"Was hält Sie zurück?“: Wie man als weibliche Führungskraft zum Erfolg findet

LEADERSNET hat Joanne C. Hunger, Director of Western Union Business Solutions für Österreich, Zentraleuropa und Irland, zu einem Exklusivinterview getroffen.

Erfolg hat kein Geschlecht – oder doch? Für eine Ewigkeit schien es, als ob Karriere machen "Männersache" sei, und solange die Gehaltsschere zwischen Männer- und Frauenlöhnen klafft, wird auch die Diskussion über die Wichtigkeit von Frauen in Führungspositionen nichts an Relevanz einbüßen.

LEADERSNET hat eine heimische Leading Lady mit einem sehr internationalen Tätigkeitsfeld zu ihrem Schlüssel zum Erfolg befragt: Was Mut, Selbstreflektion und der unerschütterliche Wunsch, sich stetig zu verbessern, damit zu tun haben, erzählt uns Joanne Hunger im Exklusivinterview.

LEADERSNET: Frau Hunger, als Director von Western Union Business Solutions in Österreich, Zentraleuropa und Irland verkörpern Sie erfolgreiches Female Leadership in einem international tätigen Unternehmen. Was muss man zuallererst tun, um auf der Karriereleiter nach oben zu klettern und worin sehen Sie die Essenz von Erfolg?

J. Hunger: Wenn man immer bestrebt ist, besser zu werden, man einen guten Job macht und gut im Team arbeitet, wird einem das helfen, erfolgreich zu sein. Das habe ich im Laufe meiner Karriere, in der ich für internationale Unternehmen und in unterschiedlichen Ländern gearbeitet habe, gelernt.

Das ist die wichtigste Grundlage für Erfolg – das unerschütterliche Bestreben, jeden Tag besser zu sein als am Tag zuvor, aus Fehlern zu lernen und nie aufzuhören, zu reflektieren und eine helfende Hand sowohl zu reichen als auch dankend anzunehmen. Dieses Prinzip hat auch kein Geschlecht: ich bin der Überzeugung, dass – heute mehr als je zuvor – so jeder seine Ziele erreichen kann, wenn er es wirklich will.

LEADERSNET: Internationaler Zahlungsverkehr und Finanzmärkte sind seit Jahren ihr Tagesgeschäft – dennoch zeigen Studien, dass dies für Frauen im Allgemeinen immer noch ein eher ungewöhnliches Feld ist; eine überwältigende Mehrheit von Führungspositionen im Finanzsektor scheinen nach wie vor in männlicher Hand zu liegen. Wo liegen Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?

J.Hunger: Die Diskussion darüber, dass die Fin Servs Industrie noch immer eine Art Männerdomäne darstellt, gibt es tatsächlich. Doch in den über 20 Jahren, die ich nun schon in dieser Branche tätig bin, konnte ich eine recht dramatische Wende feststellen – und zwar eine Wende zum Besseren. Hier hat sich viel getan. Ja, als ich meine Karriere begonnen habe, waren so gut wie ausschließlich Männer in dieser Branche tätig – aber jetzt habe ich das Gefühl, dass es hier bereits eine große Anzahl weiblicher Vorbilder gibt und dass das Ungleichgewicht der Geschlechter im Finanzdienstleistungsbereich deutlich ausbalancierter ist, als es früher einmal der Fall war. Das bedeutet, dass wir heute mehr Frauen dabei beobachten können, wie sie höhere Positionen als je zuvor einnehmen.

Zudem arbeiten viele Unternehmen aktiv daran, das Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen am Arbeitsplatz zu fördern. Western Union ist eines dieser Unternehmen. Und zu Recht: Statistiken zeigen, dass Firmen, deren Führungsteams aus einer ausgeglichene Anzahl an Frauen und Männern bestehen, auch eine – zum Teil sogar deutlich – höhere Rendite aufweisen als solche, deren Senior Management ausschließlich aus Männern besteht.

Zusätzlich zu dem wirtschaftlichen Standpunkt gibt es so Vieles, was einen auf Geschlechterebene ausbalancierten Arbeitsplatz zu einem interessanteren und fruchtbareren Boden für ein erfolgreiches Business macht. Diversität erlaubt den Austausch von unterschiedlichen Ansichten und Ideen und ermöglicht Wachstum und Erfolg.

LEADERSNET: Female Leadership ist ein wichtiges und stets aktuelles Thema – heute mehr denn je. Weibliche "Erstbesetzungen" kann man gerade überall beobachten. Auch hier in Österreich kam es ja durch die Regierungssprengung zur ersten weiblichen Bundeskanzlerin der Geschichte. Was sind Ihre persönlichen Erfahrungen als Frau in einer Führungsposition und wie kommt man dorthin?

J. Hunger: Ich denke es ist wichtig, mutig und authentisch zu sein – egal wie schwer es sein oder scheinen mag. Es ist auch in Ordnung, verletzlich zu sein und diese Verletzlichkeit zu zeigen. Entscheidungen schnell zu treffen und diese auch rasch zu implementieren ist essentiell. Meine persönliche Erfahrung ist es, dass meine besten Entscheidungen jene sind, für deren Abwägung ich mir im Vorfeld Rat und Input aus den unterschiedlichsten Quellen geholt habe – und zwar intern und extern.

Sobald man eine Führungsposition bekleidet, ist es essentiell, ein starkes Management Team zu schaffen und dieses zu kultivieren. Menschen um sich zu haben, die einem genauso vertrauen wie man ihnen vertrauen kann, ebenso wie jene, die einen auf beruflicher Ebene herausfordern – das ist eines der wertvollsten Güter, die man im Business haben kann.

LEADERSNET: Stichwort starkes Team: Wie stark sind Sie in den Aufnahme- und Wachstumsprozess ihrer bzw. neuer Mitarbeiter involviert und wie viel Zeit bleibt für den oder die Einzelnen?

J. Hunger: Ich liebe es Teil dieser Prozesse zu sein, da mir mein Team sehr viel bedeutet – ganz genauso wie die Teams, die sie wiederum aufbauen, mir sehr wichtig sind. Meine direkten Mitarbeiter dabei zu unterstützen, ihre Teams zu bilden und aufzubauen, die alle aus den unterschiedlichsten Individuen mit noch unterschiedlicheren Talenten und Skillsets bestehen, ist mir ein wahnsinnig großes Anliegen und für mich einer der besten Aspekte meiner Rolle als Coach und natürlich als Führungskraft und Leiterin des Unternehmens. Distanziertes Delegieren aus der Chefetage ist nicht meine Herangehensweise – Menschen bei ihrer Entwicklung zu helfen und sie zu fördern und zu fordern ist mein absolutes Herzensthema, ich sehe es als meine Berufung an.

LEADERSNET: Wie wichtig ist Feedback-Kultur in Ihren Teams bzw. wie wichtig ist gegenseitiges Feedback auf Managementebene?

J. Hunger: Feedback ist ein Geschenk – auf jeder Ebene und in jeder Situation. Offen und empfänglich für Feedback zu sein – in welcher Form es auch kommen mag, positiv oder negativ – ist essentiell. Feedback hört nicht auf Managementebene auf. Nur, weil man sich in einer leitenden Position befindet, ist man nicht allwissend oder gar unfehlbar. Darum ist es umso wichtiger Feedback auf eine ehrliche und stets wertschätzende Art und Weise zu behandeln – egal in welcher Position man ist, und egal ob man es gibt oder erhält. Das ist eine wichtige Fähigkeit, die es wert ist, sie zu entwickeln und zu pflegen.

LEADERSNET: Wie wichtig ist ein gutes Netzwerk und welche Rolle kommt dem Networking am Weg zur Verwirklichung von Karrierezielen zu?

J. Hunger: Ein gutes Netzwerk ist unbezahlbar. Ich habe gelernt, dass es wahnsinnig hilfreich sein kann, wenn man auf den konstruktiven Input und die Unterstützung eines Netzwerks bauen kann, dem man vertraut, wenn man seinen Weg in einem Unternehmen macht – sowohl intern als auch extern. Es gibt bereits so viele spezifische Networking Organisationen da draußen – sei es auf die eigene Branche oder das eigene Geschlecht bezogen. Wenn man Zeit in diese Netzwerke investiert, hilft das nicht nur dabei, das Selbstbewusstsein zu stärken, sondern erlaubt es auch, seine Hoffnungen und Ängste, sowie Ziele, Pläne und Ideen in einem sicheren, verständnisvollen Umfeld zu äußern. Netzwerke sind der Nährboden für Karrieren. Außerdem helfen sie dabei, Menschen in derselben oder einer ähnlichen Situation wie der eigenen zu treffen und sich mit ihnen über Gedanken und Ideen auszutauschen.

Ich selbst habe beispielsweise ein eigenes Irisches Business Network in Wien aufgebaut und den Vorsitz über ein Netzwerk für Frauen im Banking in England geführt. Ich finde diese Netzwerke absolut essentiell und so unschätzbar wertvoll für meine persönliche Entwicklung.

"Perfektionismus kann eine Bremse sein"

Joanne C. Hunger © Western Union Business Solutions

LEADERSNET: Sie haben ihren Weg in einer Branche gemacht, in der – zumindest bis heute – Männer zu dominieren scheinen und könnten von vielen jungen Frauen mit hohen Karriereambitionen als Vorbild gesehen werden. Welchen Rat würden Sie Frauen geben, die an die Spitze wollen? Welche wichtigen Grundwerte und Richtlinien würden Sie Ihnen, ungeachtet der Branche, mitgeben wollen?

J. Hunger: Eine der wichtigsten Lektionen, die ich im Laufe meiner Karriere gelernt und verinnerlicht habe, ist es, dass Perfektionismus eine Bremse sein kann. Wenn man ein Verhalten, das ich über die Jahre beobachtet habe, als mehrheitlich "weiblich" bezeichnen kann, dann ist es definitiv jenes, dass wir uns oft von unseren (zu) hohen Ansprüchen an uns selbst zurückhalten lassen. Wenn wir, als Frauen, uns bei der Jobsuche die Beschreibungen und Anforderungen für eine neue Tätigkeit ansehen, fokussieren wir uns viel mehr auf die Dinge, in denen wir weniger Erfahrung haben als auf jene, die wir als unsere Stärken bezeichnen können. Oft führt das dann zu der Entscheidung, sich gar nicht erst für einen Job zu bewerben, weil man glaubt, dass man eine Anforderung nicht zu 100 Prozent erfüllen kann – anstatt dies zum Ansporn zu nehmen um etwas Neues zu lernen und es als Möglichkeit und Chance zu sehen, sich in diesem Bereich weiterzubilden und diese Fähigkeit zu erwerben oder zu vertiefen. Ich glaube, dass es hilft, selbstbewusst zu sein und sich auf die Dinge und Elemente zu konzentrieren, in denen wir uns qualifiziert fühlen.

Zudem ist es sehr wichtig, eine klare Vorstellung seiner Karrierewünsche zu haben und diese im Unternehmen auch verbalisieren zu können. Um seine Ziele zu erreichen und nicht vom Weg abzukommen, ist es unschätzbar wertvoll, einen Mentor oder Coach zu haben. Darum ist es definitiv klug, einen solchen innerhalb des Unternehmens, in dem man arbeitet, zu finden. Diese erfahrenere Person kann eine große Hilfe dabei sein, sich sowohl in der Unternehmensstruktur als auch auf dem eigenen Karrierepfad zurechtzufinden.

Meine Mentorin war COO einer großen internationalen Bank und ist auch noch heute, mehr als 15 Jahre später, meine Bezugsperson – und das obwohl wir in unterschiedlichen Ländern mit verschiedenen Zeitzonen leben und für unterschiedliche Unternehmen arbeiten.

LEADERSNET: Wir würden gerne einen genaueren Blick auf die Zahlen bei Western Union werfen: wie hoch ist der Anteil an Frauen, der bei Western Union beschäftigt ist und welche Positionen bekleiden ihre weiblichen Angestellten bzw. Frauen bei WU generell?

J. Hunger: Western Union ist ein sehr gutes Beispiel für ein Unternehmen, das Gender Diversity groß schreibt. Wir achten darauf, dass Frauen, die an die Spitze gehören, auch dorthin kommen. Das ist nur einer der vielen Gründe, warum ich so stolz bin, für dieses Unternehmen zu arbeiten. Global gesehen sind 50 Prozent der Angestellten bei Western Union Frauen. Unsere Geschäftsleitung wird zu 40 Prozent von Frauen gestellt und wir haben drei weibliche Vorstände. Zudem haben wir mit unseren "Women@WU" eine ausschließlich weibliche Senior Beratergruppe. Ein Hauptfokus dieser Gruppe ist es, den weiblichen Erfolg innerhalb der Western Union Gruppe zu stärken und zu fördern. Das ist nur einer der vielen Gründe, warum ich so stolz darauf bin, für dieses Unternehmen zu arbeiten und ich liebe es, zukünftige weibliche Führungskräfte auf ihrem Weg nach oben zu unterstützen.

LEADERSNET: Haben Sie ein persönliches Credo, oder eine Art Leitsatz, nach dem sie leben und ihr Team führen?

J. Hunger: "Was habe ich heute besser gemacht als gestern?" Das ist die eine Frage, die ich mir selbst jeden Tag aufs Neue stelle. Ich finde es so unheimlich wichtig, mir die Zeit zu nehmen um darüber zu reflektieren, was mir wichtig ist und mich selbst zu fragen, ob meine Handlungen mit meinen Zielen übereinstimmen. Ob ich dazu beigetragen habe, mein eigenes Team weiterzuentwickeln und ob ich anderen dabei geholfen habe, ihre Ziele zu verwirklichen. Selbst-Reflektion hilft nicht nur dabei, sich selbst, sondern auch sein Business weiterzuentwickeln – wer wirklich erfolgreich sein möchte, kann nicht eines ohne das andere tun.

LEADERSNET: Zum Abschluss noch ein kleiner Blick in Ihren Alltag – wie sieht ein typischer Tag im Leben von Joanne Hunger aus?

J. Hunger: Keiner meiner Tage gleicht dem anderen, und ich glaube, dass genau diese Abwechslung etwas ist, was mich tagtäglich motiviert. Die Verantwortung für eine große Region zu tragen bedeutet, dass ich viel reisen darf und Teams in unterschiedlichen Ländern führe, die verschiedene Sprachen sprechen und unterschiedlichen Arbeitskulturen folgen. Das hält mich wirklich auf Trab! Was meinen Tagen allerdings gemeinsam ist, ist, dass ich versuche, jeden Tag mit einem positiven Gefühl zu beginnen. Wo immer ich auch gerade sein mag, ich spreche mit meinen Liebsten und nehme aus dem Kontakt mit ihnen viel positive Energie in und für den Tag mit. Am Ende eines jeden Tages frage ich mich, was ich heute gelernt habe und was ich besser machen hätte können und wie. Aber ich räume auch den Erfolgserlebnissen des Tages ihren Platz ein und nehme diese mit in den nächsten Tag.

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