Presserat ortet verdeckte Werbung in der Tiroler Tageszeitung

"Beiträge wie aus einem Werbeprospekt für Hofer und Spar." 

Der Presserat sieht verdeckte Werbung für große Handelsketten in redaktionell wirkenden Beiträgen der Tiroler Tageszeitung. Konkret befasst sich Senat 3 mit den Beiträgen "Mit Bettwäsche von Hofer winken Träume", "Kika und Leiner an diesem Sonntag offen", und "Die Stickermania von Spar führt diesmal nach Atlantis", alle erschienen in der Tiroler Tageszeitung in der Rubrik "Menschen und Märkte". Nach Meinung des Senats verstoßen die Beiträge gegen die Punkte 3 (Unterscheidbarkeit) und 4 (Einflussnahme) des Ehrenkodex für die österreichische Presse.

"Perfekte Weihnachtsgeschenke und tolle Rabatte"

Im Beitrag "Mit Bettwäsche von Hofer winken Träume" werde ausgeführt, dass das Bett mit der bei Hofer angebotenen Bettwäsche "zur Wohlfühloase" werde und es sich hierbei um das "perfekte Weihnachtsgeschenk" für Kinder handle, zudem werden die Ausstattungsmerkmale der Bettwäsche im Detail beschrieben. Im Beitrag "Die Stickermania von Spar führt diesmal nach Atlantis" werden Preise und die anbietenden Supermärkte genannt, weiters kommt ein Vorstandsmitglied der Spar Holding AG ausführlich zu Wort. Im Beitrag "Kika und Leiner an diesem Sonntag offen" ist schließlich von "Tollen Rabatten", Möbel "für jeden Wohnbereich und jedes Budget" oder "traumhaft inspirierende Wohnwelten" die Rede.

Ein Leser kritisierte, dass sich die Beiträge wie eine Presseaussendung des jeweiligen Unternehmens lesen würden. Folglich seien die Beiträge als Werbung mit einem entsprechenden Hinweis zu versehen, so der Leser.

Weder Entgelt noch sonstige vermögenswerte Leistungen

Die Medieninhaberin nahm am Verfahren durch ihren Rechtsanwalt teil. In einer schriftlichen Stellungnahme wurde betont, dass für die Beiträge weder Entgelt noch sonstige vermögenswerte Leistungen erbracht worden seien. Bei der Rubrik "Menschen und Märkte" handle es sich um eine Rubrik, in der Beiträge mit wirtschaftlichem Konnex veröffentlicht werden. In diesem Kontext würden Presseaussendungen von Unternehmen redaktionell verwertet, wobei deren Aussendern keine Mitsprachebefugnis zukomme, so der Rechtsanwalt. In der mündlichen Verhandlung konnte vom Rechtsanwalt nicht bestätigt werden, dass bei den genannten Beiträgen vom Medium zusätzliche bzw. eigenständige Rechercheschritte unternommen wurden.

Der Senat weist zunächst auf die Bestimmungen des Ehrenkodex hin, wonach es den Leser:innen möglich sein muss, zwischen (bezahlter) Werbung und redaktionellen Beiträgen unterscheiden zu können. Nach der bisherigen Entscheidungspraxis ist es für einen Verstoß gegen den Ehrenkodex nicht erforderlich, dass es tatsächlich zu einer Einflussnahme Außenstehender auf redaktionelle Inhalte gekommen ist. Es reicht vielmehr bereits aus, wenn Werbung von unabhängiger redaktioneller Berichterstattung nicht klar abgegrenzt wird. Dabei sind neben der optischen Aufbereitung des Beitrags – gewisse Beiträge sind aufgrund ihrer Gestaltung von vornherein als Werbung erkennbar – vor allem die Formulierungen im Beitrag entscheidend.

Völlig unkritische Werbesprache

Die drei zu prüfenden Beiträge seien in Hinblick auf Layout und Schriftbild so wie redaktionelle Beiträge gestaltet, so der Senat weiter. Um zu prüfen, ob in den Beiträgen werbliche Formulierungen überwiegen, unterzog der Senat die Beiträge daher einer inhaltlichen Analyse und gelangte zum Ergebnis, dass der werbliche Charakter der drei Beiträge evident ist: Die angebotenen Produkte bzw. die betreffenden Unternehmen werden durchwegs positiv und völlig unkritisch dargestellt, weiters würden die Ausstattungsmerkmale der Produkte in offenkundiger Werbesprache angepriesen.

Nach Meinung des Senats könnten die Berichte ebenso aus einer Werbebroschüre stammen; die Leser:innen sollen augenscheinlich dazu verleitet werden, die Filialen der anbietenden Handelsunternehmen aufzusuchen, um die angepriesenen Produkte zu erwerben. Dass die Beiträge unter der Rubrik "Menschen und Märkte" veröffentlicht wurden, bewertet der Senat nicht als ausreichende Kennzeichnung der werblichen Beiträge.

Das Ergebnis

Im Ergebnis wurde die aus medienethischer Sicht erforderliche Unterscheidung zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten im Sinne der Punkte 3 und 4 des Ehrenkodex missachtet. Die Leser:innen wurden demnach in die Irre geführt. Die Medieninhaberin der Tiroler Tageszeitung wurde aufgefordert, freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten. Die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats wurde anerkannt. (jw)

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