"Dem Kunden einen Schritt voraus zu sein, ist das Minimum"

Serviceexpertin Sabine Hübner erklärt im Interview, warum Service ein unterschätzter Erfolgsfaktor ist, welche Rolle Empathie spielt und warum Druckausübung auf Mitarbeiter falsch ist.

"Wer Service verbessern will, muss Menschen bewegen", so lautet die Devise von Sabine Hübner. LEADERSNET hat die seit 20 Jahren erfolgreiche Unternehmerin, international gefragte Vordenkerin und Rednerin, Service Performance Beraterin der Top-Player in Deutschland, Österreich und der Schweiz, zum Interview gebeten.

LEADERSNET: Was macht Servicekultur eigentlich aus?

Hübner: Servicekultur ist ein fortwährender Prozess, der sich dynamisch weiterentwickelt – mehr noch: der aktiv weiter entwickelt werden muss. Denn Servicekultur betrifft die Haltung jeder Führungskraft und jedes Mitarbeiters. Überzeugend gelebt, macht Servicekultur Unternehmen unverwechselbar. Doch die Arbeit an der eigenen Haltung ist kein Spaziergang – sondern tägliche Herausforderung! Ich sage: Service ist kein Projekt, Service ist eine Haltung. Und Haltung macht genau den Unterschied, den der Kunde in jedem Kontakt spürt – am Dienstleistungsportfolio, an intelligenten Prozessen und am sympathischen Mitarbeiterverhalten.

LEADERSNET: Kann man Service als Erfolgsfaktor sehen?

Hübner:  Service ist der am meisten unterschätzte Erfolgsfaktor überhaupt. Service ist USP: Je klüger ein Servicekonzept die Kernleistung bereichert, desto mehr macht Service ein Unternehmen zu etwas ganz Besonderem. Und Service ist Effizienz: Je durchdachter die Serviceprozesse, desto wichtiger wird Service als ökonomischer Faktor.

LEADERSNET: Welche Rolle spielt dabei Empathie? Welche der Faktor „Mensch“?

Hübner: Je empathischer die Servicehelden im Unternehmen, desto intensiver der Mensch-Moment. Unternehmerischer Erfolg entscheidet sich genau hier: im Kundenherzen!

LEADERSNET: Kann jeder die Kunst der richtigen Wortwahl zur richtigen Zeit erlernen?

Hübner: Natürlich sind gute Trainings durchaus wirksam. Allerdings verkommen Kommunikationstrainings leider oft zur Oberflächenkosmetik. Wer Menschen liebt und die richtige Haltung lebt, tut sich mit der Wortwahl nicht schwer. Das richtige Training eröffnet dann vor allem mehr und neue Möglichkeiten und macht Mitarbeiter souveräner.

LEADERSNET: Wie steht es um die Service-Qualität in Österreich? Wo sehen Sie Nachholbedarf?

Hübner: Ich liebe die Service-Qualität in Österreich - den typischen natürlichen Charme vermisse ich manchmal in Deutschland. Doch auch hier in Österreich gibt es immer wieder die gleichen Herausforderungen: der eine Mitarbeiter schiebt dem nächsten die Arbeit zu; vor lauter Stress mit dem Regaleinräumen laufen Mitarbeiter mit Tunnelblick durchs Geschäft und sehen den Kunden vor ihrer Nase nicht. Unklare Führung erzeugt Zielkonflikte zwischen bürokratischer Prozesstreue und herzlichem Mensch-Moment. Auch in Österreich gibt es also durchaus noch eine Menge zu verbessern.

LEADERSNET: Wie macht man Mitarbeiter zu Markenbotschaftern und welchen Nutzen hat das Unternehmen dadurch?

Hübner: Mit Indoktrination und Druck erreicht man gar nichts. Nur überzeugte Mitarbeiter sind gute Markenbotschafter. Die Überzeugung entsteht freiwillig – und besonders dann, wenn dem Unternehmen ein guter Mix zwischen Anerkennung und Herausforderung gelingt. Auch hier entscheidet die Haltung: wer Mitarbeiter per se als störrische Esel sieht, der wird genau diese Kultur im Unternehmen erzeugen – lauter störrische Esel. Wer dagegen mit Respekt, Konsequenz und Fairness agiert, hat gute Chancen auf eine exzellente Servicekultur, getragen von begeisterten Servicehelden.

LEADERSNET: Dem Kunden immer einen Schritt voraus. Ist das der richtige Ansatz?

Hübner:  Einen Schritt? Das ist das Minimum. Erfolgreiche Unternehmen stellen sich gleich die gesamte Biografie des Kunden vor und überlegen sich, was er wann brauchen könnte. Dann zaubern sie im richtigen Moment die nächste Überraschung aus dem Hut. "Next Best Action" wird diese Methode genannt – das bringt die Sache ganz gut auf den Punkt.

LEADERSNET: Welche Trends orten Sie für die nahe Zukunft?

Hübner:  Künstliche Intelligenz - die hoffentlich wirklich intelligent daher kommt. Denn Daten sind per se erst einmal dumm. Sie werden erst dann intelligent, wenn wir sie zu wertvoller Leistung aus der Sicht des Kunden verknüpfen.

LEADERSNET: Sie sind Unternehmerin, Rednerin, Vordenkerin und Praktikerin. Welche Unternehmen vertrauen auf ihre Expertise und in welchen Bereichen beraten sie diese?

Hübner: Zu meinen Kunden zählen große Mittelständler und Konzerne aller Branchen – Dienstleistungsunternehmen genauso wie Konsumgüterbereich, Industrie und Tourismus. Mein Spezialgebiet ist es, die Schnittstellen zwischen analogen und digitalen Services perfekt zu verbinden und den Service-Kulturwandel im digitalen Zeitalter zu begleiten.

LEADERSNET: Begleiten Sie Unternehmen auch bei der Implementierung und Umsetzung von Veränderungsprozessen?

Hübner: Selbstverständlich! Konzepte schreiben kann jeder. Erst wenn es an die Umsetzung geht, zeigt sich wer Erfahrung hat, gute Nerven, Durchsetzungsstärke, Beharrlichkeit und allem Stress und allen Widerständen zum Trotz immer noch ein Quäntchen Charme lebt.

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