Die Probleme der heimischen Wirtschaft, insbesondere jene am österreichischen Arbeitsmarkt, haben sich seit der Corona-Pandemie stark verschärft. Mit dem Eintreten des ersten Lockdowns ab Mitte März 2020 musste ein großer Teil der Erwerbstätigen massive Auswirkungen wie Erwerbslosigkeit, Kurzarbeit, Homeoffice oder andere Arbeitsbelastungen verkraften. Da allerdings die Art und das Ausmaß der Folgen je nach Branche und sozioökonomischen Charakteristika der Beschäftigten variieren, sind kaum allgemeingültige Aussagen zur Lage der Erwerbstätigen infolge von Covid-19 möglich. Klar ist jedoch, auch heute noch kämpft Österreich mit den Folgen. Das im Jahr 2020 um -6,7 Prozent eingebrochene Bruttoinlandsprodukt (BIP) etwa hat bislang noch immer nicht das Ausgangsniveau erreicht (LEADERSNET berichtete). Zusätzlich wird der negative Trend durch die willkürliche Zoll-Politik des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump verstärkt (LEADERSNET berichtete). Keine rosigen Aussichten für Österreich derzeit.
Eine neue Sage-Studie hat daher nun untersucht, was der Wirtschaft helfen könnte. Nicht nur in Österreich, sondern europaweit. Dabei kamen die Verantwortlichen zu dem Ergebnis, dass Scale- und Start-ups für den künftigen Wohlstand der EU von zentraler Bedeutung sind. Sie schaffen Arbeitsplätze, stärken die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit und sind der Motor der europäischen Innovationswissenschaft, heißt es in der "Scaling for Growth – Unlocking the Potential of Europe’s Startups and Scale-ups"-Studie von Sage.
Erkenntnisse von mehr als 7.500 Start-ups und Scale-ups
Die Studie basiert laut Sage auf Erkenntnissen von mehr als 7.500 Start-ups und Scale-ups der nächsten Generation in 15 EU-Mitgliedsstaaten sowie ergänzenden Studien in den USA, Großbritannien und Kanada. Sie zeige, welches Potenzial europäische Scale-ups liefern, da diese Unternehmen mit einer durchschnittlichen Rate von 38 Prozent pro Jahr wachsen würden und damit die OECD-Benchmark für wachstumsstarke Unternehmen um fast das Doppelte übertreffen.
Vier entscheidende Faktoren für den Erfolg von Scale-up in Europa hätten sich demnach herauskristallisiert: Zum einen die "Digitale Adoption". Scale-ups sind stark auf digitale Tools angewiesen. Allerdings variiere die Akzeptanz – insbesondere bei jenen der nächsten Generation. Lücken beim Zugang zu Schlüsseltechnologien wie elektronische Rechnungsstellung, Open-Finance-Tool und integrierten KI-Systemen würden deren Produktivität und eine grenzüberschreitende Skalierung behindern. "Grenzüberschreitender Handel" mit einem reibungslosen Binnenmarkt sei für das Gedeihen von Scale-ups unerlässlich. Allerdings würden regulatorische Fragmentierung, mangelnde Harmonisierung und komplexe Compliance-Vorschriften viele Unternehmen zurückhalten. Ebenfalls angeführt wird der "Zugang zu Finanzmitteln", denn die Mehrheit der Scale-ups habe sich externes Kapital gesichert, jedoch hätten die Unternehmen der nächsten Generation Schwierigkeiten, über die Frühphasenfinanzierung hinauszukommen. Nur fünf Prozent der weltweiten Risikokapitalinvestitionen fließen in die EU. Daher sei die Erschließung von privatem Kapital von entscheidender Bedeutung. Zum anderen wird auf den "Zugang zu Talenten" verwiesen, da der Mangel an fähigen Menschen in den Bereichen Digitalisierung, KI und technische Disziplinen eine Herausforderung auf dem gesamten Kontinent bleibe. So nannten 55 Prozent der befragten Scale-ups den Fachkräftemangel als erhebliches Hindernis. Was wiederum bedeutet, dass Scale-ups ohne eine Anpassung der Arbeitskräfte und gezielte Weiterbildungen ihr Wachstum nur schwer aufrechterhalten oder beschleunigen können.
Weiters zeige die Studie, dass die Verbreitung von ERP-Systemen, also von Softwarelösungen, die verschiedene Geschäftsprozesse in Unternehmen integrieren und automatisieren, mit 95 Prozent sehr hoch ist unter den europäischen Scale-ups. Das unterstreiche die ausgeprägte, operative Disziplin, die viele Unternehmen hätten. 91 Prozent der befragten Unternehmen haben zudem angegeben, dass digitale Tools für Wachstum entscheidend seien. Demnach seien ERP-Systeme, elektronische Rechnungsstellung, Cloud-Plattformen, KI-Tools und digitale ID-Lösungen Kernkompetenzen des Erfolgs und der Wettbewerbsfähigkeit.
Regulatorische Hürden
Von den europäischen Scale-ups sind laut der Sage-Studie 77 Prozent international aktiv. Weitere 20 Prozent seien dabei, dies zu tun. Im Durchschnitt erziele man so 52 Prozent des Umsatzes außerhalb des eigenen Heimatlandes. Dabei sei der Binnenmarkt der erste Schritt zur globalen Expansion. Das Problem hierbei: Obwohl der gemeinsame Markt ein Wettbewerbsvorteil für EU-Unternehmen sein sollte, werden Handelshemmnisse und doppelte Regulierung von Scale-ups als Hindernisse für eine schnellere und breitere Expansion benannt. Demnach würden 62 Prozent der Befragten fordern, Vorschriften zu vereinfachen, und mehr als die Hälfte wünsche sich eine stärkere Unterstützung der EU für grenzüberschreitendes Wachstum.
Dabei habe Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert für Scale-ups. 84 Prozent der befragten europäischen Unternehmen empfinden die Thematik als wichtig und mehr als ein Drittel zeigt sich überzeugt, dass Nachhaltigkeit für ihr Geschäftsmodell von zentraler Bedeutung sei. Dennoch sei die Berichterstattung nach wie vor komplex. Hier würden integrierte digitale Lösungen eine Chance für Automatisierung der Emissionsverfolgung über die gesamte Lieferkette hinweg bieten. Sage führt daher an, dass die großflächige Einführung derartiger Tools nicht nur die Klimaziele in der EU unterstützen, sondern auch die Binnenmarktstrategie stärken würden, indem sie den Berichtsaufwand reduziere und interoperablen Datenfluss über die Grenzen hinweg erleichtere.
Finanzierung als Herausforderung
Laut Studie hätten 98 Prozent der Scale-ups auf externe Finanzmittel zurückgegriffen – in der Regel in Form einer Kombination aus Risikokapital, Private Equity und anderen Formen der Eigenkapitalfinanzierung. Außerdem habe sich gezeigt, dass 68 Prozent der Scale-ups und 75 Prozent der Next-Gen-Scale-ups den Zugang zu Kapital als Hindernis nennen. Insbesondere die Eigenkapitalfinanzierung sei für die nächste Generation herausfordernd. 67 Prozent sagten im Rahmen der Umfrage, dass sie nur schwerlich Zugang dazu haben. Es entstehen also Finanzierungslücken, auch "Scale-up-Lücken" genannt, weil die anfängliche staatliche Förderung langsam ausläuft, während das Eigenkapital und der erwirtschaftete Cashflow nicht ausreichen, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Für Sage besteht also das Risiko darin, dass viele ihr volles Potenzial nicht ausschöpfen können.
Mangel an fähigen Arbeitskräften
Zu guter Letzt habe die Umfrage gezeigt, dass es Europa an Fachkräften fehle. So hätten 55 Prozent der Scale-ups und rund 48 Prozent der Next-Gen-Scale-ups den fehlenden Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften als Hindernis für ihr Wachstum genannt. Ohne genügend kompetente Arbeitskräfte würden sich also die Produkteinführungen der Start-ups verzögern, sie würden auf neue Märkte verzichten und hätten Schwierigkeiten, genau die Technologien einzuführen, die für ihre Wettbewerbsfähigkeit unerlässlich sei. So hänge die Fähigkeit Europas, im globalen Wettbewerb der Innovationswirtschaft mitzuhalten, stark von der Fähigkeit ab, Talente auszubilden, anzuziehen und sie zu halten.
"Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass europäische Scale-ups über ein stabiles Fundament sowie exzellente Talente verfügen. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist dabei die konsequente Nutzung digitaler und KI-basierter Tools, flankiert von einem vereinfachten Zugang zu Kapital, gezielten Qualifizierungsmaßnahmen und politischer Unterstützung. Nur so können sie sich auch in Zukunft behaupten und zu Vorreitern für nachhaltiges, technologiegetriebenes Wachstum in Europa werden", so Johannes Kreiner, Geschäftsführer von Sage DPW abschließend.
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