LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Mirzaie, H&M zählt laut Forbes zu den besten Arbeitgebern für Frauen weltweit. Was bedeutet diese internationale Auszeichnung für Sie persönlich – und was sagt sie über die gelebte Unternehmenskultur bei H&M aus?
Oldouz Mirzaie: Für mich ist diese Auszeichnung mehr als nur ein Gütesiegel, sondern ein Spiegel unserer Unternehmenskultur. Sie zeigt, dass Gleichstellung bei H&M nicht nur angestrebt, sondern auch gelebt wird. Fünf Auszeichnungen in Folge bestärken mich darin, dass unsere Haltung Wirkung zeigt – und Frauen bei uns die Möglichkeit haben, sich wirklich zu entfalten. Gleichzeitig handelt es sich dabei, und das sollte auch so sein, um fortlaufende Arbeit.
LEADERSNET: Female Leadership ist bei der Modekette nicht nur ein Ziel, sondern strategisch verankert. Welche konkreten Maßnahmen stellen sicher, dass Frauen auf allen Ebenen des Unternehmens gefördert und sichtbar werden?
Mirzaie: Aktuell sind rund zwei Drittel unserer Führungspositionen weltweit von Frauen besetzt – das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis gezielter Förderung und klarer Strukturen. Wir schaffen Rahmenbedingungen, die Wachstum möglich machen: durch transparente Karrierepfade, durchdachte Entwicklungsprogramme und eine Kultur, in der Führung nicht an ein Geschlecht gekoppelt ist.
Unser Ziel ist es, dass Führung vielfältig bleibt – in ihren Perspektiven, Hintergründen und Lebensentwürfen. Deshalb fördern wir Führungsmodelle, die zu unterschiedlichen Lebenssituationen passen, etwa durch Teilzeitoptionen oder flexible Führungsrollen. So bleibt Karriere auch mit Familie oder anderen Verpflichtungen vereinbar.
LEADERSNET: Mit einem Frauenanteil von 65 Prozent in Managementpositionen und einer ausgewogenen Besetzung des Boards spielt H&M ganz vorn mit. Wie wirken sich diese Strukturen auf Entscheidungsprozesse und die Performance des Unternehmens aus?
Mirzaie: Unsere größte Stärke sind und bleiben die Menschen bei uns: brillante, leidenschaftliche und engagierte Kolleg:innen, die unsere Pläne in Taten umsetzen und unser Wachstum vorantreiben. Wenn Vielfalt in der Führung Realität ist, verändert sich automatisch, wie wir denken, was wir hinterfragen und wie wir entscheiden. Unterschiedliche Perspektiven bringen neue Ansätze, Perspektiven und oft mutigere Entscheidungen hervor. Das wirkt sich stark und direkt auf die Performance aus – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell. Diversität stärkt unsere Innovationskraft und schafft eine Atmosphäre, in der Menschen sich trauen, Dinge neu zu denken und auch Neues zu entdecken.
LEADERSNET: Vielfalt im Leadership-Team gilt als Treiber für Innovation. Welche Rolle spielt Gender Balance bei H&M in der Entwicklung neuer Ideen, Produkte und Strategien?
Mirzaie: Mode lebt von Vielfalt – und unsere Ideen auch. Wenn unterschiedliche Perspektiven zusammenkommen – etwa bei der Entwicklung neuer Kollektionen oder Store-Konzepte – entstehen Lösungen, die näher am Leben unserer Kundschaft sind. Divers aufgestellte Teams denken breiter, stellen andere Fragen und erkennen Trends oft früher. So können wir noch schneller auf die Bedürfnisse unserer Kund:innen reagieren und ein Einkauferlebnis schaffen, das relevant bleibt.
LEADERSNET: H&M betont die Verbindung zwischen Diversität und wirtschaftlichem Erfolg. Können Sie Beispiele nennen, wo unterschiedliche Perspektiven im Führungsteam zu messbar besseren Ergebnissen geführt haben?
Mirzaie: Stabile, lokale und erfahrene Führungsteams sind natürlich sehr wichtig für unseren Erfolg. Gleichzeitig unterstützen regelmäßige gezielte Ergänzungen und Veränderungen in den Management-Teams dabei, kontinuierlich Agilität, frische Impulse und den Mut zu entschlossenem Handeln zu fördern.
In der Region Zentraleuropa haben wir in den letzten zwei Jahren verstärkt unsere Talente rotiert, um bestehende Stärken weiter auszubauen und zugleich verschiedenste Fähigkeiten, Erfahrungen, Persönlichkeiten und Führungsstile zusammenzubringen. Damit schaffen wir einen klaren Mehrwert – für die individuelle, kollektive als auch unternehmerische Entwicklung.
Wir sehen, dass neue Kolleg:innen, die Know-how aus diverseren Rollen, Kulturen und Begebenheiten mitbringen, auch in unseren etablierten Märkten in Zentraleuropa schnell und spürbar zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen. Das zeigt sich sowohl in unserer strategischen Ausrichtung, etwa bei der Optimierung unseres kommerziellen Kalenders, als auch in der operativen Steuerung und Umsetzung, beispielsweise bei allen Prozessen rund um eine Store-Eröffnung.
LEADERSNET: Employer Branding ist heute mehr als nur Kommunikation. Wie positioniert sich H&M als Arbeitgebermarke, insbesondere für Frauen, die Führungsverantwortung übernehmen möchten?
Mirzaie: Bei H&M geht Employer Branding über schöne Worte hinaus. Führung hat bei uns viele Gesichter – ob in Vollzeit, Teilzeit oder in hybriden Teams. Menschen, die Verantwortung übernehmen wollen, finden bei H&M nicht nur Möglichkeiten, sondern auch Vertrauen.
Unsere Arbeitgebermarke baut darauf auf, dass wir über die persönliche Entwicklung unserer Mitarbeitenden ganzheitlich denken und über drei Ebenen hinweg betrachten: der professional journey mit individuellen Karrierewegen, der collective journey mit einem klaren gemeinsamen Ziel "to liberate fashion for the many" – und der personal journey, die von einer offenen, kreativen und respektvollen Kultur getragen wird.
LEADERSNET: Welche Programme und Entwicklungsinitiativen bietet H&M, um weibliche Talente frühzeitig zu identifizieren und gezielt auf Führungsrollen vorzubereiten?
Mirzaie: Entwicklung passiert bei uns nicht erst auf dem Weg zur Führungsrolle – sie beginnt ab Tag eins. Wir arbeiten aktiv daran, Räume zu schaffen, in denen Talente sich ausprobieren, wachsen und Verantwortung übernehmen können. Durch regelmäßiges Feedback, Trainings, Mentorings und Job-Rotation erkennen wir Potenziale früh und fördern sie gezielt.
Bei der H&M Group verlaufen Karrierewege dynamisch und voller Chancen. Wir ermutigen unsere Kolleg:innen, neue Wege zu erkunden und Erfüllung in ihrer beruflichen Entwicklung zu finden. Als global agierendes Unternehmen mit einer Präsenz in über 75 Märkten bieten wir einzigartige Möglichkeiten, zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.
LEADERSNET: Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen – was ist für Sie der nächste große Schritt auf dem Weg zu echter Gleichstellung und nachhaltiger Diversität in globalen Unternehmen wie H&M?
Mirzaie: Der nächste Schritt ist, Diversität noch stärker als strategischen Vorteil zu verstehen und in allen Entscheidungen zu verankern: mit klaren Zielen, messbaren Fortschritten und noch mehr Mut, neue Wege zu gehen. Es geht um eine konsequente Weiterentwicklung dessen, was wir bereits tun – verbunden mit dem Anspruch, unsere Standards, insbesondere die hohe Frauenquote in Führungspositionen, in unserer Branche und darüber hinaus zu etablieren und normalisieren.
LEADERSNET: Vor dem Hintergrund einer insgesamt herausfordernden Wirtschaftslage mit steigenden Kosten, getrübter Verbraucherstimmung und zunehmendem Wettbewerbsdruck: Wie spüren Sie diese Rahmenbedingungen konkret – und mit welchen Strategien reagiert H&M auf diese Dynamiken?
Mirzaie: Wir sind überzeugt, dass unsere Geschäftsidee – Mode nachhaltig und inspirierend für alle zugänglich zu machen – heute relevanter ist denn je, und wir gehen konsequent weitere Schritte in diese Richtung. In unserem aktuellen Bericht zum dritten Quartal 2025 zeigt sich, dass sich ein positiver Umsatztrend fortsetzt. Durch ein stärkeres Angebotsspektrum, eine verbesserte Bruttomarge und eine solide Kostenkontrolle gelingt es uns, das Betriebsergebnis weiter zu stärken. Ein deutliches Zeichen dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Auch künftig konzentrieren wir uns auf ein stimmiges Sortiment – stets mit dem Anspruch, erstklassige Mode und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten – sowie darauf, das Kauferlebnis weiter zu verbessern.
Unsere Unternehmenskultur, unser gutes Verständnis für die Bedürfnisse unserer Kundschaft und eine verlässliche Kostensteuerung geben uns die nötige Stabilität und Flexibilität, um in einem zunehmend komplexen Umfeld langfristig solide zu wachsen und gleichzeitig weitere Schritte in Richtung unserer Nachhaltigkeitsziele zu gehen.
Nicht trotz, sondern gerade wegen unserer starken Markenbekanntheit und Größe in Zentraleuropa sehe ich enormes Wachstumspotenzial.
LEADERSNET: Vielen Dank!
www.hm.com
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