Im Weinland Österreich ist der Rebensaft weit mehr als nur ein Genussmittel. Vielmehr ist er Teil der heimischen Identität und Aushängeschild des Landes. Obendrein ist er ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor, der inzwischen, wie LEADERSNET berichtete, nicht nur vermehrt als Kapitalanlage genutzt wird, sondern Gelder in Milliardenhöhe in die Staatskassen spült. 1,2 Milliarden Euro wurden 2023 hierzulande durch die Weinproduktion generiert, wie erst kürzlich die aktuelle Wertschöpfungsstudie der Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM) offenlegte. Durchgeführt wurde diese von der Economica GmbH.
Wirtschaftliche Leistung hinter dem Kulturgut
Demnach sicherte die heimische Weinwirtschaft 2023 mehr als 68.000 Arbeitsplätze und generierte eine Bruttowertschöpfung von 3,8 Milliarden Euro. Davon profitiert allerdings nicht nur die Branche selbst, sondern viele andere, die mit ihr verbunden sind, wie die Gastronomie, der Handel und auch der Tourismus. "Die wirtschaftliche Kraft des Weins reicht weit über das Achterl hinaus. Denn rund um die Rebe wirkt ein ganzes Wirtschaftsökosystem: vom Winzerbetrieb über den Tourismus bis hin zu Handel und Kulinarik. Es sind diese direkten und indirekten Effekte, die den Wein zu einem bedeutenden Wirtschaftsmotor machen", erklärt ÖWM-Geschäftsführer Chris Yorke, der sich davon überzeugt zeigt, dass eine tragende Säule dieser wirtschaftlichen Leistung die hohe Qualität der heimischen Weine sei, die mit einer hohen Reputation im In- und Ausland einhergehe.
Mit einer Bruttowertschöpfung von 3,8 Milliarden Euro erwirtschaftet die Branche also 0,9 Prozent der gesamten heimischen Wirtschaftsleistung. Zudem macht Wein 7,5 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Produktion aus. Mit fast 70.000 Arbeitsplätzen sichert sie zudem rund die Hälfte der direkt gesicherten Stellen in der metalltechnischen Industrie (135.000). Davon profitiert auch der österreichische Staat. Denn jährlich werden mit der Weinwirtschaft rund 1,2 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben in die öffentlichen Kassen gespült. Knapp 403 Millionen Euro (35 %) davon gehen an den Bund. Weitere 137,5 Millionen Euro (12 %) an die vier Weinbundesländer Niederösterreich, Burgenland, Wien und Steiermark. Und 96 Millionen gehen schließlich an die restlichen Bundesländer.
Fließt Wein, fließt auch Geld
Besonders Gastronomie und Beherbergung würden mit 1,5 Milliarden Euro (rund 39 %) von der gesamten Wertschöpfung, die durch den Wein in Österreich entsteht, profitieren, gefolgt von der Landwirtschaft mit etwa 390 Millionen Euro. An dritter Stelle steht der Großhandel mit knapp 353 Millionen Euro. Aber auch der Weintourismus tut sein Übriges. Laut Studie hätten fünf Prozent der Urlauber:innen 2023 weinbezogene Aktivitäten wahrgenommen und gaben dabei durchschnittlich 18 Prozent mehr pro Tag aus als andere Gäste. Daher ist sich Christian Helmenstein, Leiter der Economica GmbH, sicher: "Die österreichische Weinwirtschaft steht nicht nur für Gastfreundschaft und Lebensfreude, sondern schafft auch einen enormen wirtschaftlichen Mehrwert."
Welche Relevanz Wein hierzulande hat, wird aber auch bei der Betrachtung der einzelnen Bundesländer deutlich. "Der Weinbau ist weit mehr als landwirtschaftliche Produktion. Er fungiert als wirtschaftliche und gesellschaftliche Lebensader und sichert die Attraktivität vieler Gegenden", so Johannes Schmuckenschlager, Präsident des Österreichischen Weinbauverbands. Yorke ergänzt: "In zahlreichen Regionen stellt der Weinbau aufgrund der besonderen geographischen und klimatischen Gegebenheiten die zentrale, und nicht selten auch einzige, Form der Wertschöpfung dar." Daher lege die Studie ein besonderes Augenmerk auf die vier Weinbundesländer Niederösterreich, Wien, Burgenland und die Steiermark, in denen im Vergleich zu den anderen Regionen insbesondere Handel und Gastgewerbe mit einer Bruttowertschöpfung inklusive notwendiger Vorleistungen von über zwei Milliarden Euro (Restösterreich: 1,1 Mrd. Euro) sowie der Tourismus mit 362 Millionen Euro (Restösterreich: 291 Mio. Euro) am meisten Wertschöpfung generieren.
Vier Weinbundesländer und ihre Stärken
Niederösterreich produziert als betriebs- und flächenmäßig stärkstes Weinbundesland Österreichs am meisten Wein. Das heißt, es weist auch die größten ökonomischen Effekte auf. Das Burgenland ist das zweitgrößte Anbaugebiet des Landes. Hier hat der Weinbau unter den vier Bundesländern allerdings die größte Bedeutung für die landwirtschaftliche Produktion. In Wien findet in Anbetracht der kleinen Fläche wiederum eine überproportional große Wertschöpfung statt – vor allem bedingt durch die Gastronomie und den Tourismus. Und in der Steiermark, dem aufstrebenden Weinland, geht es um den starken Tourismusfaktor, da vor allem nachgelagerte Güter und Dienstleistungen, die mit Wein in Verbindung stehen, große Bedeutung haben.
Das bedeutet: Ohne den Weinbau würden ganze Regionen in Österreich erhebliche wirtschaftliche Einbußen erleiden, Arbeitsplätze im ländlichen Raum gingen verloren und auch die tourismusgetriebene Wertschöpfung bliebe aus. Obendrein würde die regionale Identität an Profil verlieren. Schmuckschläger erklärt: "Unser Ziel ist es, durch das Aufzeigen der Wertschöpfung zu einer Wertschätzung gegenüber dem zu kommen, was die über 10.000 heimischen Weinbaubetriebe, die zu 95 Prozent in Familienhand sind, tagtäglich leisten." Diese Bemühungen umfassen laut dem Präsidenten des Österreichischen Weinbauverbands mehr als das Produzieren eines guten Weins, denn, wie York ergänzt: "Ihre Arbeit ist Fundament und Zukunft zugleich und verdient nicht nur Anerkennung, sondern auch strategische Unterstützung."
Fazit Wertschöpfungsstudie
Es brauche ein klares Bekenntnis der Politik, gezielte Unterstützungsmaßnahmen ihrerseits und einen Rahmen, der Investitionen in Qualität und Wettbewerbsfähigkeit, damit die Weinwirtschaft ihre Rolle als Wirtschaftsmotor, Arbeitgeber und internationaler Qualitätsbotschafter auch in Zukunft erfüllen kann, ist man sich bei der Präsentation der Wertschöpfungsstudie einig. "Unsere Weinbaubetriebe sind aktuell durch rekordhohe Produktionskosten, rückläufigen Weinkonsum, überbordende Bürokratie und zunehmenden internationalen Wettbewerb stark unter Druck", mahnt Schmuckschläger. "Daher brauchen wir mehr denn je einen Schulterschluss zwischen Politik und Weinwirtschaft. So wäre es sehr wünschenswert, wenn der Bund, der nachweislich stark durch Einnahmen aus der Weinwirtschaft profitiert, wieder einen Finanzierungsbeitrag an die ÖWM leistet – wie die vorbildlich agierenden Weinbauländer."
LEADERSNET besuchte die Studienpräsentation und hat für Sie Eindrücke in der Galerie zusammengestellt.
www.oesterreichwein.at
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