Trotz größerer Herausforderungen entwickelte sich die heimische Milchbranche zuletzt stabil. Das vermeldete am Dienstag der Milchverband Österreich (MVÖ): Die Umsätze der heimischen Milchverarbeiter sind 2024 auf 4,04 Milliarden Euro gestiegen – ein Plus von insgesamt circa 1,7 Prozent. Die Gesamtanlieferung wurde im Vorjahr mit 3,58 Millionen Tonnen um 1,4 Prozent gesteigert – das ist mehr als doppelt so viel wie im EU-Schnitt, wo die Anlieferung eher stagnierte (+0,6 Prozent). Auch bei der Biomilchproduktion spielt man in der Europäischen Union ganz vorne mit: In Österreich belief sich der Anteil 2024 auf 615.800 Tonnen beziehungsweise 18,2 Prozent – laut MVÖ der Spitzenwert in der EU.
Die Zuwächse wurden sowohl im Inland als auch im Export erzielt. Es wurden zuletzt Milchprodukte im Wert von 1,78 Milliarden Euro exportiert. "Diese beeindruckenden Zahlen unterstreichen die hohe Qualität heimischer Milchprodukte auch auf internationalen Märkten", erklärte MVÖ-Präsident und Geschäftsführer von Kärntnermilch Helmut Petschar. Der wichtigste Handelspartner ist Deutschland, wo die Hälfte der Exporte hingeht – es folgen Italien, Griechenland und die Niederlande. Ähnlich sieht es bei den Importen aus, die zuletzt auffallend gestiegen seien. Diese Einfuhren landen laut MVÖ vor allem bei den Eigenmarken des Handels, in der Weiterverarbeitung und in der Gastronomie – überall dort, wo es zu keiner Kennzeichnung des Ursprungsortes kommt. "Eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung sollte daher möglichst bald erfolgen", appelliert Petschar.
Glas im Trend
Auch Branchenprimus Berglandmilch hat sich im Vorjahr stabil entwickelt: "Unser Umsatz lag 2024 bei rund 1,3 Milliarden Euro", bilanziert Geschäftsführer Josef Braunshofer. "Gesamtheitlich betrachtet waren Umsatz und Absatz in etwa auf Vorjahresniveau." Wachstum wurde vor allem bei Käse und Fruchtjoghurt verzeichnet. Trotz des stark gestiegenen Kostenumfelds, das seit Jahren herausfordernd ist, wolle man diese Entwicklung auch heuer fortsetzen: "Wir streben für 2025 eine nachhaltig positive Unternehmensentwicklung an. Das bedeutet für uns, neue, innovative Produkte zu lancieren und unsere Marken weiter zu attraktiveren."
Vermehrt nachgefragt werden vor allem Frischkäse und griechischer Joghurt, aber auch nachhaltige Verpackungen: "Wir verzeichnen Glas und damit unsere Mehrweggläser nach wie vor als Trend – und ganz allgemein nachhaltige und attraktive Verpackungslösungen." Auch hier sieht Braunshofer sein Unternehmen gut aufgestellt: "Der Nachhaltigkeitsgedanke bei Berglandmilch findet insbesondere im Bereich Verpackung Ausdruck. Dabei setzen wir auf drei zentrale Maßnahmen: alternative Materialien, Materialstärkenreduktion sowie Recyclingfähigkeit." Der letzte große Fortschritt sei mit der Einführung von Mehrwegglas-Verpackungen bei Trinkmilch und Joghurt gelungen.
"Zudem haben wir auf Unternehmensebene bereits sehr viel in Richtung erneuerbare Energien gesetzt. Unser 'Dekarbonisierungsgrad' bei der Erzeugung von Dampf liegt gesamt schon über 80 Prozent." Alle Werke beziehen zu hundert Prozent Ökostrom, auf vielen Dächern wurden Photovoltaikanlagen installiert. Anfallendes Abwasser wird in betriebseigenen Kläranlagen gereinigt. "Und wir sind bei all unseren diesbezüglichen Maßnahmen noch lange nicht am Ende."
Zugpferd Export
Berglandmilchs größter Mitbewerber heißt bekanntlich NÖM. In Baden erzielte man 2024 einen Umsatz von knapp 700 Millionen Euro. "2024 war ein sehr spannendes Jahr, gezeichnet von großen Unterschieden in den einzelnen Bereichen", verrät Vorstand Alfred Berger. "Besonders unser B2B-Geschäft sowie Italien entwickelten sich gut und trugen sehr stark zu einem guten Ergebnis bei." Darauf wolle man aufbauen: "Unser Ziel ist es, das Tempo im Jahr 2025 weiterhin zu halten. Die aktuelle Entwicklung schaut gut aus. Zudem liegt unser Investitionsvolumen bei 85 Millionen Euro." So entsteht am Standort derzeit ein Versandlager, das künftig die neue Heimat von 45.000 Paletten werden soll. Doch die Lage bleibt angespannt: "Wir merken eine Kaufzurückhaltung bei den Basisprodukten. Zudem gab es bereits wieder ordentliche Preissteigerungen – nicht nur bei Strom, sondern vor allem bei vielen Ingredienzien." Haupttreiber in zweistelliger Millionenhöhe sei jedoch das Milchgeld, welches sich aufgrund von Knappheit in einigen großen europäischen Ländern – vor allem Deutschland – von 47 auf 54–55 Cent entwickelt habe. "Dies auf Dauer abzufedern ist unmöglich – und das sieht man auch deutlich in den Bilanzen vieler Molkereien."
Auch NÖM profitiert stark vom Export: Dieser Anteil konnte innerhalb nur eines Jahres um zehn Prozent auf 62 Prozent gesteigert werden. NÖM exportiert in insgesamt 33 Länder. Das sei längst ein festes Standbein: "Das Exportgeschäft ist der Wachstumstreiber der NÖM. Wir nutzen unsere Exportgeschäfte nicht als Überschusskanal, sondern bieten zu hundert Prozent veredelte Produkte und individuelle Produktlösungen an."
"Erfolgreiche Entwicklung"
SalzburgMilch wuchs noch mehr als die größeren Konkurrenten, wie Geschäftsführer Andreas Gasteiger berichtet: "Trotz eines sehr herausfordernden Jahres konnten wir das Jahr 2024 mit einem Umsatz von 350 Millionen Euro abschließen – das entspricht einem Wachstum von 2,6 Prozent." Auch im Absatz verzeichnete man ein deutliches Plus und konnte in allen Kategorien wachsen. Dabei solle es in Zukunft möglichst bleiben: "Auch wenn sich die schwierigen Rahmenbedingungen nicht wirklich verbessert haben und neue Komplikationen dazugekommen sind – wir setzen unseren Wachstumskurs und unsere Spezialmilch-Strategie wie geplant weiter fort und sind davon überzeugt, auch heuer wieder eine erfolgreiche Entwicklung zu erreichen."
Herausfordernd werde aber sicherlich die Rohstoffverfügbarkeit, insbesondere im zweiten Halbjahr. Dadurch werde es zu zwingenden Preiserhöhungen kommen. Damit werde man aber umzugehen wissen: "Die Krisen der letzten Zeit sind vielfältiger Art, treten meist kurzfristig auf, und die Folgen sind oft nur schwer abschätzbar. Daher ist es wichtig, flexibel und rasch zu reagieren – und auch einmal tiefgreifende Sortimentsentscheidungen zu treffen, um stets zukunftsorientiert aufgestellt zu bleiben. Ein großes Thema sind dabei die Strukturkosten – dadurch muss man sein gesamtes Portfolio ständig optimieren." Zuletzt habe man dazu vor allem in den Ausbau der Produktionskapazitäten investiert.
Neben der anhaltenden Krise naht jetzt aber auch Ungemach in Sachen Tiergesundheit: "Die größte Gefahr droht aktuell sicherlich durch die MKS-Fälle im grenznahen Ausland und die Möglichkeit einer Ausbreitung auf Österreich. Auch wenn man sich zurzeit gut darauf vorbereitet, sind die tatsächlichen Folgen heute noch nicht abschätzbar. Auch die Blauzungenkrankheit darf nicht vergessen werden."
Mehr Mehrwert
Der wichtigste Exportartikel der heimischen Molkereiwirtschaft ist laut MVÖ übrigens Käse. Über mangelnden Absatz kann man sich daher auch bei Woerle nicht beklagen, wie Geschäftsführer Gerrit Woerle berichtet: "Mit der wirtschaftlichen Entwicklung im vergangenen Jahr sind wir insgesamt zufrieden. Der Umsatz lag bei 185 Millionen Euro, was eine moderate Steigerung zum Vorjahr bedeutet." Für 2025 ist er daher optimistisch – auch wenn die Marktbedingungen in einigen Bereichen herausfordernd bleiben.
Große Sprünge in kurzer Zeit seien ohnehin nicht das Ziel der Firmenstrategie: "Als Familienunternehmen setzen wir auf langfristiges, nachhaltiges Wachstum statt auf kurzfristige Gewinnmaximierung." Dabei hilft auch eine starke Exportquote von über 50 Prozent. So habe man unter der Marke Happy Cow in den ausländischen Märkten neben Schmelzkäse auch Natur- und Frischkäse etabliert. "In den kommenden Jahren wollen wir hier unsere Präsenz in Afrika und Südamerika weiter ausbauen. Die Marke kommt international gut an – die Konsumenten kennen unsere Produkte oft seit vielen Jahren und sind von der Qualität überzeugt." Auch die Nachfrage nach der neuen Bio-Range im Fachhandel sei vielversprechend. "Eine Listung im klassischen Lebensmittelhandel ist geplant – und unser mittelfristiges Ziel."
Im Vergleich zum Ländle schreibt man im Waldviertel bei Die Käsemacher kleinere Zahlen, ist aber ebenfalls zufrieden. "Es freut uns, dass wir unter den gegebenen Bedingungen ein solides finanzielles Ergebnis erzielen konnten und einen Umsatz von über 20 Millionen erreicht haben", erzählt Geschäftsführerin Doris Ploner. Schließlich ist wirtschaftlicher Erfolg gerade in der aktuellen Situation keine Selbstverständlichkeit: "Die starken Anstiege bei Rohstoff-, Energie- und Personalkosten stellten in den vergangenen Jahren für Die Käsemacher GmbH sowie für die gesamte Branche eine große Herausforderung dar."
Und auch heuer haben die Götter wieder den Schweiß vor den Erfolg gesetzt: "Im aktuellen Wirtschaftsjahr belasten gestiegene Lohn- und Gehaltskosten weiterhin unsere Margen. Unser Ziel ist es, unsere Preise möglichst stabil zu halten, um unseren Kunden weiterhin hochwertige Produkte anbieten zu können, ohne die Nachfrage zu beeinträchtigen. Wir werden weiterhin unsere Marktanteile verteidigen und unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken." Dazu habe man zuletzt versucht, Preiserhöhungen so gering wie möglich zu halten. Zudem habe man durch gezielte Investitionen in Energieeffizienz die Auswirkungen der gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise weitgehend abmildern können.
Dennoch bleibe die Lage angespannt – insbesondere im Blick auf feinere Kost sitzt den Konsument:innen das Geld nicht mehr so locker: "Die gestiegenen Lebensmittelpreise im Einzelhandel führen dazu, dass vor allem im Spezialitätenbereich die Verbraucher:innen ihr Kaufverhalten ändern, weniger bereit sind, in nachhaltig produzierte Spezialitätenprodukte zu investieren, preissensibler agieren und nach günstigeren Alternativen suchen. Wir sind mit einem intensiveren Wettbewerb konfrontiert und müssen Konsument:innen immer mehr Mehrwert bieten."
www.berglandmilch.at
www.noem.at
www.milch.com
www.woerle.at
www.kaesemacher.at
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