In der vergangenen Wintersaison beschäftigte vor allem ein Thema die heimischen Gemüter, nämlich das Dynamic Pricing – also jene Preisstrategie, bei der Unternehmen die Preise für Produkte oder Dienstleistungen auf Basis des aktuellen Marktbedarfs anpassen. Zum Einsatz kam dieses unter anderem beim Kauf von Liftkarten. Das Institut für Handel, Absatz und Marketing (IHam) hat daher im April, also zum Ende der Skisaison 2024/25, die Sichtweise der Österreicher:innen und insbesondere der Skifahrer:innen untersucht und analysiert. Die Ergebnisse wurden schließlich im Rahmen der Veranstaltungsreihe "IHam-Praxisdialog" am 25. November 2025 gemeinsam mit dem Marketing Club Linz (MCL) erstmals vorgestellt. Mit dabei waren Expert:innen aus den Bereichen Seilbahnwirtschaft, Regionalökonomie, Konsumentenschutz und Marketing, die gemeinsam am Podium diskutierten.
Ein Schwerpunkt war dabei die Frage, ob Dynamic Pricing den Wintersport sozial unausgeglichener macht oder ob es eine zeitgemäße Form der Preisgestaltung darstellt. Weiters wurden die Vor- und Nachteile des Modells besprochen sowie die Auswirkungen auf die Skiregion. Dazu diskutierten Anna Burton (WIFO), Markus Redl (ecoplus Alpin), Ulrike Weiß (Arbeiterkammer OÖ) und Andrea Zielinski (Hinterstoder-Wurzeralm Bergbahnen). Christoph Teller (IHaM) übernahm die Moderation des Abends.
Ergebnisse der Studie: Österreich zeigt sich ambivalent
Laut Auswertung zeigt sich das Meinungsbild der heimischen Bevölkerung durchwachsen. Die Empfindungen reichen von unfair bis zur Zukunft des Skisports. Für 68 Prozent der Österreicher:innen im Alter von 16 bis 74 Jahren macht Dynamic Pricing den Skisport teurer und infolgedessen weniger zugänglich für breite Bevölkerungsschichten. Weitere 64 Prozent verorten unfaire Preisunterschiede zwischen einzelnen Gruppen von Skifahrer:innen.

39 Prozent heben sich von dieser Meinung ab, empfinden die Preisstrategie als notwendig und sehen in Dynamic Pricing die Zukunft des Skisports. Dass diese dynamischen Preismodelle zu gleichmäßigen Auslastungen in den Skigebieten führen, denken 52 Prozent. Und 54 Prozent gehen davon aus, dass die Skigebiete davon wirtschaftlich profitieren können. Außerdem sehen 49 Prozent darin eine faire Methode zur Preisgestaltung (Mehrfachnennungen möglich). Zudem zeige die Analyse, dass es keine großen Unterschiede im Meinungsbild zwischen Skifahrer:innen und Nicht-Skifahrer:innen gibt.
Welche positiven und negativen Aspekte Dynamic Pricing bringt
Die befragten Skifahrer:innen zwischen 16 und 74 Jahren sehen in der Preisstrategie vor allem positive Aspekte für Frühbucher:innen (71 %). 74 Prozent der Befragten teilen zudem die Meinung, dass Dynamic Pricing all jene bevorzugt, die sich zeitlich an günstige Tage anpassen können.

Kritisiert wird hingegen, dass Spontanbesucher:innen höhere Preise für Liftkarten zahlen (75 %). Diese unterschiedlichen Preise für verschiedene Gästegruppen empfinden 70 Prozent als unfair – vor allem Familien seien hier benachteiligt (69 %). Zudem erschwert die Preisstrategie für 67 Prozent die finanzielle Planung von Skitagen (Mehrfachnennungen möglich).

Auswirkungen des Dynamic Pricing
Über die Hälfte der Skifahrer:innen zeigt sich bereit, auf weniger frequentierte Skitage auszuweichen (60 %), 59 Prozent vergleichen häufiger vor der Buchung verschiedene Skigebiete. Das Preismodell einfach hinnehmen, weil sie aus ihrer Sicht ohnehin keine Wahl haben, wollen 58 Prozent. Und 52 Prozent gaben an, bei Gastronomie, Verleih und Après-Ski und so weiter zu sparen. Außerdem planen 51 Prozent die Skitage als Konsequenz länger im Voraus, um so günstige(re) Preise zu bekommen.

Zusammenfassung IHaM-Praxisdialog
Einig zeigte sich das Podium darin, dass die Kommunikation dynamischer Preise entscheidend ist. Transparente, einfache, nachvollziehbare Preislogiken sind demnach die Voraussetzung für Akzeptanz. Unklare Darstellung oder überraschende Preisunterschiede können hingegen das Vertrauen der Konsument:innen nachhaltig beeinträchtigen.
"Dynamic Pricing polarisiert, weil es Gewinner:innen und Verlierer:innen schafft", meint Ernst Gittenberger vom Institut für Handel, Absatz und Marketing. "Wer früh bucht oder flexibel ist, fühlt sich clever, andere wiederum empfinden Preisunterschiede als unfair und belastend. Die Ergebnisse zeigen deutlich: Viele Skifahrer:innen empfinden die dynamische Preisgestaltung als unfair – vor allem Familien gegenüber." Allerdings sehen gleichzeitig viele die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit dafür, so Gittenberger. Es sei genau diese Ambivalenz, die für starke Emotionen sorge. "Denn Skifahren ist mehr als eine Freizeitbeschäftigung, es ist kulturell verankert in der "Ski-Nation" Österreich."
IHaM-Institutsvorstand Christoph Teller ergänzt: "Dynamic Pricing ist technisch möglich, betriebswirtschaftlich sinnvoll und sichert notwendige Erträge. Die entscheidende Frage lautet jedoch: Was bedeutet es für das Netzwerk im alpinen Tourismus? Skigebiete sind Service-Netzwerke, in denen Unzufriedenheit Spill-Over-Effekte erzeugt. Wird der Skipass als unfair erlebt, leiden darunter auch Gastronomie, Handel und Beherbergung." Zentral sei daher Transparenz. "Parameter müssen nachvollziehbar, Logiken klar kommuniziert sein. Nur was verstanden wird, wird akzeptiert. Preisstrategien dürfen das Ökosystem des Wintersports nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Innovation soll Zukunft sichern, nicht Tradition zerstören – sonst optimieren wir uns zu den Totengräbern einer Kultur, die wir eigentlich erhalten wollen", so der Institutsvorstand abschließend.
Mehr über die Methodik erfahren Sie in der Infobox.
www.jku.at
Familienfreundliche Gesamtpakete entwickeln: Kombination aus Hotel, Frühstück, Mittag- und Abendessen, Hallenbad/Wellness, Skiverleih und weiteren Services, wobei der reduzierte Skipasspreis opaque in das Paket integriert wird. Dadurch wird sowohl die finanzielle Planbarkeit für Familien erhöht als auch die regionale Wertschöpfung gestärkt.
Gezielte Vergünstigungen für optionale Leistungen anbieten: Preisnachlässe für Ausrüstung, Skikurse oder Zusatzangebote unterstützen insbesondere preissensible Haushalte und fördern gleichzeitig Zusatzbuchungen.
Transparente Familien-Preisrechner bereitstellen: Digitale Tools wie Familienpreiskalender und Planungsrechner ermöglichen eine frühzeitige, realistische Budgetplanung und stärken das Vertrauen in die Preislogik.
Frühbuchervorteile klar kommunizieren: Vorteile der frühzeitigen Buchung – insbesondere im Dynamic-Pricing-Modell – sowie zusätzliche Mehrwerte (z. B. Wellnesszugang, Gutscheine, Equipment-Bundles) sollten offensiv, klar und nachvollziehbar dargestellt werden.
Zielsetzung
Die am stärksten belastete Zielgruppe – insbesondere Familien – soll spürbar entlastet werden, während gleichzeitig die Gesamtwertschöpfung in der Region optimiert wird.
Marktgerechte Preislogik für flexible Gäste
Auch „time rich individuals“ sollten den marktkonformen, angebots- und nachfrageorientierten Preis zahlen können – und dürfen diesen Vorteil gegenüber anderen transparent und ohne Stigmatisierung kommunizieren. Denn hochwertige Zielgruppen, die bereit sind, höhere Preise zu tragen, sind ebenso wertvoll wie Familien und alle weiteren Segmente dazwischen. Jede Zielgruppe hat ihren legitimen Platz im tourismuswirtschaftlichen Ökosystem.
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