Volkswagen: Diess als Markenchef abgelöst

Nach heftiger Kritik: Brandstätter übernimmt. 

Der Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess muss mit Ende Juni die Führung der Konzernmarke abgeben. Er gibt nicht komplett das Zepter aus der Hand, doch die Führung der Hauptmarke in der weltgrößten Autogruppe abzugeben ist ein großer Schritt. Ob diese Entscheidung freiwillig oder durch Druck von Außen getroffen wurde, ist unklar. Offiziell heißt es, Diess müsse "mehr Freiraum" für strategische Aufgaben erhalten. 

Heikle Situation

Klar ist Insidern zufolge jedoch: Wenn die Situation nicht angespannt wäre, dann wäre es nicht so weit gekommen. Der VW-Chef beklagte sich in einer Videokonferenz vor mehr als 3.000 Managern über das Durchstechen sensibler Informationen zu den Schwierigkeiten, mit denen der Hersteller zu kämpfen hat. Beim Aushängeschild Golf 8 hinkt die Produktion den Zielen dramatisch hinterher, Software-Probleme plagen das Modell, viele Mitarbeiter fühlen sich mit dem steigenden Druck allein gelassen. Auch der ID.3 verzögert sich.

Bei der Auto-Kaufprämie wagte sich Diess mit Forderungen weit vor und dann gab es noch ein Thema um die Kommunikation rund um ein rassistisches Internet-Werbevideo. Und die Frage, ob in einer solchen Gemengelage Diess' angeblicher Wunsch nach einer frühzeitigen Vertragsverlängerung als angemessen erscheint.

IG Metall offiziell "misstrauisch"

Die IG Metall stellte dem VW-Vorstand gar einen offenen Misstrauensbrief aus, man sei "zunehmend massiv besorgt", vermisse eine klare Krisenstrategie zu den Produktionsproblemen sowie zum öffentlichen Bild, das VW abgebe. Aber auch Diess fühlte sich offenbar angegriffen, weil Interna gestreut worden seien. Vorletzte Woche musste er sich im Aufsichtsrat erklären und erhitzte dort mit seinen Aussagen medienwirksam die Gemüter des eigenen Aufsichtsrats, wo neben Chefkontrolleur Hans Dieter Pötsch Vertreter der Familien Porsche und Piech, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, IG-Metall-Chef Jörg Hofmann und hohe Betriebsräte sitzen. "Dr. Diess wollte nicht zum Ausdruck bringen, dass sich Mitglieder des Aufsichtsrats strafbar gemacht haben", erklärte VW. 

Ralf Brandstätter als neuer Markenchef

Dennoch empfanden manche das offenbar als Untergraben der Autorität des obersten Konzerngremiums. So sehr, dass Diess "kurz vor dem Rauswurf" gestanden haben soll, wie Insiderstimmen munkeln. Nun soll Ralf Brandstätter vom Co-Geschäftsführer der Kernmarke zum operativ alleinzuständigen VW-Markenchef werden.

Nicht unbekannt ist auch die Tatsache, dass es zwischen VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und Herbert Diess seit langem kriselt. Schon beim Sparprogramm "Zukunftspakt" gerieten beide heftig aneinander, und nach einer ruhigeren "Friedensphase" entbrannte im Zusammenhang mit dem schwierigen Golf-8-Anlauf der Konflikt von neuem.

"Probleme müssen gelöst werden"

Nun dürfte dem Manager, der bisher Konzern und Kernmarke in Personalunion leitete, eine heikle Bewährungsprobe bevorstehen. Er habe seine Äußerungen als "unangemessen und falsch" entschuldigt, hieß es aus dem Kontrollgremium. "Die Mitglieder des Aufsichtsrates haben die Entschuldigung von Dr. Diess angenommen und werden ihn auch künftig bei seiner Arbeit unterstützen."

Die Familien Porsche und Piech stehen ebenfalls weiter zu Diess. "Herr Diess hat sich in aller Form entschuldigt", erklärten die VW-Mehrheitseigentümer, sprachen im selben Atemzug allerdings eine deutliche Mahnung aus: "Klar ist auch: Das Unternehmen muss jetzt in ruhigeres Fahrwasser kommen." Diess sei ein erfolgreicher Manager, der mit Elektrifizierung und Digitalisierung wichtige Themen vorangetrieben habe, betonte der Hauptaktionär Porsche-Holding. "Aber Probleme müssen gelöst werden." (red)

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