Die Zeiten ändern dich: Gerold Idinger, Geschäftsführer von Unilever Austria konstatiert: "Die letzten Jahre haben uns verändert – auch unser Einkaufsverhalten." Er verweist dabei auf eine Studie des Kölner Marktforschungsunternehmens rheingold Institut: Das eigene Zuhause sei für mehr als 90 Prozent der Befragten immer mehr zur Wohlfühloase geworden. Zudem bleibe das Preis-Leistungs-Verhältnis ein wichtiges Thema. "Man möchte sich aber auch etwas gönnen – zum Beispiel ein hochwertiges Pflegeprodukt. Denn der Eskapismus mithilfe des Einkaufswagens ist nicht nur 'Esskapismus'", scherzt Idinger. In der aktuell aber durchaus ernsten Lage werde dabei vor allem die Stabilität von Marken als beruhigend erlebt: Der Studie zufolge empfinden mehr als 70 Prozent ein Gefühl von Sicherheit bei vertrauten Marken. Idinger: "Die Unternehmen müssen jedoch ihre Innovationskraft nutzen, um den sich verändernden Bedürfnissen gerecht zu werden." Der internationale Großkonzern mit einem breiten Sortiment an Konsumartikeln ist als Markeninhaber von Dove, Axe oder Rexona ebenso im Bereich der Körperpflegeprodukte eine große Nummer. Der Markt für Duschgels weist, laut Idinger eine sehr positive Entwicklung auf: "Neben großvolumigen XXL-Formaten tragen hochwertige Premium-Duschcremen zum Wachstum bei – als Ausdruck für das Bedürfnis nach ein wenig alltäglichem Luxus und gepflegtem Wohlbefinden." Der Deodorant-Markt wiederum habe in den vergangenen Jahren deutlich an Volumen gewonnen und nähere sich zunehmend dem Niveau des Duschsegments an. Bei seinen strategischen Überlegungen hat Unilever insbesondere den Point of Sale im Blick: "Es gilt gemeinsam mit dem Handel das Einkaufserlebnis attraktiv zu machen, indem man soziale Momente nutzt für Einkaufsanlässe – etwas, das seit der Pandemie auch bei der jungen Zielgruppe an Bedeutung gewinnt."
Gutes Haar dran lassen
Jaroslava Haid-Jarkova, Consumer Brands-Generaldirektorin bei Henkel Österreich weiß ebenfalls von einer positiven Entwicklung in diesem Segment zu berichten: "Der Beauty Care-Markt entwickelte sich 2024 mit einem Plus von 8,9 Prozent gut. Henkel ist mit starken Marken Nummer 1 bei Haarkosmetik & Body Care." Die Kosmetikkategorien zeigen mit einem Plus von 4,8 Prozent eine positive Volumen- wie Preisentwicklung. "Das Wachstum kommt aus allen Kategorien, wobei wir von einem ähnlichen Trend bis Jahresende ausgehen." Hier besteht das Fundament des Erfolgs ähnlich aus vertrauten Marken wie etwa Glem vital, Gliss, taft, Syoss oder Schwarzkopf. Die stehen sinnbildlich für die neue Konzernausrichtung im Jahr 2023: Seitdem konzentriert sich das Unternehmen, das in Düsseldorf seinen Hauptsitz hat, im Beauty-Bereich vor allem auf die Haarpflege: "Wir trennten uns von Marken in denjenigen Märkten, die unsere Erwartungen an Wachstumspotenzial und Marge nicht erfüllt haben beziehungsweise in Zukunft nicht erfüllen würden oder wir stellten diese Marken ein." So habe man weltweit den Kategorien Zahn- und Hautpflege Adieu gesagt und Marken wie Theramed, Vademecum oder Diadermine verkauft. "Mit unseren Marken wollen wir Vertrauensanker in turbulenten Zeiten sein. Daher ist es Teil unserer Strategie, dass wir uns vermehrt auf unsere margenstarke Marken und Produkte konzentrieren wollen." Bei den Konsument:innen punkte man aber nicht nur mit den etablierten Produkten: "Die Innovationsquote liegt bei über 50 Prozent. Das heißt, die Hälfte des Umsatzes erzielen wir mit Produkten, die es vor drei Jahren noch nicht am Markt gegeben hat." Aber die Konsumgüterbranche stehe derzeit nun einmal vor einer Vielzahl komplexer Herausforderungen globaler wie lokaler Natur wie zum Beispiel das veränderte Konsumverhalten, da in Österreich die Inflation im EU-Vergleich weiterhin hoch ist und das Wirtschaftswachstum fehlt. "Das Preisthema und die damit verbundene Preissensibilität führen zu Konsumzurückhaltung. Dem müssen sich Handel und Markenartikelindustrie gemeinsam stellen, damit die größtmögliche Wertschöpfung in der Branche bleibt."
Billie, Kylie und Rita
Der Parfümerie-Kette Douglas scheint das offenbar derzeit noch zu gelingen: Einer Sprecherin des Unternehmens zufolge erwirtschaftete die Gruppe in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres 2024/2025 einen Umsatz von 2,59 Milliarden Euro (plus 2,8 Prozent). Daher rechne man aktuell für den Geschäftsjahresabschluss mit einem Gesamtergebnis von rund 4,5 Milliarden Euro. Aber auch hier sieht man, dass die Kund:innen nicht mehr so freudig Geld ausgegeben wie früher: "Wir beobachten im europäischen Markt seit Jahresanfang eine gewisse Konsumzurückhaltung – besonders in unseren größten Märkten Deutschland und Frankreich." Trotzdem bleibe der Bereich Premium-Beauty ein vergleichsweise widerstandsfähiger Sektor: "Wir sehen das in vielen Ländern, in denen unsere Performance weiterhin stabil ist. Besonders Pflegeprodukte mit sichtbarem Effekt, dekorative Kosmetik mit besonderen Texturen und ikonische Düfte zählen zu den festen Größen, die konstant nachgefragt werden." Darauf ruhe man sich aber nicht aus: Laufend werde geprüft, wo es Potenzial für neue Impulse gibt. "Nicht im Sinne einer bloßen Erweiterung, sondern im Hinblick auf die gezielte Ergänzung unserer Markenlandschaft entlang aktueller Bedürfnisse." Jedoch auch im Handel wünschen sich die Konsument:innen vermehrt Halt und Geborgenheit: "In einem Markt, der von einer hohen Innovationsgeschwindigkeit geprägt ist, steigt die Bedeutung von Orientierung. Unsere Kund:innen informieren sich intensiver, hinterfragen Inhaltsstoffe, Markenhaltung und Preis-Leistungs-Verhältnis und entscheiden sehr bewusst, was zu ihnen passt." Gleichzeitig verschwimmen die Grenzen zwischen Beauty, Gesundheit und Wohlbefinden zunehmend. "Genau darin liegt für uns großes Potenzial. Denn wir wollen mehr bieten als Produkte. Wir schaffen Erlebnisse, die inspirieren, informieren und begleiten." Insbesondere bei jüngeren Zielgruppen stelle man fest: Hier wächst das Interesse an hochwertigen, oft genderneutralen Parfums aus dem Bereich der Nischendüfte. "Parallel gewinnen junge Trendmarken an Bedeutung, die durch authentisches Storytelling, eine klare Haltung und starke Communities über Social Media gewachsen sind. Gerade für die Generation Z ist nicht nur die Produktqualität entscheidend, sondern auch die Markenidentität und die Werte, die damit verbunden sind." Marken von Billie Eilish, Kylie Jenner oder Rita Ora entwickeln dabei zunehmend Strahlkraft. "Sie stehen für ein markenprägendes Erlebnis, das unsere Position als kuratierende und inspirierende Kraft im Beauty-Markt unterstreicht." Kuratieren und inspirieren: Im Beauty-Bereich beschränkt sich die Rolle des Handels also nicht mehr bloß auf den Vertrieb.
Frequenz ist Trumpf
Mitbewerber dm kann derzeit ebenfalls nicht klagen: "Das vergangene Geschäftsjahr 2023/24 verlief sehr erfreulich", berichtet Christian Freischlager, Ressortleiter Marketing & Einkauf. Der Umsatz in Österreich ist um 9,4 Prozent gewachsen. In Form eines Umsatzplus von 16,5 Prozent konnte die Gruppe Österreich und Verbundene Länder insgesamt sogar erstmals die Fünf-Milliarden-Hürde nehmen. "Besonders positiv ist die gestiegene Kundenfrequenz, die erneut zeigt, dass unsere Kundinnen und Kunden auf das sorgfältig zusammengestellte Sortiment und die Verlässlichkeit unserer Preise vertrauen." Die Nachfrage im Bereich Kosmetik und Körperpflege bleibe weiterhin hoch – sowohl bei den Hersteller- wie den Eigenmarken. Aber nicht nur auf den Inhalt kommt es an, sondern in Zeiten, in denen man sparen muss, vermehrt auf den Preis: "Die aktuelle wirtschaftliche Lage hat das Preisbewusstsein vieler Konsumentinnen und Konsumenten weiter geschärft. Unser Ansatz, mit langfristig gültigen 'immergünstig-Preisen' Transparenz und Verlässlichkeit zu bieten, hat sich sehr gut bewährt. Der Erfolg definiert sich aber in Zeiten der Inflation vor allem über die Frequenz." Pro Tag wurde im vergangenen Jahr durchschnittlich 222.000-mal in einer dm-Filiale eingekauft. "Unsere Stärke liegt in der Sortimentsvielfalt und der Verbindung aus bewährten Klassikern und innovativen Neuheiten." Besonders stark nachgefragt derzeit: Pflegeprodukte mit natürlichen Inhaltsstoffen. Das wiederum im Moment adäquat preislich zu gestalten, ist jedoch nicht einfach: "Eine zentrale Herausforderung liegt derzeit in der Balance zwischen Preisbewusstsein und dem Bestreben nach mehr Nachhaltigkeit. Viele Konsumenten wünschen sich umweltfreundlichere Produkte, müssen aber gleichzeitig stärker auf ihr Budget achten. Für uns bedeutet das, Angebote zu schaffen, die beidem gerecht werden."
www.unilever.at
www.douglas.at