Universalmuseum Joanneum
Ökologische, soziale und ökonomische Fragen prägen Jojo Gronostays Arbeit

| Gerhard Krispl / LEADERSNET-ART Herausgeber 
| 20.10.2025

Seit Jahrzehnten prägt die Textilindustrie globale Handels- und Warenströme – mit weitreichenden ökologischen, sozialen und ökonomischen Folgen. Diese Dimensionen nimmt Jojo Gronostay zum Ausgangspunkt seiner künstlerischen Arbeit.

Der in Hamburg geborene, multidisziplinär arbeitende Künstler verwebt Themen wie Abhängigkeitsverhältnisse, Machtstrukturen, Ökologie und Identität. Gezeigt werden die Videoarbeit The Elephants sowie Scans aus der Serie Landscapes. Die Schau im studio der Neuen Galerie Graz ist ab morgen bei freiem Eintritt zu besuchen.

Als in den 1970er-Jahren erste Secondhand-Kleidung aus Europa ihren Weg nach Ghana fand, konnten die dort lebenden Menschen nicht glauben, dass derart hochwertige Kleidungsstücke aussortiert wurden, und gingen deshalb davon aus, dass es sich um Kleidung von Verstorbenen handeln müsse. "Obroni wawu" nannte die Bevölkerung diese Stücke – was so viel bedeutet wie "Dead white men's clothes".

Mit einer Fläche von 9,7 Hektar ist der Kantamanto-Markt in Accra – der Hauptstadt Ghanas – weltweit einer der größten Umschlagplätze für getragene Waren. Gespendete Kleidung wird in Form massiver Ballen transportiert. Dabei landen wöchentlich etwa 100 Container mit jeweils 400 Ballen in Kantamanto, das nur einer von vielen Märkten ist.

DWMC – Dead White Men's Clothes

Diese prägenden Eindrücke waren ausschlaggebend dafür, dass sich Gronostay mit Themen wie Neokolonialismus, Identität und den Wertesystemen der westlichen Welt auseinandersetzte. 2017 gründete er die Modemarke DWMC – Dead White Men's Clothes und fertigte eine Kollektion ausschließlich aus gebrauchten Kleidungsstücken, die auf dem Kantamanto-Markt verkauft wurden. Er integrierte diese in den westlichen Kontext – stets betonend, dass es sich um ein Kunstprojekt handelt. 2021 wurde sein Projekt mit dem Austrian Fashion Award ausgezeichnet.

Gronostay geht der dringlichen Frage nach: Wie werden Wünsche erzeugt, um Kaufverhalten auszulösen? Jene Wünsche, die die Gesellschaft auf der Suche nach der eigenen Identität durch Kleidung zu befriedigen sucht.

Jojo Gronostay
Die Ausstellung zeigt u.a. die Videoarbeit "The Elephants" mit Stelzenläufern, die in westafrikanischen Kulturen symbolisch zwischen verschiedenen Welten vermitteln © Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek

The Elephants und Landscapes

Die Ausstellung im studio der Neuen Galerie Graz zeigt die Videoarbeit The Elephants. Sie ist an Salvador Dalís gleichnamiges Gemälde aus dem Jahr 1948 angelehnt, in dem der Künstler den Elefanten als Symbol für Stärke und Herrschaft mit langen, zerbrechlich wirkenden Gliedmaßen kontrastiert. Gronostay übersetzt die dünnen Beine durch Stelzenläufer – ausschließlich in DWMC gekleidet –, die unter anderem auf die lange Handelsgeschichte zwischen dem europäischen und afrikanischen Kontinent und auf den liminal space verweisen.

Die in der Ausstellung gezeigten Scans stammen aus der Serie Landscapes. Sie dokumentieren Bodenaufnahmen, die Jojo Gronostay mit einem Handscanner an verschiedenen Orten in Accra angefertigt hat. Während seiner Aufenthalte auf dem Kantamanto-Markt beobachtete er, dass Kleidung bei Regen auf die Wege geworfen wird, um Nässe und Schlamm aufzusaugen. Dadurch wird das Gehen in Teilen des Marktes unsicher und labil. Die bald erdige Farbtöne annehmende Kleidung befindet sich in einem Zustand des Übergangs – nicht mehr tragbar, aber noch nicht vollständig verschwunden; nicht mehr vertretbar, aber noch nicht freigesetzt. Die ineinandergreifende Suche nach Identität von Objekt und Mensch mäandert zwischen den Ebenen.

Die gezeigten schwarz-weißen Fotoaufnahmen im A4-Format sind bewusst in Originalgröße gehalten, wobei die samtige Optik der Papieroberfläche das haptische Erleben der Kleidung sichtbar macht.

Über den Künstler

Begonnenes Studium Modemanagement, anschließend Studium der Fotografie an der Akademie der bildenden Künste Wien und an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris. Ausstellungen unter anderem im Museum der Moderne, Salzburg; The Armory Show, New York; mumok, Wien; Belvedere 21, Wien; WestLicht, Wien.

Jojo Gronostay
The Elephants
bis 01. März 2026
Kuratiert von Marlies Schöck
studio, Neue Galerie Graz
www.neuegaleriegraz.at

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Herausgeber von LEADERSNET-ART ist Gerhard Krispl.

 

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