, insbesondere die Altersgruppe zwischen 30 und 50 Jahren. Ähnlich gering wird die Bedeutung von Photovoltaikanlagen eingeschätzt, denn zwei Drittel wären bereit, darauf zu verzichten. Auch ein Fahrradabstellplatz ist für 58 Prozent kein Muss.
"Die Akzeptanz für Verzicht steigt, wenn es um bürokratisch verordnete Standards geht. Fast zwei Drittel der Befragten und bis zu 77 Prozent der Unter-30-Jährigen wären bereit, auf behindertengerechte Bäder und WCs zu verzichten, wenn das die Baukosten senken würde", betont Mathias Mühlhofer, Vorstand der ImmobilienrenditeAG. Auch die via Normen vorgeschriebene Mindestanzahl an Steckdosen betrachtet fast jeder zweite Befragte als verzichtbar. "Die Steckerleiste kommt viel billiger als der Einbau weiterer Steckdosen" so Mühlhofer.
Einsparungspotenzial sehen die Befragten auch bei Fenstern. Statt teurer aus Holz sind im Hinblick auf wohlfeilen Wohnraum für 37 Prozent auch Exemplare aus Kunststoff denkbar.
Genehmigung: Junge toleranter als Ältere
Ein weiteres Hindernis für leistbaren Wohnraum sind langwierige behördliche Prüfungen. Überraschenderweise zeigen sich die jüngeren Befragten vergleichsweise geduldig. Nur 20 Prozent wären bereit, auf Teile des Verfahrens zu verzichten, wenn dies zu günstigeren Preisen führt. Ältere Menschen hingegen reagieren weniger gelassen, 33 Prozent sprechen sich gegen umfangreiche Behördenwege aus.
"Menschen in Kärnten sind am obrigkeitsgläubigsten", erklärt Mühlhofer. Nur 18 Prozent würden hier auf zusätzliche Begutachtungen durch Sachverständige verzichten, während in der Steiermark 34 Prozent und in Tirol 35 Prozent eine Verkürzung der Abläufe befürworten. Die Umfrage zeigt damit erneut, dass der österreichische Föderalismus unterschiedlich bewertet wird.
www.immobilienrendite.at
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