Die "neue Seidenstraße": vom feuchten Wirtschaftstraum bis zum Öko-Albtraum

Monsterprojekt wird mit Skepsis und Hoffnung gleichermaßen verfolgt – ÖBB-Chef Andreas Matthä: "Nicht dabei sein wäre ein Fehler."

Die Volksrepublik China schmiedet große Pläne. Eine "neue Seidenstraße (One Belt, One Road)" – das 1.300 Milliarden US-Dollar schwere Infrastruktur-Projekt will Europa, Zentralasien und den Fernen Osten besser miteinander vernetzen – soll sowohl Wirtschaft als auch Gesellschaft und Politik als verbindendes Element dienen.

Mögliche Auswirkungen und Chancen dieser "neuen Seidenstraße" wurden am Montag bei der Top Speakers Lounge der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein (HKSÖL) von der Schweizer Staatssekretärin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch gemeinsam mit dem ÖBB-Holding-Vorstandsvorsitzenden Andreas Matthä, Palfinger-Vorstand Martin Zehnder und Gao Xingle, Botschaftsrat der Volksrepublik China im Rahmen einer Podiumsdiskussion skizziert. Durch die Veranstaltung führte Peter A. Fischer, Leiter der Wirtschaftsredaktion Neue Zürcher Zeitung (NZZ).

Skepsis versus Hoffnung bei mitteleuropäischen Firmen

Hierzulande wird das gigantische Projekt mit einer Mischung aus Skepsis und Hoffnung verfolgt, trotz weitreichender Kompetenzen sind Unternehmen in Österreich, der Schweiz und Liechtenstein zu klein sind. "Daher sollte man Konsortien bilden, um den Zugang zu den Projekten zu ermöglichen", so Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch.

Danach sprachen ÖBB-Holding-Vorstandsvorsitzendem Andreas Matthä, Palfinger-Vorstand Martin Zehnder und Gao Xingle, Botschaftsrat der Volksrepublik China über die maßgebenden Details. Die Beteiligten kamen überein, dass das Projekt Belt & Road nur dann zum Erfolg führen kann wenn internationale Spielregeln und Standards ausreichend Beachtung finden.

Angst vor Innovationsdiebstahl und Sozial-Sünden

Palfinger-Vorstand Martin Zehnder erklärte anhand eines seiner Großprojekte zu verwirklichen, dass China "nicht wirklich ein freier Markt" sei, "denn die Chinesen machen vieles ausschließlich mit den eigenen Leuten und den eigenen Investoren". Deswegen habe Palfinger ein Joint Venture mit einer chinesischen Firma gegründet, da es viele China-exklusive Lizenzen gebe – dieses Joint Venture habe man durch ein zweites Joint Venture absichern müssen, so Zehnder.

"Nicht dabei zu sein, wäre ein Fehler, immerhin liegen wir an drei transeuropäischen Achsen und wären eine echte Drehscheibe. Aber ich blicke nicht nur mit Neid nach China, wo 2000 km Strecke im Jahr gebaut werden. In Europa kann man kaum mehr etwas oberirdisch planen. Doch ich lebe auch gerne in einem sozialen Umfeld, das die Bedürfnisse der Anrainer berücksichtigt", hielt ÖBB-Holding-Vorstandsvorsitzender Andreas Matthä dagegen.

Ein "Albtraum aus Stahl und Beton"

Gao Xingle, der Botschaftsrat der Volksrepublik China in Österreich, machte abschließend auf die Kehrseite der Umwelt-Medaille aufmerksam: "Einerseits ist Belt & Road der Chinesische Traum schlechthin. Andererseits ist es aber auch ein Albtraum aus Stahl und Beton. Auch die 1,4 Milliarden Chinesen möchten unter einem blauen Himmel leben und klare Luft wie in Europa atmen. Das wird aber noch Jahrzehnte dauern", so Xingle.

Bei der Top Speakers Lounge gaben sich unter anderen Heinz Felsner (Präsident der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein), Jozef Sikela (Vorstandsmitglied der Erste Group), Walter Haffner (Schweizer Botschafter), Wolfgang Lackner (Europäische Reiseversicherung), Ingo Bleier (Erste Group Bank), Michele Coduri (Schweizerische Botschaft), Alexander Biach (Hauptverband), Alexander Riklin (ALCAR Holding), Matthias Wechner (Trenkwalder), Christophe Ceska (Außenministerium), Gerhard Frei (Emmi Österreich), Nikolaus Kawka (Zühlke Engineering), Walter Krahl (Verkehrsbüro Ruefa Reisen), Berthold Maier (Wiener Privatbank), Universitätsprofessor Stefan Schleicher (Universität Graz), Rechtsanwalt Lukas Panytsch (Burka Vitek Moser), Heinz Stiastny (ZRK Zentrum für Risiko und Krisenmanagement) sowie Peter Schnieper (Schindler Aufzüge und Fahrtreppen), Wolfgang Natich (Bundesministerium f. Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) und Robert Hanreich (Hanreich Consulting) die Ehre.

Wer sich noch unter das Publikum der Podiumsdiskussion rund um die Belt & Road Initiative mischte, sehen Sie in unserer Galerie. Fotos vom Railway-Congress-Galadinner in der Hofburg finden Sie in dieser Galerie. (red)

www.rail-congress.at

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