Gastkommentar von Patricia Weiß

Der Teilzeit-Trend ist kein Accessoire – Er ist ein Symptom

Vollzeit oder Teilzeit? Falsche Frage.

Alle sprechen über Teilzeit. Aber mal ehrlich: Sprechen wir wirklich über diverse Arbeitszeitmodelle oder dreht sich die Diskussion nicht viel mehr um die gelebte Arbeitskultur? Für mich steht nicht zur Debatte, Teilzeit und Vollzeit gegeneinander auszuspielen. Idealerweise arbeitet man Vollzeit, wenn es das Leben zulässt. Und wenn nicht, dann eben weniger.

Studium, Kinder, Pflege – das braucht keine Rechtfertigung. Die Frage sollte nie sein: "Darf ich weniger arbeiten?", sondern: "Wie passt Arbeit aktuell in mein Leben?"

Der Zusammenhang zwischen Führung und Arbeitszeitverhalten.

Der Wunsch nach Teilzeit hat selten etwas mit Faulheit oder mangelnder Leistungsbereitschaft zu tun. Vielmehr steckt oft eine ganz individuelle Lebensrealität dahinter. Manchmal ist es aber auch ein leiser Hinweis darauf, dass Umfeld und Erwartungen nicht (mehr) zusammenpassen. Genau hier setzt auch die Forschung an: Studien der Universität Wien zeigen, dass dort, wo Positive Leadership mit Fokus auf Stärken, Mitgestaltung und Sinn gelebt wird, der Wunsch nach Stundenreduktion deutlich sinkt. Für mich ist das der Kern von guter Führung: Ein Umfeld schaffen, in dem Leistung nicht eingefordert werden muss, sondern einfach passiert.

Nicht das Stundenmodell entscheidet.

Viele Unternehmen suchen Antworten in Arbeitszeitmodellen. Ich finde, sie sollten lieber fragen, welche Mitarbeiter:innen zu ihrer Kultur passen.

Es geht nicht um perfekte Lebensläufe, sondern um Menschen, die dieselbe Vorstellung davon haben, wie sie miteinander arbeiten wollen: wie zum Beispiel klare Kommunikation, Verlässlichkeit, gegenseitiges Vertrauen, Offenheit - und ja, auch der gemeinsame Spaß an der Arbeit.

Deshalb ist es genauso entscheidend, welchen Führungsstil ein Unternehmen wählt. Er sollte ebensolche Menschen einstellen, die zu diesem Stil passen. Und Arbeitszeit sollte dabei nicht das erstrangige Thema sein.

Die Balance zwischen Regeln und Vertrauen.

Ich habe gelernt, Geben und Nehmen ist dabei eine Frage der Balance. Jedes Team braucht klare Regeln und zugleich Raum für Flexibilität. Kontrolle schließt Vertrauen nicht aus, sondern es kommt auf das Gleichgewicht an. Wenn jemand in einem Lebensabschnitt weniger arbeiten möchte, sollte das selbstverständlich sein, ohne dass es einer großen Diskussion bedarf. Denn es gibt Lebensphasen, die brauchen keine Erklärung – sie sind Realität! Teilzeit ist deshalb kein Trendthema, sondern eine individuelle Entscheidung, die sich oft aus Lebensphasen und Rahmenbedingungen ergibt. Und nicht aus mangelnder Leistungsbereitschaft.

Und Sie? Wie sieht es in Ihrem Unternehmen aus: Wird über Stunden gesprochen – oder über Kultur?

Patricia Weiß
patricia.weisz@lp-digital.at

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