Wein als Kapitalanlage
Warum edle Tropfen immer mehr zur Geldanlage werden

Bordeaux, Burgund oder Champagne – Spitzenweine zählen längst nicht mehr nur für Sommeliers und Sommelière sowie Sammler:innen zu den großen Kulturgütern, sondern auch für Investor:innen.

Während Aktienmärkte schwanken und Immobilienpreise stagnieren, wird Wein zunehmend als Anlageform entdeckt. Die Logik dahinter: edle Flaschen sind knapp, sie reifen über Jahrzehnte, und die Nachfrage nach Kult-Jahrgängen wächst weltweit.

Renditen und Märkte

Ein Beispiel zeigt, wie stark die Wertentwicklung sein kann: Eine Kiste Chambertin Grand Cru 2010, die 2012 für 5.000 Pfund gehandelt wurde, erzielte zehn Jahre später über 1100 Prozent Gewinn. Solche Extremfälle sind selten, aber sie verdeutlichen den Mechanismus: Angebot und Nachfrage sind im Weinmarkt eng begrenzt. Jahrgänge sind einmalig – wird die letzte Flasche geöffnet, sinkt das verfügbare Angebot unwiederbringlich.

Laut einer Studie der britischen Investmentfirma WineCap (2024) setzt bereits rund ein Drittel der vermögenden Anleger:innen Wein als Schutz gegen Inflation und Marktvolatilität ein. Für österreichische Investor:innen, die traditionell stark in Immobilien oder Gold engagiert sind, bietet Wein damit eine Möglichkeit zur Diversifizierung.

Der weltweite Handel mit edlen Tropfen ist vergleichsweise jung. Erst mit der Gründung der Handelsplattform Liv-Ex im Jahr 2000 wurde es möglich, Preise von Bordeaux, Burgunder oder Champagner transparent nachzuverfolgen. Heute werden dort mehr als 600 Millionen Euro jährlich umgesetzt. Parallel dazu entwickelten sich digitale Marktplätze, Blockchain-gestützte Echtheitsprüfungen und Modelle für anteiliges Investieren – ähnlich wie bei Kunst oder Oldtimern.
In Österreich spielen klassische Auktionshäuser wie Dorotheum zwar traditionell keine große Rolle im Weinhandel, doch internationale Plattformen wie Cult Wines, Vinovest oder LiveTrade sind auch für heimische Anleger:innen zugänglich.

Zyklen und Chancen

Die Weinpreise verlaufen in klar erkennbaren Zyklen. Nach einer Phase starker Preisanstiege seit 2018 befindet sich der Markt aktuell in einer Korrektur. 2024 notierten viele Spitzenweine auf einem Fünfjahrestief. Ein Beispiel: Der Château Haut-Brion 2021, einer der großen Bordeaux-First-Growths, kostet derzeit rund 315 US-Dollar pro Flasche – weniger als die Hälfte des Preises von 2022.

Gleichzeitig sorgt die schwache Ernte 2024 in Frankreich, die niedrigste seit Beginn der Aufzeichnungen, dafür, dass das künftige Angebot knapp bleibt. Expert:innen erwarten deshalb steigende Preise in den kommenden Jahren. Auch in der Champagne und im Burgund sind derzeit Raritäten verfügbar, die vor wenigen Jahren kaum zu bekommen waren.

Was gilt als "Investment Grade"?

Nicht jeder Wein eignet sich als Kapitalanlage. Für die Kategorie "Investment Grade" müssen mehrere Kriterien erfüllt sein:

  • Potenzial zur Reifung über mindestens 15–20 Jahre
  • internationaler Vertrieb und hohe Handelbarkeit
  • konstante Spitzenbewertungen durch Kritiker
  • langfristige Wertsteigerungen in der Vergangenheit
  • Verkauf in Originalkisten zu mindestens 100 US-Dollar pro Flasche

In diese Kategorie fallen vor allem die "Blue Chips" des Weinmarkts: Bordeaux-Erstgewächse wie Lafite Rothschild oder Margaux, Burgunder Grands Crus, Spitzenchampagner, Rhône-Ikonen wie Château Rayas, italienische Super-Toskaner, Barolo und Barbaresco sowie kalifornische Cabernets. Zunehmend rücken aber auch spanische und portugiesische Weine ins Blickfeld – etwa der Vega Sicilia Unico, der 2024 zu den besten Performern weltweit gehörte.

Chancen und Risiken (Gegenüberstellung) © LEADERSNET

Österreichische Weine – etwa Wachauer Rieslinge oder Blaufränkisch aus dem Burgenland – haben zwar Kultstatus, sind aber international noch nicht in der Breite handelbar. Für heimische Sammler:innen bleiben sie vor allem Liebhaberobjekte.

Einstieg und Strategie – Geduld ist Pflicht

Der Mindestaufwand für ein seriöses Portfolio liegt deutlich höher, als viele glauben. Während Plattformen wie Vinovest bereits ab rund 1.000 US-Dollar Einstiege ermöglichen, halten Experten wie LiveTrade Summen ab 10.000 US-Dollar für realistischer. Eine einzige Kiste mit Premier-Cru-Bordeaux kann schnell 3.000 Euro übersteigen.

Wichtig sind neben dem Ankauf die laufenden Kosten: Versicherung, Marktgebühren und vor allem die richtige Lagerung. Fachleute empfehlen konstant 13 °C, Dunkelheit und eine relative Luftfeuchtigkeit von 70 %. Internationale Lagerhäuser wie Wine Wallet oder Octavian Vaults garantieren optimale Bedingungen und stellen Zertifikate aus, die beim Weiterverkauf entscheidend sind.

Die monatlichen Kosten sind überschaubar – bei Wine Wallet etwa 18,94 Euro für bis zu 120 Flaschen –, erhöhen aber die Einstiegshürde. Dafür erzielen Flaschen aus zertifizierten Lagern regelmäßig höhere Preise als Weine, die im Privatkeller gelagert wurden. Wein ist jedoch keine Anlage für Schnellgewinne. Im Durchschnitt liegt die Haltedauer erfolgreicher Investor:innen zwischen fünf und 15 Jahren. Der Grund: Erst wenn ein Teil der Flaschen getrunken ist, wird das Angebot knapper – und die Preise steigen.

Ein Beispiel liefert der Champagner Salon Le Mesnil 2012: Zwischen Jänner und September 2022 kletterte der Preis pro Kiste von 4.670 auf 15.485 US-Dollar – ein Plus von 232 Prozent in nur neun Monaten. Solche Entwicklungen sind jedoch Ausnahmen.

Fazit

Wein verbindet Genuss mit Investment, verlangt aber Fachwissen, Geduld und sorgfältige Auswahl. Wer in Bordeaux, Burgund oder Champagne investiert, setzt auf Knappheit und Tradition. Neue Regionen wie Spanien, Portugal oder Kalifornien bringen Dynamik, während Österreichs Spitzenweine vor allem im Sammlerbereich gefragt bleiben.
In einer Welt, in der klassische Anlageformen unter Druck stehen, bleibt Wein ein Nischeninvestment – mit Charme, Substanz und dem Potenzial, im richtigen Moment zu reifen wie ein großer Jahrgang.

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Über den Autor

Bernhard Führer ist Gründer und Leiter der unabhängigen Vermögensplanungsgesellschaft Strategy & plan sowie der Vermögensverwaltung TKA Funds, Autor, Dozent und Betriebswirt.

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Bernhard Führer ist Gründer und Leiter der unabhängigen Vermögensplanungsgesellschaft Strategy & plan sowie der Vermögensverwaltung TKA Funds, Autor, Dozent und Betriebswirt.

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