"In Krisenzeiten wird mehr Champagner getrunken"

| 02.06.2022

Eugen Lamprecht, Mitglied der Geschäftsleitung bei Schlumberger Österreich und Top-Spirit-Geschäftsführer, im Interview über enorme Absatzsteigerungen, das All-Time-High trotz Krisenzeiten, wann die Kunden auf Ersatzprodukte umsteigen und warum man mit "Undone" eine neue Marke gekauft hat.

Obwohl die vergangenen beiden Jahre von Unsicherheiten und Einschränkungen geprägt waren, konnte die Marke Schlumberger das historisch beste Ergebnis im Lebensmitteleinzelhandel erzielen. LEADERSNET hat dies zum Anlass genommen, Eugen Lamprecht, Mitglied der Geschäftsleitung bei Schlumberger Österreich und Top-Spirit-Geschäftsführer, zum Interview zu bitten. 

LEADERSNET: Man sagt, dass Krisen dazu dienen können, sich neu zu überdenken. Wie geht es Schlumbergers Vertriebstochter "Top Spirit" mit dem Krieg in der Ukraine?

Lamprecht: Aktuell sind die Auswirkungen des Krieges nur indirekt angekommen. Damit meine ich, dass diese nur eine Kategorie ganz konkret betreffen, nämlich den russischen Wodka. Kaum war die Krise da, haben sich schon einige prominente Marktteilnehmer das Thema zunutze gemacht und konstatiert: "Wir boykottieren das!" Diese Entscheidung hat allerdings nicht der Konsument getroffen. Wenngleich wir als Unternehmen eine klare Haltung gegenüber dem russischen Einmarsch in der Ukraine einnehmen und diesen uneingeschränkt verurteilen, treffen uns solche Reaktionen wirtschaftlich, nachdem wir mit Stolichnaya die wichtigste russische Wodka-Marke nach Österreich importieren. Der Konsument weicht einfach auf Ersatzprodukte aus. Er trinkt nicht weniger Wodka, obwohl Wodka per se ein russisches Produkt ist, sondern greift schlicht auf die Marken zurück, die erhältlich sind. Und er ist weit weniger politisch und weit weniger moralisch als die anderen Akteure. Dort, wo Stolichnaya noch erhältlich ist, wird er auch gekauft und getrunken. Der Endkonsument partizipiert hier weit weniger am Thema als angenommen.

LEADERSNET: Es heißt: In Krisenzeiten wird Champagner eher mehr getrunken als weniger. Woran liegt das?

Lamprecht: Richtig, wir vertreiben über das Schwesterunternehmen P.M. Mounier mehrere Champagnermarken und sind damit nun immer wieder ausverkauft. Champagner in der Gastronomie wie auch im privaten Bereich boomt, und zwar insbesondere Premium- und Luxuschampagnermarken wie Louis Roederer. Wenn man sich anschaut, wie sich die Geschäftslage in Krisenzeiten entwickelt, sieht man immer, dass es – plakativ ausgedrückt – Krisengewinner und -verlierer gibt. Diejenigen, die schnell genug adaptieren, können ausgerechnet in solchen Situationen noch einmal zulegen. Luxusgüter werden in Krisen- und Kriegszeiten sehr gerne vermehrt von eben diesen Leuten, aber nicht unbedingt von der Normalbevölkerung konsumiert. Die "normale" Bevölkerung trifft eine Krise immer am härtesten, weil jemand aus einem Angestelltenverhältnis heraus wenig Möglichkeiten hat, sein "Geschäftsmodell" anzupassen. Wer indes über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, kann das Geschäft, so es nicht mehr gut läuft, schnell anpassen. Hier hilft auch das in solchen Kreisen vorhandene Netzwerk. Kurzum, Krisen sind nicht besonders egalitär. Die Klientel, die ohnehin schon Champagner trinkt, trinkt diesen auch in Krisenzeiten. Und wohl ausgerechnet dann.

LEADERSNET: Wie war die Performance von Schlumberger während der Covid-Krise?

Lamprecht: Wir hatten im letzten Jahr die beste Performance in über 20 Jahren und haben mehr als 1,5 Millionen Flaschen Schlumberger-Sekt allein im Inland verkauft. Das ist ein All-Time-High. Insgesamt sind wir aber nicht nur im Schaumwein-Bereich gewachsen, sondern auch bei anderen alkoholischen Kategorien. Egal ob Rum, Whiskey oder Wodka.

LEADERSNET: Die Schließung der Gastronomie hat Ihnen also nicht weh getan?

Lamprecht: Doch. Allerdings muss man festhalten, dass wir aufgrund unserer Portfoliostärke – wir haben über 1500 Artikel im Sortiment – diversifizieren können. Es traf Marken, die gastro-lastig sind, naturgemäß sehr viel stärker als andere. Das, was wir im Handel aber dazugewinnen konnten, hat jenen Teil aufgewogen, den wir durch die Schließung der Gastro verloren haben. Wie gesagt, es traf unterschiedliche Marken in unterschiedlichem Maße. Es gibt einige Kategorien, die komplett eingebrochen sind, ausländisches Mineralwasser zum Beispiel.

LEADERSNET: Sie haben eine neue Marke gekauft. Was macht diese aus? Und warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen?

Lamprecht: Das stimmt, wir sind bei "Undone" eingestiegen. Das ist eine Marke, die alkoholfreie Spirituosen produziert. Es ist ein Segment, das gegenwärtig auf kleinem Niveau wächst. Innerhalb dieser Nische ist die Marke sehr erfolgreich, wir konnten im ersten Quartal im Handel schon ein Wachstum um 33 Prozent verzeichnen. Es ist ein Segment, das gekommen ist, um zu bleiben. Die Leute möchten sich nicht einfach nur mehr "wegballern", wenn sie irgendwohin gehen. Gleichzeitig möchten sie aber auch nicht verloren im Raum stehen. Wenn ich an meine Jugendzeit zurückdenke: War man der Autofahrer, konnte man in einer Disco Cola oder Orangensaft trinken. Das ist wenig spannend. Mit alkoholfreien Spirituosen lässt sich nun aber ein ansprechender Cocktail zaubern.

LEADERSNET: Welche Produkte gibt es?

Lamprecht: Das Hauptprodukt ist alkoholfreier Gin. Dieser funktioniert unter anderem deshalb sehr gut, weil die prägnante Wacholder-Note sich in einem Mischgetränk wirklich durchschlägt. Auch Wermut ist eine wichtige Sorte; außerdem gibt es Bitter und Rum.

LEADERSNET: Stimmt es, dass man bei alkoholfreien Drinks einen Placeboeffekt erleben kann, weil man gelernt hat, dass Bar-Drinks betrunken machen?

Lamprecht: Das ist eine sehr spannende Frage. In der Tat glaube ich, dass da etwas dran ist. Man erkennt den Geschmack eines ansonsten alkoholischen Drinks wieder, die Stimmung ist gelöst, man ist ungezwungen. Und diese Ungezwungenheit wird möglicherweise mit einem leichten Schwips assoziiert.

LEADERSNET: Was wünschen Sie sich für die Sommersaison 2022?

Lamprecht: Dass wir endlich einmal wirklich eine Sommersaison haben, die losgelöst ist von den ganzen Einschränkungen der Vergangenheit, auch von Sorgen und Nöten. Eine Unbeschwertheit in 2022. Das wünsche ich mir. (ca)

www.schlumberger.at

www.topspirit.at

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