„Im Zuge der digitalen Revolution gibt es eine große Renaissance von Print“

| 20.02.2017

Die „Österreich“-Chefs Fellner und Voigt im exklusiven leadersnet-Interview über Ramsch-Programmatic, Content Marketing und das Gießkannenprinzip.

oe24 ist das erste Medienhaus in Österreich, das Print, TV, Radio und Digital unter einem Dach vereint. leadersnet hatte Niki Fellner und Oliver Voigt schon im Dezember einmal getroffen und über oe24.TV gesprochen. Jetzt wurden die Printprodukte, der hauseigene Radiosender und der Online- und Digitalbereich unter die Lupe genommen. 

leadersnet: Welche Möglichkeiten ergeben sich für den Vertrieb, dass Sie Print, TV, Radio und Digital aus einer Hand anbieten können und wie wird das von den Kunden wahrgenommen?

Voigt: Grundsätzlich kann man bei uns zwei Welten unterscheiden: einerseits die elektronische Welt mit TV, Online und Radio. Auf der anderen Seite gibt es hingegen die Printwelt mit der Tageszeitung und den Wochenmagazinen. Diese Welten sind in sich schon sehr verzahnt und verbunden. Der gemeinsame TKP (Tausend-Kontakt-Preis) – er wurde bereits im letzten Interview erwähnt  – ist eine Ebene davon. Das wirkliche Meisterstück jedoch ist es, diese Dinge tailormade und crossmedial auf einzelne Kampagnen herunterzubrechen. Daran arbeiten wir aktuell mit verschieden Kunden. Das ist natürlich ein sehr komplexes Unterfangen. In diesem Zusammenhang spielt Content Marketing eine wichtige Rolle. Hier haben wir mit George Nimeh einen Player an Board, der das Studio24, unsere Content Marketing-Unit, gerade ausdesignt. Wir werden auf einzelner Kampagnen- und Kundenebene Kommunikationskonzepte entwickeln, wo ein Medium – sei es Radio oder Fernsehen – in lead geht und die anderen Medien dann den Ball aufnehmen.

leadersnet: Werden Sie sich also auch um die kreative Umsetzung kümmern?

Voigt: Natürlich werden wir das tun, wenn es vom Kunden gewünscht wird. Wir haben die Agenturen sowohl für Online und als auch für Print im Haus. Dazu kommt das Studio24 als neue Content-Schmiede. Somit sind wir für alle Fälle gerüstet.

Fellner: Ich glaub, dass es generell immer wichtiger wird Leistungen abseits von klassischen Medienleistungen anzubieten. Das können Kreativleistungen sein, das können Konzepte sein oder Events, die wir mit Kunden umsetzen. Wir merken, dass es mittlerweile oft zu wenig ist, nur einen Online Display Banner oder ein halbseitiges Inserat in der Zeitung anzubieten. Das heißt aber nicht, dass klassische Werbung nicht doch oft gebucht wird.

Niki Fellner © leadersnet.at/Mikkelsen

Voigt: Das Interessante ist, dass vor allem die Digitalweltmeister, wie Amazon oder Zalando, gerne klassische Werbung buchen und dabei ganz klar die Bestplatzierungen, wie etwa die erste Doppelseite, bevorzugen. Im Gegenzug ist es so, dass viele Klassikplayer eher in den Bereich Content Marketing gehen.

leadersnet: Das hört sich nicht so an, als wäre Print tot.

Voigt: Ich glaube es spricht weiterhin extrem viel für Print. Print ist ein ungemeiner Absatzgarant. Das wird sich in den nächsten Jahren auch nicht ändern. Je digitaler, schneller und individueller Dinge werden, desto wichtiger ist es, einen Gegenpol dazu zu haben, der für eine gewisse Beständigkeit steht. Im Zuge der derzeitigen digitalen Revolution gibt es auch eine große Renaissance von Print. Diese ist auf den ersten Blick nicht immer sichtbar, weil alle über die Digitalisierung diskutieren.

Fellner: Man merkt auch im Programmatic-Bereich, dass immer mehr Kunden und Medien davon weggehen, nach dem Gießkannenprinzip zu agieren. Ich glaube die Tendenz geht wieder dahin, sich auf wichtige Medien zu konzentrieren, anstatt sein Budget wie ein Gartensprenkler über die halbe Welt zu verteilen.

leadersnet: Wieviel hoch ist der Programmatic-Anteil bei oe24?

Fellner: Wir liegen derzeit noch unter zehn Prozent. Das Ziel ist nächstes Jahr in den zweistelligen Bereich zu kommen. Wir haben dafür Thomas Korpitsch von der GroupM engagiert, der jetzt die ganze Programmatic-Unit bei uns aufbaut. Im Displaybereich wird Programmatic sehr stark nachgefragt. Aber man muss bei Programmatic ein wenig differenzieren. Es gibt Programmatic wo Private Deals dahinter liegen und auch Premiumplatzierungen angeboten werden. Das ist es, was wir machen. Was leider auch unter Programmatic firmiert, ist der ganze Ramsch, wo günstig irgendwelche Restplätze gekauft werden können, die de facto aber null Sichtbarkeit bringen – Hauptsache der TKP ist möglichst niedrig. Viele Kunden – etwa ein ganz großer Handelsanbieter – gehen wieder einen etwas anderen Weg, weil sie sehen, dass diese Ramsch-Programmatic eigentlich nichts bringt.

Voigt: Die Gießkanne sorgt oftmals für Nicht-Sichtbarkeit. Darüber hinaus kann es passieren, dass die Werbung eines Unternehmens plötzlich auf irgendwelchen Pornoseiten oder rechten Plattformen ausgespielt wird. Grundsätzlich ist Programmatic eine gute Abwicklungsart. Im Endeffekt bedeutet es nichts anderes, als dass automatisiert Werbemittel übermittelt werden und es gewisse Targetmöglichkeiten gibt. Aber ich glaube, dass eine Grundsecurity gewährleistet sein muss, und diese können nur große Medienmarken und -häuser garantieren.

Oliver Voigt © leadersnet.at/Mikkelsen

leadersnet: Welche Strategie haben Sie für Radio Ö24?

Fellner: 2016 konnten wir beim Radiotest unsere Reichweiten extrem stark steigern. Die Marke oe24 hat sich im Radiosegment durchgesetzt. Das ist sehr erfreulich, da oe24 jetzt eine Marke ist, mit der wir mittlerweile Radio, Digital und TV bespielen und bei Print haben wir sie ja auch im Logo. Für heuer planen wir die Marke Radio Ö24 weiter zu stärken.

Voigt: In Oberösterreich ist der Sender letztes Jahr auch gestartet. Ein integraler Bestandteil des Erfolges ist die Regionalisierung des Senders. 2017 werden wir das Radiogeschäft genauso wie die Zeitung noch stärker regional ausrichten. Das Regionalgeschäft wächst – ganz egal ob in Wien oder in den Bundesländern – sowohl im Printbereich als auch beim Radio und vereinzelt sogar im Onlinebereich. Das versuchen wir auch crossmedial zu nutzen und entsprechende Konzepte anzubieten, die auch für KMU Kunden leistbar sind. Viele Klein- und mittelständische Unternehmen können sich gar nicht vorstellen, wieviel mit 5.000, 10.000 oder 15.000 Euro erreicht werden kann.

leadersnet: Die meisten Medienhäuser entlassen Mitarbeiter und bauen Stellen ab. Sind auch bei Ihnen Kürzungen geplant?

Voigt: Wir haben alleine für unseren TV-Sender 45 bis 50 Arbeitsplätze geschaffen. Und wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe, waren es auf der klassischen Schiene noch einmal knapp 20 Stellen. In Summe haben wir 2016 also knapp 70 Arbeitsplätze geschaffen. Darüber hinaus suchen wir weiter aktiv nach Leuten. Wir starten jetzt zudem eine Media und Sales Academy. Wir haben mittlerweile auch sehr viele junge Leute in Führungspositionen. Beim TV-Team liegt der Altersschnitt bei etwa 30 Jahren. Das sind viele Kollegen, die bei uns im Radio-, Online- oder Printbereich begonnen haben und jetzt im TV in Führungspositionen gewechselt sind. Wir bieten so ein breites Portfolio an, dass man bei uns wirklich die Möglichkeit hat, innerhalb kurzer Zeit aufsteigen zu können.

www.oe24.at

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