"Das sind die Marketing-Trends für 2020"

Agenturgründer und Unternehmer Georg Hofherr über das Branchen-Quo-Vadis der neuen Dekade: "Es kommt ein Jahrzehnt voll von radikaler Transformation und bewahrenden Lebensmodellen."

LEADERSNET: Was sagen Sie zum kommenden Jahr 2020?

Hofherr: 2020 ist schon eine magische Zahl, die zum Nachdenken anregt. Wie unlängst in Die Zeit zu lesen, war die letzte ähnliche Zahl 1010 und das nächste Mal wird 3030 sein. Das ist schon sehr besonders. Vor über tausend Jahren waren die Menschen bitterarm und haben sehr gottesfürchtig gelebt, weil sie an ein besseres Leben nach dem Tod geglaubt haben. Heute kommt mir vor, dass wir unser Leben zwar mehr im Hier und Jetzt leben, aber weniger Sinn verspüren. Die emotionalen Bindungen holt man sich über Konsum, Marken und Instagram-Inszenierungen. Das ist aber zu wenig und das zeigen auch die neusten Studien. Die Sehnsucht nach Normalität und Werten nimmt spürbar zu. Für Unternehmen heißt das, dass Werte, nachhaltiges Handeln und Transparenz wieder kaufentscheidend werden. Und ich denke, das ist gut so.

LEADERSNET: Das klingt nach unruhigen Zeiten?

Hofherr: So wie sich 1010 die Welt radikal verändert hat, ist es jetzt auch der Fall. In Zeiten der digitalen und gesellschaftlichen Transformation ist die Anpassung von Produktwelten, neuen Preismodellen und einer intelligenten Kundeführung überlebenswichtig. Noch nie zuvor war es so leicht möglich, selbst eine Direct-To-Consumer-Logik mit eigenen Absatzkanälen aufzubauen. David Packard, Gründer von Hewlett-Packard sagte bereits 1950: "Marketing is too important to be left to the Marketing Department." Machen Sie daher Marketing zu dem, was es ist: der Zukunftstreiber im Unternehmen.

LEADERSNET: Viele sagen, dass klassische Medien und der klassische Handel wegsterben? Was sagen Sie dazu?

Hofherr: Natürlich haben sich neue Kanäle entwickelt und keiner kann sich das tägliche Leben mehr ohne die vielen digitalen Helfer, Onlineplattformen oder Amazon vorstellen. Aber die Generation Z und Millenials lieben es auch in Geschäften einzukaufen, um schnell das Konsumbedürfnis ohne Wartezeiten zu erleben. Und die Silver Society, als am stärksten wachsende Konsumentengruppe, genießt weiterhin Fernsehen und Zeitung. Es kommt darauf an, wen ich ansprechen will. Es ist daher keine dogmatische, sondern eine rein pragmatische Frage, welche Kanäle ich künftig verwende.

LEADERSNET: Sie haben gesagt, dass die Silver Society die am stärksten wachsende Zielgruppe ist?

Hofherr: Klingt verrückt, ist aber logisch. Der demographische Wandel führt dazu, dass Europa jedes Jahr um 0,3 Jahre älter wird. Damit sind die über 60jährigen die am stärksten wachsende Zielgruppe. Dafür braucht es neue Produkte und Angebote. 40 Prozent der über 65-Jährigen nutzen Onlineshopping, um weiterhin unabhängig zu bleiben und die gewohnte Lebensqualität aufrecht zu erhalten. Beim Marken- und Preisbewusstsein gibt es keine signifikanten Unterschiede zu jüngeren Konsumenten.

LEADERSNET: Und was tut sich bei den Jungen?

Hofherr: Die sind sehr selbstbewusst und positiv. Sie wissen, dass am Arbeitsmarkt mehr Angebot als Nachfrage herrscht. Daher ist die Zukunftsangst gering. Sie wünschen sich wieder eine klare Trennung zwischen Job und Privatleben. Gesellschaftspolitisch heißt das Motto: grün, grüner, Greta! Bio-Märkte, EU-Plastikverordnung, Energiewende – der Megatrend Neo-Ökologie reicht in jeden Bereich unseres Alltags und sorgt für eine Neuausrichtung der globalen Gesellschaft und Politik. Doch alles mit der Ruhe, denn das ist ja kein neues Konzept, denn die öko-soziale Marktwirtschaft wurde von den bürgerlichen Parteien bereits in den 80iger Jahren entwickelt. Das wird eine spannende Melange im kommenden Jahrzehnt. Einerseits gibt es radikale Veränderung durch die Digitalisierung und andererseits die Sehnsucht nach bewahrenden Lebensmodellen.

LEADERSNET: Was raten Sie daher Unternehmen und Institutionen?

Hofherr: Es braucht eine klare Vision und Strategie, welche Antworten sie ihren Zielgruppen auf die vielen Fragen geben. Dafür würde ich mein Geld investieren. Nur wer diese „unsichtbare strategische Hand" für Mitarbeiter/innen und Kunden kreiert, wird potenzielle Reibungsverluste in Zukunftsenergie verwandeln. P8 Marketing hat daher eine eigene Abteilung "Strategie" aufgebaut. Damit unterstützen wir unsere Kunden, um weiterhin eine marktgerechte Ausrichtung im Spannungsfeld zwischen technologischer Transformation und bewahrenden Wertewelten aufzubauen. Strategisches Marketing mit konsequenter Umsetzung ist der Erfolgsgarant für das neue Jahrzehnt.

LEADERSNET: À propos 20 – auch eine wichtige Zahl für die von Ihnen gegründete Agentur, oder?

Hofherr: Schon wieder ein Zeichen! Ja, P8 Marketing ist jüngst 20 Jahre alt geworden. Für eine Agentur sind zwei Jahrzehnte in dieser schnelllebigen Marketingzeit schon ein stolzes Alter. Ich denke, dass wir im idealen Alter sind. Wir sind alt genug, um erfahren zu sein und jung genug, um kreative Dinge auszuprobieren. Wir haben ein neues Team aufgesetzt, das sich mit Market Intelligence beschäftigt. Wir denken mit unseren Kunden gemeinsam darüber nach, welche Marketingtechnologien mit künstlicher Intelligenz die Customer Experience verbessern und einen effizienteren Mitteleinsatz der Marketingbudgets ermöglichen. Dabei geht es sehr viel um Prozesse und neue Strukturen in Unternehmen. Da gibt es die kommenden Jahre viel Potenzial. Performance Marketing und Chat Bots sind dabei nur die ersten Zeichen einer radikalen Veränderung.

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