Umweltministerin Gewessler kündigt Pfand für Plastik an

Drei-Punkte-Plan im Kampf gegen die Plastikflut – Kritik von Wirtschaftskammer und Handelsverband, Lob von Greenpeace und Co.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hat am Montag einen Drei-Punkt-Plan gegen die Plastikflut präsentiert. Um Plastikmüll in Zukunft zu vermeiden, sollen neben verpflichtenden Mehrwegquoten für den Einzelhandel auch ein Pfandsystem und eine Herstellerabgabe für die Erzeuger von Plastikverpackungen eingeführt werden.

Damit soll nicht nur das Problem Plastikmüll in der Natur eingedämmt werden, sondern auch Zahlungen der Plastiksteuer an die EU vermieden werden. "Die Österreicherinnen und Österreicher wollen weniger Plastikmüll – das wollen wir alle. Mit dem Drei-Punkte-Plan gegen die Plastikflut gehen wir das jetzt an. Mehrwegquote, Pfandsystem und Herstellerabgabe: Das sind die Maßnahmen, die wir brauchen", so Gewessler in einer ersten Stellungnahme zum präsentierten Drei-Punkte-Plan.

Modell für Pfandsystem in Arbeit

Die verpflichtende Mehrwegquote soll dabei im neuen Abfallwirtschaftsgesetz festgeschrieben werden. Ein Modell für ein Pfandsystem werde derzeit vom Klimaschutzministerium gemeinsam mit den Stakeholdern erarbeitet. Das Ergebnis soll noch in diesem Jahr vorliegen. Gewessler: "Mit der Mehrwegquote geben wir den Konsumentinnen und Konsumenten die Wahlfreiheit zurück. Sie sollen entscheiden können, was sie kaufen. Und mit einem Pfandsystem verhindern wir das achtlose Wegwerfen von Müll in die Natur."

Die Herstellerabgabe zur Weitergabe der EU-Plastiksteuer wird im Rahmen der Budgetverhandlungen behandelt. "Wir brauchen das Geld für die Plastiksteuer in anderen Bereichen in Österreich dringender. Aus diesem Grund bin ich dafür, dass wir überall dort, wo es geht, Plastikmüll vermeiden – dafür brauchen wir die Mehrwegquote und ein Pfandsystem. Und den Rest werden wir an die Hersteller der Verpackung weitergeben. Damit diejenigen zahlen, die Verpackungen herstellen und nicht die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler", ist Gewessler überzeugt.

Aktuell fallen in Österreich jährlich 900.000 Tonnen Plastikmüll an. Laut Schätzungen des Umweltbundesamts werden es bereits 2021 eine Million Tonnen sein. Die Recyclingquote beträgt 25 Prozent, der Rest wird verbrannt. Auch die Mehrwegquote ist von 80 Prozent im Jahr 1995 auf aktuell 19 Prozent gefallen.

Handel wünscht sich stärkere Einbindung

Beim Handelsverband zeigt man sich überrascht darüber, dass im Vorfeld kein stärkerer Einbezug der betroffenen Handelsbetriebe erfolgt sei. Auch der Zeitpunkt der Bekanntgabe inmitten der Coronakrise wird kritisiert. "Wir halten nichts von einer gesetzlich verpflichtenden Mehrwegquote. Diese würde vor allem in Kombination mit einem Einwegpfandsystem viele kleine Lebensmittelhändler stark belasten und damit die Nahversorgung gefährden", so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.

Nicht nur kleine und mittelständische Händler hätten im Fall einer verpflichtenden Mehrwegquote "massive Mehrkosten" zu stemmen, auch die österreichischen Konsumenten müssten tiefer ins Börsel greifen, ist man beim Handelsverband überzeugt. Aus diesem Grund unterstützt der Handelsverband einen "10-Punkte-Plan für eine alltagstaugliche Kreislaufwirtschaft der heimischen Wirtschaft".

WKÖ: "Pläne wenig praxistauglich"

Mit Kritik spart auch die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) nicht. "Auch dem österreichischen Handel ist es ein Anliegen, die Plastikflut einzudämmen. Jedoch halten wir die Pläne von Bundesministerin Gewessler für wenig praxistauglich“, sagt Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der WKÖ. Alle drei von der Umweltministerin vorgeschlagenen Punkte würden Trefeliks Meinung zufolge zu "enormen Belastungen für den Handel" führen.

So könne Trefelik zufolge dem Handel nur schwer eine bestimmte Quote für Mehrwegflaschen vorgeschrieben werden: "Die Entscheidung, ob Mehrweg gekauft wird, liegt ja nicht bei uns, sondern beim Konsumenten. Was der Handel tun kann, ist, Mehrweg als Alternative zum Einweg anzubieten. Das machen wir bisher schon und werden wir in Zukunft noch verstärkt tun." Besonders belastend für den Handel wäre Gewesslers Vorschlag, ein Einwegpfand auf Pet-Flaschen einzuführen: „Das würde das Aus für viele kleine und mittlere Händler bedeuten. Denn der technische Aufwand sowie die Personalkosten wären enorm“, warnt Trefelik.

Applaus von Greenpeace und Global 2000

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace begrüßt den heute von Klimaministerin Leonore Gewessler vorgelegten Drei-Punkte-Plan gegen die Plastikflut. "Mit diesem Plastik-Plan führt an Mehrweg in Österreich kein Weg mehr vorbei", sagt Lisa Panhuber, Konsumexpertin bei Greenpeace in Österreich. "Die von den Diskontern oft vorgeschobene Verzögerungstaktik 'Warten auf die Politik' muss jetzt ein Ende finden.

Mehrwegverpackungen sind für Greenpeace die umweltfreundlichste Verpackungsform für Getränke und Milchprodukte. "Mehrwegflaschen können bis zu vierzig Mal wiederbefüllt werden und helfen dabei, die Müllberge zu verringern. Das ist der große Vorteil gegenüber Wegwerfflaschen", sagt Panhuber. "Daher müssen Mehrwegflaschen wieder die übliche Verpackungsart in Österreich werden. Mit dem heutigen Vorstoß von Ministerin Gewessler sind wir diesem Ziel ein großes Stück näher gekommen."

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch die Umweltschutzorganisation Global 2000. "Der Plastikmüll wächst uns über den Kopf. Dennoch werden in Österreich lediglich 25 Prozent der Kunststoffabfälle recycelt. Daher ist es höchste Zeit, wirkungsvolle Maßnahmen wie Mehrwegquoten und ein Pfandsystem gegen die Plastikflut zu setzen", erklärt Lena Steger, Ressourcensprecherin von Global 2000. "Wir sind erfreut, dass Ministerin Gewessler erkennt, dass Einwegpfand ein hochwertiges Recycling unterstützt und in Kombination mit Mehrwegquoten zu einer tatsächlichen Reduktion von Plastikmüll führt." (as)

www.bmlrt.gv.at

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV