Gastkommentar von Daniela Gruber
Stoppt die großen ESG-Reden – fangt endlich bei den kleinen Dingen im HR an

Ein Gastkommentar von Daniela Gruber, Mitgründerin von LP impact Personalmanagement.

Die Politik hat den ESG-Berichtspflichten den Wind rausgenommen. Viele Unternehmen atmen auf. Doch wer Nachhaltigkeit jetzt parkt, riskiert seine Glaubwürdigkeit – vor allem bei jenen, die die Zukunft der Organisation mitgestalten: Mitarbeitende und Bewerber:innen.

Politik auf Pause – Realität im Büro läuft weiter

"Stop-the-Clock" und Omnibus haben die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung auf EU-Ebene vorerst entschleunigt. Manche Vorstände und CFOs interpretieren das als Signal: ESG kann warten. Doch während Strategiepapiere in den Schubladen verschwinden, läuft die Realität im Unternehmen weiter – und genau dort wird Nachhaltigkeit längst nicht mehr nur von Investor:innen oder Aufsichtsbehörden eingefordert, sondern von den eigenen Mitarbeitenden.

Die Macht der kleinen Schritte

Nachhaltigkeit beginnt nicht mit einem 200-seitigen Bericht oder einem CO₂-Ziel für 2040. Sie beginnt mit Alltag, Prozessen und Kultur. HR kann hier sofort Wirkung erzielen – und das ohne Millionenbudgets. Beispiele:

  • Mobilität: Jobtickets statt Firmenwagen, Fahrradleasing, Förderung von E-Mobilität.
  • Arbeitsalltag: papierlose Recruitingprozesse, Videointerviews statt Dienstreisen.
  • Green Benefits: Homeoffice-Regelungen, die Emissionen durch Pendeln reduzieren.
  • Workplace: Energieeffizienz im Büro, interne Nachhaltigkeitsinitiativen mit Mitarbeitenden.

Diese pragmatischen Maßnahmen sind keine Nebensächlichkeiten. Sie zeigen den Unterschied zwischen "Wir warten ab" und "Wir handeln – im Rahmen unserer Möglichkeiten."

Recruiting wird zum Nachhaltigkeits-Check

Der Arbeitsmarkt in Österreich ist längst in vielen Bereichen weiterhin ein Kandidatenmarkt. Wer wahre Talente gewinnen will, muss Antworten geben: Wofür steht das Unternehmen? Welche Werte werden gelebt? Bewerber:innen stellen diese Fragen – und sie prüfen, ob die Antworten auch glaubwürdig sind. Ein fehlender ESG-Report im Konzern verzeiht man. Aber Greenwashing im Bewerbungsgespräch? Das wirkt wie ein K.-o.-Kriterium. Glaubwürdigkeit entscheidet, ob ein Unternehmen auf der Shortlist der Wunsch-Arbeitgeber:innen landet.

Appell: Wer jetzt nicht handelt, verliert Talente

Nachhaltigkeit ist kein Projekt für Regulator:innen, sondern ein Kulturthema. Und genau hier entscheidet HR, ob Unternehmen ihre Zukunft sichern oder verspielen. Die politischen Pausenregelungen sind eine Chance: Wer jetzt bei den kleinen Dingen ansetzt, baut Glaubwürdigkeit auf – und verschafft sich einen klaren Vorteil, wenn die Berichtspflichten in einigen Jahren zurückkehren.

Denn eines ist sicher: Die besten Talente orientieren sich nicht an Brüsseler Gesetzesblättern, sondern daran, ob Nachhaltigkeit im Alltag spürbar ist.

www.lp-impact.com


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