ORF-News-TV-Chefredakteur Schrom tritt nach Chat-Affäre ab

| Tobias Seifried 
| 09.11.2022

Mit dieser Entscheidung ist der "ZIB"-Chef dem Redakteur:innenrat zuvorgekommen. Generaldirektor Weißmann hat den Rücktritt bereits angenommen.

Kurz nachdem sich Matthias Schrom aufgrund der Chat-Affäre rund um den ehemaligen Vizekanzler Heinz Christian Strache beurlauben ließ, hat er seine Funktion als ORF-News-TV-Chefredakteur mit sofortiger Wirkung komplett zurückgelegt. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann hat am Mittwoch das entsprechende Angebot von Schrom angenommen. Mit seiner Entscheidung ist der "ZIB"-Chef dem Redakteur:innenrat zuvorgekommen. Die stellvertretende Chefredakteurin Eva Karabeg, bereits interimistisch mit der Redaktionsleitung beauftragt, wird bis auf weiteres verlängert.

Weißmann zollt Respekt

Weißmann kommentierte die Entscheidung wie folgt: "Ich nehme das Angebot von Matthias Schrom, seine Funktion als Chefredakteur zurückzulegen und damit die persönliche Konsequenz aus den veröffentlichten Chats zu tragen, an. Auch wenn die bisherige Amtsführung von Matthias Schrom untadelig und die ORF-TV-Information in den vergangenen vier Jahren bei Millionen Menschen in Österreich sehr erfolgreich war, sind es gerade das große Vertrauen in unsere Berichterstattung und die kompromisslose Glaubwürdigkeit unserer Journalistinnen und Journalisten, die einen Schritt wie diesen unausweichlich erscheinen lassen. Ich zolle Matthias Schrom Respekt für seine Entscheidung, weil er damit beweist, dass ihm das Interesse der Redaktion wichtiger ist als seine Funktion, und danke ihm für die hervorragenden Leistungen der ORF-TV-Information unter seiner Führung."

Hintergrund

In einem Bericht der WKStA wurden Chats zwischen Matthias Schrom und dem damaligen Vizekanzler H.C. Strache publik. Schrom war in dem Zeitraum der Chats (Frühjahr 2019) für die Berichterstattung auf ORF 2 verantwortlich.

In der Konversation zwischen Strache und Schrom ging es um die inhaltliche Ausrichtung der ORF-Berichterstattung sowie Personalwünsche der FPÖ beim öffentlich-rechtlichen Sender. Strache missfiel ein Bericht in der ZIB24, die damals auf ORF 1 lief. Der Standard hat am Wochenende Passagen der Chats veröffentlicht. Demnach schrieb Schrom über die Kritik von Strache: "Das ist natürlich unmöglich," und weiter: "Du weißt, ich bin ja nur für ORF 2 zuständig. ORF 1 (das noch viel linker ist) gehört ja Lisa Totzauer (und Wolfgang Geier)." Letztere war 2019 Channelmanagerin von ORF 1, Geier der Chefredakteur.

Schrom saß in stürmischen Zeiten am Steuer

Unter Matthias Schrom als Chefredakteur war die Nachrichtenlage mit zahlreichen nationalen und internationalen Krisen und Ereignissen konfrontiert (Stichworte Ibiza, Kanzler-Rücktritt, Corona-Pandemie, Sturm aufs Capitol, Wien-Attentat und Ukraine-Krieg). 

Im Rahmen der erwähnten Berichterstattungs-Schwerpunkte hätten sich laut dem ORF auch junge Journalist:innen bewährt, die Matthias Schrom ergänzend zum bestehenden "ZIB"-Team geholt und gefördert hat. Dazu gehören u. a. Tobias Pötzelsberger, Margit Laufer, Martin Thür, Matthias Westhoff, Simone Stribl, Peter Teubenbacher, Stefan Lenglinger und zuletzt Alexandra Wachter.

Weiters sei unter Schrom die tägliche ORF-TV-Information erfolgreich ausgebaut worden, etwa mit der ZIB 2 am Sonntag oder den Info-Magazinen "Aktuell nach eins" und "Aktuell nach fünf".

www.orf.at

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV