Geneigte Leser:innen, ich hoffe sehr, dass Sie gut ins neue Jahr gestartet sind! Sie haben hoffentlich Ihre Neujahrsvorsätze noch nicht aufgegeben, und es ist Ihnen weiters gelungen, ein gewisses Maß an Optimismus zu bewahren. Dies fällt einem ja gar nicht so leicht...
Aufschwung kann nur "gemeinsam" funktionieren
Nach der Nationalratswahl in Österreich am 29. September 2024 hat Österreich noch immer keine Regierung. Und ehrlicherweise fällt mir es auch schwer, mir dem Wahlergebnis nach auch nur irgendeine Regierung vorzustellen, die Österreich – zumindest wirtschaftlich – nach vorne bringen könnte. Das unsägliche Experiment der Regierungsbildung mit der Babler-SPÖ ist gescheitert – wozu es von Anfang an verurteilt war. Ob die ÖVP und die FPÖ gewillt sind, grundlegende Reformen umzusetzen, bleibt abzuwarten. Sollte sich eine künftige Regierung tatsächlich dazu durchringen, so könnten die Reformen aber wirtschaftlich auch nur dann greifen, wenn sich Österreich nicht in anderer politischer Weise von der EU distanziert oder isoliert. Denn ein Aufschwung kann nur im europäischen und internationalen Zusammenhang funktionieren. Die Wirtschaft liegt ja bekanntlich leider in vielen Ländern – darunter Österreich und Deutschland – wirklich am Boden und eine Besserung ist nicht in Sicht.
Ich habe die vergangenen zwei Wochen nicht nur damit verbracht, gut zu essen und zu trinken, sondern habe, während ich das Meer betrachtet habe, viel darüber nachgedacht, was 2025 uns wohl bringen könnte. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Wahl in der Bundesrepublik Deutschland am 23. Februar 2025 ein positives Momentum für Deutschland und in weiterer Folge auch für Europa bewirken kann. Dazu bedarf es aber eines klaren Sieges der CDU/CSU bei einem gleichzeitigen Zurückdrängen der extremen Rechten (AfD) und linken Parteien (BSW). Und dann? Ich denke, dass eine gute Reform und ein Neustart in einer großen Koalition mit der SPD nicht gelingen kann, weil diese sich ähnlich reformscheu wie die Sozialdemokratie in Österreich zeigt. Die FDP, so sie es überhaupt in den Bundestag schafft, wird zu klein sein, um alleine mit der CDU/CSU regieren zu können. Schon aus diesem Grund halte ich die Aussage von Markus Söder (CSU), nicht mit den Grünen (und schon gar nicht mit AfD und BSW) zusammenarbeiten zu wollen, für mehr als kontraproduktiv für die Bildung einer möglichen Reformregierung in Deutschland.
Starkes Deutschland und Frankreich
Gehen wir aber vom Zustandekommen einer solchen Reformregierung aus, dann müsste diese jedoch tiefgehende Reformbemühungen durchsetzen, die auch schmerzhaft sein werden. Ich werde mich in einem meiner nächsten Gastkommentare noch detaillierter damit auseinandersetzen. Neben Deutschland braucht es aber auch noch ein starkes Frankreich, welches sich strikt auf das Budget fokussieren und die Verschuldung massiv einfangen muss, um dann eine starke Achse mit Deutschland bilden zu können. Gleichzeitig müssen die Pro-Putin- und Anti-EU-Kräfte wie Ungarn und die Slowakei sich wieder auf eine ernsthafte EU-Politik zurückbesinnen bzw. zu einer solchen gebracht werden, denn nur gemeinsam können wir erfolgreich sein.
Gehen wir weiter davon aus, dass der künftige US-amerikanische Präsident Trump zur Besinnung kommt und keinen Handelskrieg anzettelt, so stehen die Chancen für einen guten Start des Jahres 2025 recht gut.
Österreich muss harte Reformen durchführen
Ist es aber damit für Österreich getan? Nein! Österreich muss selbst harte Reformen durchführen, um wirtschaftlicher und zukunftsgewandter zu werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass es dazu momentan vor allem folgendes braucht: keine Steuererhöhungen, Anreize für die Wirtschaft, geringere Lohnnebenkosten – Leistung muss sich lohnen – und Bürokratieabbau. Gravierende Veränderungen braucht es auch in Hinblick auf die Pensionen inklusive höherem Pensionsantrittsalter, im Gesundheitssystem muss durch mehr Effizienz eingespart werden und eine Föderalismusreform muss – neben vielen anderen Themen – angegangen werden. Ich lasse mich da gerne von der möglichen neuen Regierung aus ÖVP und FPÖ überraschen.
Darüber hinaus wird sich Österreich klarer pro EU und pro Ukraine positionieren müssen. Politischen, staatlichen und wirtschaftlichen Partnern ist es eben nicht egal, wenn sich ein Staat je nach Stimmungslage auf seine Neutralität beruft und z.B. vielleicht notwendige, in Österreich produzierte Waren (Waffenbestandteile, Fahrzeuge etc.) nicht liefert, weil diese in die Ukraine oder sonst wohin weiter geliefert werden könnten. Österreich muss weg von dem in letzter Zeit immer mehr – zurecht oder nicht – aufkeimenden Bild des Trittbrettfahrers. Dies ist nicht ein rein politisches Thema, sondern eben auch ein wirtschaftliches, denn wie immer hängt alles zusammen.
Mut und Veränderungen
Wie immer gäbe es noch einige Punkte mehr, doch meine Ausführungen allein zeigen, dass es viel Mut und Veränderungen brauchen wird, um 2025 zu einem wirklich guten Jahr werden zu lassen.
Ich bin positiv gestimmt, denn was zu tun ist, liegt offensichtlich und klar vor uns. Wichtig dabei ist eine transparente, offene und ehrliche Kommunikation, sowie die Menschen mitzunehmen und zu zeigen, was das viel zitierte "Nicht weiter wie bisher" bedeutet. Denn die Zeiten, wo es "denen da oben" zugetraut wurde, schon zu wissen, was sie tun, sind endgültig vorbei. Deshalb sei den künftigen Regierenden geraten, sich an der modernen Unternehmensführung ein Beispiel zu nehmen. Salopp gesagt: Nur wenn die Belegschaft weiß, wohin sie galoppiert und was dort am Ende für sie rausschaut, wird sie engagiert alle nötigen Maßnahmen mittragen, selbst wenn diese momentan unbequem sein mögen.
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