Vor Kurzem kamen rund 90 Vertreter:innen aus Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft beim 11. qualityaustria Nachhaltigkeitsforum zusammen. Ziel der Veranstaltung war es, Erfolgsfaktoren für Transformation zu beleuchten und konkrete Praxisbeispiele zu diskutieren. Deutlich wurde, dass ESG laut den Expert:innen nicht nur neue Rahmenbedingungen schafft, sondern auch Raum für Innovation und zusätzliche Lösungsansätze eröffnet.
Die Rolle der chemischen Branche
Der Wandel der Industrie wird maßgeblich durch digitale Entwicklungen und nachhaltige Anforderungen bestimmt. Im Fokus steht die chemische Industrie, die als Grundlage für zahlreiche weitere Branchen gilt. "Die österreichische Chemieindustrie hat bereits umfassendes Wissen und Expertise im Bereich der grünen Chemie aufgebaut", sagte Thomas Jakl, stv. Leitung Sektion V Umweltschutz und Kreislaufwirtschaft, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft (BMLUK).
Mit der geplanten Weiterentwicklung der EU-Chemikalienverordnung REACH 2.0 sollen europäische Regelwerke harmonisiert und digitalisiert werden. Ziel sei es, Unternehmen mehr Transparenz zu geben und gleichzeitig Gesundheits- und Umweltschutz zu stärken. "Effizienter Einsatz energetischer und stofflicher Ressourcen ist das Kernziel der europäischen Nachhaltigkeitspolitik. Jeder administrativen Verpflichtung, die dazu etabliert wird, muss dabei ein adäquater volkswirtschaftlicher Nutzen gegenüberstehen. Genauso wie digitale Lösungen müssen regulatorische Instrumente die 'Twin Transition' möglichst effektiv und effizient begleiten", Thomas Jakl.
Erfolgsfaktor Nachhaltigkeit
Technologische Fortschritte und gesellschaftliche Entwicklungen beeinflussen maßgeblich Entscheidungen in Unternehmen. Studien zeigen, dass klare Vorgaben entscheidend sind. In 92 Prozent der Betriebe sind Vorgaben des Headquarters ausschlaggebend für das Setzen von Nachhaltigkeitsmaßnahmen, gefolgt von persönlicher Überzeugung in der Führungsebene.
Ein nachhaltiger Transformationsprozess in Unternehmen stehe laut Martin Kreeb, Leiter der Professur für Nachhaltigkeitsmanagement, University of Sustainability, Charlotte Fresenius Privatuniversität, immer im Wechselspiel mit gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen und Herausforderungen. "Zu den größten Barrieren zählen festgefahrene Strukturen, mangelnde Veränderungsbereitschaft sowie Unsicherheiten in der konkreten Umsetzung. Nur wenn diese Hindernisse aktiv adressiert werden und Führungskräfte einen offenen Dialog mit allen Stakeholdern fördern, kann Transformation wirksam gelingen", so Kreeb.
Die kommende ÖNORM S2500, die 2026 die ONR ablösen wird, soll Betrieben ein kompatibles und ISO-orientiertes System bieten. Entscheidungen in diesem Jahrzehnt prägen die Entwicklung bis 2050. "Zahlreiche empirische Befunde zeigen, dass nachhaltig transformierte Unternehmen langfristig eine bessere Performance erzielen, sei es durch höhere Innovationsfähigkeit, verbesserte Resilienz, Kosteneffizienz oder gesteigerte Attraktivität für Talente und Investor:innen. Nachhaltigkeit wird damit zu einem strategischen Erfolgsfaktor. Transformation braucht daher nicht nur strategische Klarheit, sondern auch ein Bewusstsein für gesellschaftliche Verantwortung und die Fähigkeit, Widerstände produktiv zu überwinden. Nachhaltige Transformation ist damit nicht bloß eine Reaktion auf äußeren Druck, sondern ein Weg, zukünftige Wettbewerbsfähigkeit aktiv zu gestalten", sagte Fabian Christandl, Leiter der Professur für Wirtschaftspsychologie, University of Sustainability, Charlotte Fresenius Privatuniversität.
Ecodesign als Werkzeug für zukunftsfähige Produktentwicklung
Wie Unternehmen ökologische Kriterien in Produktentwicklungsprozesse integrieren können, erläuterte Wolfgang Wimmer von der TU Wien. Seine Forschungsgruppe Ecodesign arbeitet seit 1996 an Methoden und Werkzeugen, die Unternehmen bei der Bewertung von Produkt-Carbon-Footprints und der Optimierung von Lieferketten unterstützen. Es gibt bereits erprobte Methoden und Wege, die Unternehmen helfen, die 3 C (climate, circularity, criticality) bei der Entwicklung zukunftsfähiger Produkte zu berücksichtigen. Die Ziele solcher Ecodesign Tools sind eine verbesserte Umweltperformance der Produkte, Kreislauffähigkeit, die Erfüllung neuer gesetzlicher Anforderungen (ESPR – Ecodesign for Sustainable Products Regulation) und auch die Definition neuer Geschäftsmodelle", sagte Wimmer.
Transformation als Chance
Zum Abschluss betonte Gastgeber Axel Dick (Leitung Business Development Umwelt und Energie, ESG, Quality Austria Certification) die Bedeutung klarer Entscheidungen und aktiver Gestaltung. "Wir stecken mitten in der Transformation und müssen jetzt entscheiden, ob wir sie als Bedrohung verstehen oder als Chance nutzen. Über das qualityaustria Nachhaltigkeitsforum hinaus müssen wir offen darüber diskutieren, was Innovation fördert – im Sinne der Konsument:innen, Unternehmen und der Nachhaltigkeit. Nur so schaffen wir eine lebenswerte Zukunft für uns und nachfolgende Generationen. ISO bietet jede Menge Werkzeuge, so zum Beispiel auch zum Wissens- (ISO 30401) oder Innovationsmanagement (ISO 56002) an, wie die Vorträge von Andreas Ackerl und Hans-Jürgen August zeigten. Als Quality Austria stehen wir der österreichischen Wirtschaft mit Expertise, Trainings, Zertifizierungen, Assessments und Verifizierungen zur Seite", sagte Dick.
Einen Eindruck vom Nachhaltigkeitsforum können Sie sich hier und hier machen.
www.qualityaustria.com
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