Österreichs mittelständische Unternehmen reagieren auf geopolitische Umbrüche und zunehmenden Konkurrenzdruck, indem sie verstärkt auf digitale Schlüsseltechnologien setzen – allen voran Künstliche Intelligenz (KI), Cloud Computing und Data Analytics. Darauf weist jedenfalls die jüngst veröffentlichte Digitalisierungsstudie 2025 hin, für die das Marktforschungsinstitut marketmind im Auftrag des Telekommunikationsanbieters Drei im Herbst 850 österreichische Unternehmen zwischen zehn und 249 Mitarbeitenden befragt hat. Demnach arbeiten bereits mehr als zwei Drittel der Betriebe mit KI, und auch bei der Nutzung von Cloud-Software und -Speicher, bei Datenanalysen sowie beim Internet der Dinge konnten österreichische Unternehmen deutlich zulegen. Im Eurostat-Ranking bleibt Österreich damit im soliden europäischen Mittelfeld, doch zugleich machen die Studienergebnisse deutlich, dass insbesondere im Bereich der digitalen Sicherheit weiterhin großer Handlungsbedarf besteht.
"Angetrieben vom KI-Boom stehen wir am Übergang zu einer neuen, intensiven Phase der Digitalisierung. Jedes zweite Unternehmen hält KI zukünftig für wettbewerbsentscheidend. Prozesse müssen deshalb von Grund auf neu gedacht und effizienter gestaltet werden, statt sie nur digital abzubilden", meint Rudolf Schrefl, CEO von Drei, im Rahmen der Studienpräsentation am Donnerstag.
Nach wie vor große Skepsis gegenüber KI
Konkret zeigt die Studie, dass der Anteil mittelständischer Unternehmen, die KI nutzen, von zehn Prozent im Jahr 2023 auf aktuell 68 Prozent gestiegen ist, wobei KI zumindest in Form von Large Language Models wie ChatGPT zum Einsatz kommt. Zugleich wird deutlich, dass noch eine Lücke zwischen punktueller Anwendung und strategischer Verankerung besteht: Derzeit setzen 29 Prozent KI gezielt ein, aber nur jedes fünfte Unternehmen sieht sich dabei am gewünschten Stand. Während im Vorjahr 13 Prozent externe KI-Expertise eingekauft haben, planen dies in den kommenden zwölf Monaten bereits 28 Prozent. Am häufigsten wird KI für tägliche Arbeitsprozesse (26 %), als Ersatz der klassischen Internetsuche (22 %), im Kundenkontakt (10 %) und in Produktionsabläufen (8 %) genutzt. Größte Bremse bleibt das Thema Datensicherheit, immerhin stehen 60 Prozent der österreichischen Unternehmen dem KI-Einsatz hier nach wie vor mit großer Skepsis gegenüber.
Damit sich dies ändert, brauche es laut Karim Taga, Managing Partner von Arthur D. Little Austria, klare Rahmenbedingungen: "Für den erfolgreichen Einsatz von KI ist es noch lange nicht zu spät – doch zuerst müssen Bund und Behörden ihre Hausaufgaben machen. Österreich hat schon einmal bewiesen, dass es an die Weltspitze gehören kann: 2006 waren wir bereits Nummer 1 im E-Government – das Erfolgsrezept dafür kennen wir also. Jetzt müssen wir es wieder anwenden."
Risiko von Cyberkriminalität wird unterschätzt
Viele mittelständische Unternehmen verfügen aktuell noch nicht über die nötigen Ressourcen, um Schlüsseltechnologien wirklich strategisch zu verankern: So haben 56 Prozent der Betriebe mit zehn bis 19 Mitarbeitenden nach wie vor keine Digitalstrategie, und bei drei Viertel jener Unternehmen, die KI nutzen, fehlt eine entsprechende KI-Richtlinie. Gleichzeitig zeigt sich auch bei der Cyber-Security deutlicher Aufholbedarf: 45 Prozent der Unternehmen stufen das Risiko durch Cyberkriminalität als gering ein, obwohl bereits bei 47 Prozent derartige Vorfälle aufgetreten sind. Rund 16 Prozent der Betriebe sind sogar mehrmals im Jahr betroffen, bei Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitenden steigt dieser Anteil auf 28 Prozent. Am häufigsten handelt es sich dabei um Phishing- und Social-Engineering-Angriffe (20 %) sowie Malware-Infektionen (17 %).
Heimische Unternehmen planen 2026 umfassende Investitionen
Ebenfalls zeigt die Studie, dass die Nutzung von Cloud Services zwischen 2023 und 2025 deutlich zugelegt hat und nun bei 61 Prozent liegt – ein Plus von 16 Prozentpunkten –, während 29 Prozent der Unternehmen bereits datenbasierte Analysen einsetzen. In den kommenden zwölf Monaten planen die heimischen Betriebe zudem verstärkt Investitionen in Schlüsseltechnologien, die auf die Vernetzung von Geräten, Standorten und Arbeitsabläufen sowie auf effizientere Prozesse abzielen: Je 17 Prozent wollen in Cloud Services, IoT-Anwendungen und SD-WAN (intelligente, softwaregesteuerte Unternehmensnetze) investieren, zwölf Prozent in Data Analytics und rund jedes zehnte Unternehmen in sichere Private Networks. Im Zentrum stehen dabei Resilienz und Effizienzsteigerung, so betrachten vier von fünf Unternehmen die Optimierung von Prozessen als wichtigsten Vorteil, 71 Prozent nennen die Stärkung der Kundenbeziehungen, 66 Prozent eine bessere Nutzung finanzieller Mittel und Ressourcen.
"Die Digitalisierung wird als Hebel für Prozessoptimierung, Kundenbindung und Effizienz erkannt, aber es fehlt oft an einer Strategie und nachhaltigen Verankerung im Unternehmen. Der Mittelstand steht am digitalen Wendepunkt. Deshalb benötigt Österreichs Wirtschaft jetzt mehr denn je investitions- und chancenorientierte Rahmenbedingungen, Bürokratieabbau sowie Rechtssicherheit und ein chancenorientiertes Mindset, das auf Beratung statt Bestrafung abzielt", appelliert Schrefl.
Homeoffice nach wie vor im Trend
Abschließend hält die Erhebung fest, dass mobiles Arbeiten in vielen Firmen längst zum Standard gehört: In jedem zweiten Unternehmen besteht die Möglichkeit auf Home-Office, wobei die Verbreitung je nach Branche stark schwankt – im IKT-Sektor nutzen 73 Prozent diese Option, im Handel 39 Prozent und in der Bauwirtschaft 34 Prozent. Für die virtuelle Zusammenarbeit setzen überdies vier von fünf Betrieben auf hybride Kollaborations-Tools wie Teams oder Google Meet, bei rund einem Viertel hat die Nutzung zuletzt sogar nochmals zugenommen. Auffällig ist zudem, dass kleinere Unternehmen Online-Meetings seltener einsetzen, während der Anteil bei Betrieben ab 20 Mitarbeitenden deutlich über 90 Prozent liegt.
www.drei.at
Kommentar veröffentlichen