Preise für Wohnimmobilien sinken nach vielen Jahren erstmals wieder

| Tobias Seifried 
| 05.04.2023

Laut heimischen Immoexpert:innen liegt das vor allem an steigenden Zinsen, verschärften Kreditvergaberichtlinien und großem Angebot. Im Laufe des Jahres dürfte es bei Eigentumswohnungen zu weiteren Rückgängen kommen.

Was sich in den vergangenen Wochen bereits angedeutet hat, gibt es nun auch schwarz auf weiß: In Österreich gehen die Preise für Wohnimmobilien erstmals seit vielen Jahren wieder zurück. Das zeigen die Daten des am Mittwoch veröffentlichten "Immospiegel Eigentumswohungen" von REMAX. Demnach sei der preisliche Höhenflug bei Eigentumswohnungen von 2021 Geschichte. Das liege auch daran, dass die Verkaufszahlen der Wohnungen 2022 wieder auf das Niveau von 2017 bis 2020 zurückgefallen sind. Von 2017 bis 2020 pendelten die verkauften Wohnungsmengen zwischen 49.584 und 50.386 Einheiten. 2022 waren es 50.472, also um 5.647 weniger als 2021 (-10,1 Prozent).

"Auf das Gesamtjahr betrachtet ist das einerseits ein herber Rückschlag zum Vorjahr, andererseits nur eine Konsolidierung auf das stabile Niveau der vier Jahre zuvor", erklärt Anton Nenning, Head of Research & Communication von REMAX Austria. Bedenklicher sei die Tatsache, dass der Rückgang nicht über das ganze Jahr gleichmäßig erfolgt ist, sondern im ersten Quartal noch um 6,4 Prozent mehr verkauft wurde als im ersten Quartal 2021, im zweiten dann aber 4,8 Prozent zum Vorjahr fehlten. Im dritten Quartal betrug der Rückgang bereits 16,2 Prozent und im vierten sogar 22,5 Prozent. Dabei müsse bedacht werden, dass die Verbücherungen den Kaufabschlüssen um zwei bis drei Monate nachhinken, so der Experte.

Sinkende Preise

Für Kaufinteressent:innen sind diese Entwicklungen durchaus positiv. Denn laut Bernhard Reikersdorfer, Managing Director von REMAX Austria, zeigen diese Zahlen, dass das Niveau der zuletzt verkauften Wohnungen und damit der Übergang auf das Jahr 2023 erheblich niedriger sei als zum Jahreswechsel 2021 auf 2022. Aufgrund der Verbücherungszahlen für Wohnungen im ersten Quartal 2023 müsse man sich auf eine weitere Abschwächung des Marktes einstellen. Im ersten Quartal 2023 werde laut dem Experten gegenüber 2022 ein Viertel, wenn nicht sogar ein Drittel fehlen.

Reikersdorfer sagt zum erwarteten Zukunftstrend: "Es bleibt spannend, wie lange diese Phase des Umbruchs und der Unsicherheit am Markt andauern wird. Neben den steigenden Zinsen und den verschärften Kreditvergaberichtlinien haben auch Corona-Nachwehen, die hohe Inflation und die weltweiten Brennpunkte zur allgemeinen Verunsicherung beigetragen. Der Markt hat sich im Jahresvergleich gedreht, die Nachfrage ist deutlich zurückgegangen und das Angebot spürbar gestiegen. Die Preiskurve flachte in der zweiten Jahreshälfte 2022 bereits deutlich ab und im vierten Quartal sind die Preise für Wohnimmobilien im Vergleich zum Vorquartal nach vielen Jahren sogar erstmals wieder ganz leicht zurückgegangen. Sollten sich die Rahmenbedingungen am Markt nicht ändern, ist im Jahr 2023 tendenziell mit rückläufigen Preisen zu rechnen. Die Investition in eine Eigentumswohnung für die Eigennutzung, aber auch als Anlageform und zur Pensionsvorsorge bleibt weiterhin sehr interessant."

Preisentwicklung und Wohnungsgrößen 2022

Aus dem aktuellen Immospiegel geht ebenfalls hervor, dass trotz erheblichem Mengenrückgang der Gesamtverkaufswert der 2022 gehandelten Wohnungen aber nahezu konstant blieb. Laut der Analyse fehlten nur 0,7 Prozent bei 14,81 Milliarden Euro Transaktionswert auf das Rekordjahr 2021. Im Vorjahr sind die Preise von Wohnimmobilien also insgesamt noch einmal deutlich gestiegen. Konkret war die Preissteigerungsrate bei Eigentumswohnungen 2022 exakt dieselbe wie 2021 - also +9,3 Prozent. Der Durchschnittspreis hat sich somit von 241.506 Euro auf 264.035 Euro erhöht.

Jede vierte in Österreich verbücherte Wohnung kostete weniger als 160.193 Euro, wie der Preisspiegel aller Verbücherungen 2022 zeigt. Mit einem Plus von 10.193 Euro war der Preisanstieg 2022 absolut geringer als 2021 (+12.000 Euro). Ausreißer nach oben waren Wien und das Burgenland, preisdämpfend im unteren Preisviertel dagegen die Steiermark und Tirol.

In der Mitte der Preisrange gingen die Wohnungspreise um exakt acht Prozent nach oben, mehr, nämlich gerade schon zweistellig in Oberösterreich, stärker in Wien, Kärnten und vor allem im Burgenland. Im oberen Viertel des Preisfeldes gab es mit +9,5 Prozent oder +30.554 Euro die höchsten Steigerungsraten. Laut REMAX ganz entgegen dem langjährigen Trend. Preistreiber auch im oberen Segment sind vor allem Wien, aber auch das Burgenland, Kärnten und Oberösterreich. Weit unter dem Bundesschnitt stiegen im oberen Segment die Wohnungspreise in der Steiermark und in Tirol.

Die Veränderungen bei den Wohnungsgrößen ist vernachlässigbar. So war die typische Wohnung 2022 68,6 Quadratmeter groß und somit um nur 0,27 Quadratmeter kleiner als 2021. Die Entwicklung der Quadratmeterpreise lag der Analyse zufolge mit einem Plus von 10,5 Prozent knapp über jener der typischen Wohnungspreise. Dies sei auf die geringfügig nach unten gegangenen Wohnungsgrößen zurückzuführen, so die beiden Experten.

Datenbasis

Für die Berechnungen des REMAX Immospiegels liefert die Datengrundlage IMMOunited in Form der Kaufvertragssammlung. Sie besteht aus allen tatsächlich in ganz Österreich verkauften und verbücherten Wohnungen. "Wir erheben Transaktionsdaten aus dem österreichischen Grundbuch und ergänzen diese z. B. um historisch erfasste Nutzwertgutachten, Flächenwidmungs- und Gebäudeinformationen aus dem Grundstücksverzeichnis sowie Daten aus Immobilieninseraten. So entstehen vollständige Transaktionsdatensätze, die für einen transparenten Immobilienmarkt sorgen und für unsere Partnerunternehmen eine wertvolle Entscheidungsgrundlage darstellen", sagt Roland Schmid, Eigentümer und Geschäftsführer der IMMOunited GmbH.

www.remax.at

www.immounited.com

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