Sommerreifentest 2023: Von sieben der 50 Pneus sollte man die Finger lassen

Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Testreihe wurden vom ÖAMTC und seinen Partnerclubs 50 Reifen geprüft – erstmals auch mit Nachhaltigkeitskriterien. Eine Erkenntnis: Billigreifen bremsen deutlich schlechter.

Die situative Winterausrüstungspflicht endet in Österreich zwar erst am 15. April, doch wer für die warme Jahreszeit neue Autoreifen braucht, sollte zumindest mit der Bestellung nicht allzu lange warten. Schließlich sollen die Sommerreifen bereits da sein, wenn die Zeit zum Wechseln gekommen ist. Aufgrund der riesigen Auswahl ist es für Ottonormalverbraucher:innen nicht unbedingt einfach, den Überblick zu behalten und sich für ein bestimmtes bzw. richtiges Fabrikat zu entscheiden. Abhilfe können dabei die jährlich durchgeführten Reifentests der Automobilclubs helfen.

Sieben Totalversager zum Jubiläum

Am Dienstag haben der ÖAMTC und seine europäischen Partner (ADAC, etc.) die Ergebnisse ihres großen Sommerreifentests 2023 präsentiert. Und groß ist dieses Mal keine Übertreibung. Denn da die 1973 erstmals durchgeführte Testreihe heuer ihr 50-jähriges Jubiläum feiert, wurden nicht weniger als 50 Reifen geprüft. Bei der Dimension haben sich die Expert:innen für 205/55 R16 entschieden, die vor allem in der unteren Mittelklasse verbreitet sind. Gleichzeitig wurden die Bewertungskriterien neu aufgestellt.

"Eine neue Zwei-Säulen-Bewertung berücksichtigt den Umweltaspekt stärker – dieser macht nun 30 Prozent der Gesamtwertung aus. Erstmalig finden damit auch Nachhaltigkeitskriterien Einzug in die Standardbewertung des Reifentests. Das wichtigste ist und bleibt aber die Fahrsicherheit, die 70 Prozent der Wertung ausmacht", erklärt ÖAMTC-Reifenexperte Steffan Kerbl. Das Ergebnis: Zehn Reifen schneiden "gut" ab, 21 "befriedigend", zwölf mit "genügend" und sieben erhalten ein "nicht genügend".

Umweltaspekte verstärkt geprüft 

Bei der "Umweltbilanz" der Reifen finden sich einerseits bekannte Kriterien wie die prognostizierte Laufleistung, der Kraftstoffverbrauch oder auch das Geräusch. Neu hinzugekommen sind Aspekte wie der Abrieb und das Gewicht eines Reifens sowie das Kriterium Nachhaltigkeit. Letzteres befasse sich laut den Tester:innen vor allem mit den Produktionsstätten bzw. den dazugehörigen Zertifikaten, aber auch dem Reifen selbst. Hierbei werde betrachtet, ob es sich um einen Neu- oder runderneuerten Reifen handle und ob am Reifen Produktionsrückstände vorhanden seien, die auf den ersten Kilometern unkontrolliert und unnötig in die Umwelt gelangen. Zudem wurde im Rahmen des Tests eine Schadstoffanalyse aller 50 Testprodukte bezüglich Nitrosamine und PAK (Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe) durchgeführt. Ergebnis: In keinem Reifen wurden Schadstoffe entdeckt.

In der Umweltwertung schneidet der "Michelin e.Primacy" als einziger "sehr gut" ab – mit einer voraussichtlichen Reichweite von 71.500 km. Gleichzeitig bringt das aber nur "genügende" Werte bei der Fahrsicherheit (Nässe) mit sich. Der bessere Allrounder sei hier der "Primacy 4+", ebenfalls von Michelin. Er schneidet im Sommerreifentest 2023 in der Umweltbilanz "gut" ab – aber gleichzeitig auch bei der Fahrsicherheit. Positiv bewertet wurden hier auch der "Goodyear Efficient Grip Performance 2" und der "UltraContact" von Continental. Der "DoubleCoin DC99" schneidet in der Umweltbilanz ebenfalls gut ab, aufgrund der schlechten Werte bei der Fahrsicherheit wird es am Ende allerdings ein enttäuschendes "nicht genügend".

Ergebnisse im Überblick

Sommerreifentest 2023Grafik-Download (PDF) per Mausklick © ÖAMTC

Fahrsicherheit: Große Unterschiede bei Nässe

Bei Trockenbremsungen aus 80 km/h bis zum Stillstand lagen zwischen dem besten und dem schlechtesten Reifen bemerkenswerte sieben Meter Unterschied. Dramatischer fielen die Werte bei Nässe aus, sagt Kerbl: "Zwischen dem besten und schlechtesten Reifen bei Nässe lagen erschreckende 25 Meter Bremsweg. Das bedeutet, wenn das erste Fahrzeug mit den 'Continental PremiumContact 6' zum Stehen kommt, würde ein Fahrzeug dahinter auf den 'DoubleCoin DC99' noch mit rund 52 km/h aufprallen. Das sind Geschwindigkeiten vergleichbar mit einem EuroNCAP-Crashtest. Tendenziell sind viele der schlechtesten Reifen bei Nässe Billigreifen. Hier sollte man im eigenen Interesse nicht sparen."

Die besten Werte in Sachen Fahrsicherheit erzielten der "Continental PremiumContact 6" und der "Nokian Tyres Wetproof". Alle sieben mit "nicht genügend" bewerteten Reifen fielen aufgrund der Nassbremsung durch.

Fazit

Abschließend zieht der Reifenexperte des Mobilitätsclubs folgendes Resümee: "Den perfekten Reifen gibt es nicht – aber viele gute und 'befriedigende'. Bei der Auswahl hilft unsere Test-Tabelle: Aufgeschlüsselt nach Fahrsicherheit und Umweltaspekten findet hier jeder etwas. Entscheidend ist das persönliche Fahrprofil. Der Preis sollte im Sinne der Sicherheit zweitrangig sein – ein deutlich kürzerer Bremsweg kann im Ernstfall entscheiden, ob es kracht oder nicht."

Hier kommen Sie ebenfalls zum Download der Ergebnis-Tabelle (PDF)

www.oeamtc.at

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