"Mitarbeiter müssen Klarheit darüber haben, was von ihnen verlangt wird"

Helvetia-Personalchef Bernd Allmer über Top-Arbeitgeber, Work-Life-Balance und warum es keine Alternative zu Meetings gibt.

Seit knapp vier Jahren leitet Bernd Allmer den Human Ressources-Bereich bei Helvetia. Der Versicherer konnte in dieser Zeit eine Reihe von Auszeichnungen als Top-arbeitgeber einheimsen. LEADERSNET hat Allmer zum Interview getroffen und sich mit ihm über die Geheimnisse erfolgreicher Personalpolitik, die Bedeutung von Auszeichnungen, worauf die Helvetia bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter achtet und was eine effektive Hierarchie auszeichnet, unterhalten.

LEADERSNET: Die Helvetia ist in den vergangenen Jahren immer wieder als Top-Arbeitgeber ausgezeichnet worden, sei es 2016 von kununu oder heuer vom Wirtschaftsmagazin trend. Was bedeuten Ihnen diese Auszeichnungen?

Allmer: Diese Auszeichnungen bedeuten uns natürlich viel. Zufriedene Mitarbeiter sind engagierte Mitarbeiter. Sie sind das Um und Auf für einen guten Kundenservice, der uns besonders am Herzen liegt. Wir sind überzeugt, dass wir unsere Kunden nur dann wirklich gut servicieren können, wenn wir auch unsere Mitarbeiter gut servicieren.

LEADERSNET: Was zeichnet einen modernen attraktiven Arbeitgeber in der Versicherungs- und Finanzbranche Ihrer Meinung nach aus?

Allmer: Aus unserer Sicht ist das Wichtigste eine Kultur des guten und fairen Umgangs miteinander. Dazu gehört eine Arbeitsumgebung, die Sinn und Werte vermittelt und damit die Leistungsorientierung und das Wohlfühlen der Mitarbeiter stärkt. Die Mitarbeiter müssen den nötigen Gestaltungsspielraum haben, um sich persönlich zu entwickeln und zu verwirklichen. Und natürlich spielt in der Finanzbranche auch die öffentliche Wahrnehmung bei Kunden, Partnern und Mitarbeitern eine zentrale Rolle. Es braucht eine klare Ausrichtung und eine solide finanzielle Basis. Hier können wir als erfolgreiches und wirtschaftlich gesundes Unternehmen mit Schweizer Wurzeln natürlich punkten.

LEADERSNET: Worauf achtet die Helvetia bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter?

Allmer: Wir achten vor allem auf den persönlichen Fit mit unserer Unternehmenskultur. Unsere Mitarbeiter sollen Vertrauen, Dynamik und Begeisterung aktiv leben und den richtigen Spirit mitbringen. Agiles, innovatives und kundenzentriertes Denken und Handeln und eine ausgeprägte Servicementalität sind uns dabei sehr wichtig.

LEADERSNET: Arbeitnehmer legen immer mehr Wert auf individuelle Work-Life-Konzepte. Wo liegen die Herausforderungen für einen Arbeitgeber auf die unterschiedlichen Wünsche und Anforderungen der Mitarbeiter einzugehen?

Allmer: Die Wichtigkeit einer individuellen Work-Life-Balance ist eng verknüpft mit den unterschiedlichen Bedürfnissen je Generation. Dabei spielen die heterogenen Sinn- und Arbeitswerte und bevorzugten Lernstile der Generationen eine zentrale Rolle. Je nach Alter und Lebenssituation haben die Mitarbeiter völlig unterschiedliche Erwartungen und Ansprüche. Es ist daher essenziell, die Akzeptanz und das Verständnis für diese unterschiedlichen Bedürfnisse und Lernstile intern zu fördern und auf diese möglichst individuell einzugehen.

LEADERSNET: Das sogenannte Employer Branding hat in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Welche Maßnahmen setzt die Helvetia um potentiellen Bewerbern zu signalisieren, dass Sie ein attraktiver Arbeitgeber sind?

Allmer: Helvetia hat eine Employer Value Proposition (EVP) entwickelt. Diese beantwortet im Kern die Frage: Wofür stehen wir als Arbeitgeber? Wir versuchen, mit potentiellen Bewerbern möglichst frühzeitig und zielgruppenspezifisch an verschiedensten Touch Points in Kontakt zu treten. Dabei ist es uns wichtig, potentiellen zukünftigen Mitarbeitern über den gesamten Recruitingprozess hinweg ein authentisches Bild des Unternehmens, des Arbeitsumfelds und der zukünftigen Tätigkeit zu geben und klar aufzuzeigen, wodurch wir uns von unseren Mitbewerbern differenzieren.

LEADERSNET: Die Versicherungs- und Finanzbranche könnte eine jener Sparten sein, die am stärksten von der Robotik betroffen sein könnte. Was wird das für Sie als Arbeitgeber bedeuten?

Allmer: Robotik wird in der Versicherungsbranche langfristig sicher zur Steigerung der Effizienz und der Servicequalität beitragen. Es werden dadurch in Zukunft höherwertigere Jobs entstehen. Wir als Arbeitgeber sind dadurch in zweierlei Hinsicht gefordert: Einerseits müssen wir Mitarbeiter rekrutieren, die über Qualifikationen verfügen, die heute im Unternehmen noch gar nicht vorhanden sind. Andererseits müssen wir die bestehenden Mitarbeiter besser aus- beziehungsweise weiterbilden, damit sie den neuen Arbeitsanforderungen gerecht werden.

LEADERSNET: Tesla-Chef Elon Musk ist der Meinung, dass die meisten Meetings in Unternehmen überflüssig und sogar Zeitverschwendung sind. Wie halten Sie von dieser Einschätzung?

Allmer: Für mich hängt das stark von der Meeting-Kultur im Unternehmen ab. Eine Professionalisierung der Vorbereitung, Gestaltung und Dokumentation von Besprechungen trägt sicher dazu bei, dass sie weder überflüssig noch Zeitverschwendung sind. Eine gleichwertige Alternative zu Meetings sehe ich jedenfalls nicht.

LEADERSNET: Was zeichnet eine effektive Hierarchie aus?

Allmer: Ausschlaggebend ist eine nicht zu große Führungsspanne und professionelle Führungskräfte, die einen guten Kommunikationsfluss sowohl top-down als auch bottom-up sicherstellen. In einer effektiven Hierarchie müssen Mitarbeiter über wichtige formelle und informelle Themen, Entwicklungen und Projekte informiert werden. Gleichzeitig sollen Ideen und Verbesserungsvorschläge transparent an das Management kommuniziert und umgesetzt werden. Mitarbeiter müssen in diesem Zusammenhang einerseits Klarheit darüber haben, was von ihnen verlangt wird und wo sie leistungsmäßig stehen. Andererseits müssen die Führungskräfte klären, welche Bedürfnisse und Potenziale ihre Mitarbeiter haben.

www.helvetia.at

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