Gastkommentar von Helmut Bernkopf
Österreichs Exportwirtschaft demonstriert in einem Jahr tektonischer Verschiebung hohe Resilienz

Ein Gastkommentar von Helmut Bernkopf, Vorstand der Oesterreichischen Kontrollbank AG (OeKB AG). 

Der von US-Präsident Trump Anfang April ausgerufene "Liberation Day" mit der Präsentation einer umfangreichen Liste mit hohen Zollsätzen und die vor zwei Wochen vorgestellte neue nationale Sicherheitsstrategie der USA werden als Wendepunkte in die Geschichte eingehen. Während das in den vergangenen Jahrzehnten gelebte transatlantische Verhältnis zumindest vorerst an ein Ende kommt, ist der Protektionismus gekommen, um zu bleiben.

Die letzten Monate haben uns zudem die hohen Abhängigkeiten von China schmerzhaft vor Augen geführt, und auch an anderen Fronten bleibt die geopolitische Lage überaus herausfordernd. Wir müssen somit akzeptieren, dass Unsicherheit der neue Normalzustand ist und damit das Wachstum der Weltwirtschaft und des globalen Handels eingeschränkt bleibt. Und auch die Konjunkturschwäche in Europa und unserem mit Abstand wichtigsten Absatzmarkt Deutschland wird weiterhin anhalten.

All das bedeutet jedoch keineswegs, dass sich für unsere heimischen Exportunternehmen nicht weiterhin auf allen Kontinenten hervorragende Chancen bieten. Und wie die vor zwei Wochen veröffentlichte Außenhandelsstatistik bis inklusive September 2025 zeigt, fällt der Rückgang der Exporte, angesichts der oben skizzierten Herausforderungen, mit -2,2 Prozent im Jahresvergleich überaus moderat aus. Die Ausfuhren in die USA – in den letzten Jahren der wichtigste Wachstumsmarkt – sind hingegen um 22,2 Prozent eingebrochen.

Die Konsequenz daraus ist klar: Die breitere Diversifizierung der Märkte, die wir in der OeKB nun schon seit mehreren Jahren propagieren, ist dringlicher denn je. Und erfreulicherweise haben wir heuer bei unseren Absicherungen und Finanzierungen von Exportgeschäften und Unternehmensexpansionen eine sehr starke Nachfrage verzeichnet. Das gilt besonders auch für unsere Shopping Lines, mit denen wir ausländischen Geschäftspartnern flexible Finanzierungslinien für Zukäufe von Investitionsgütern aus Österreich anbieten und womit wir gerade auch KMU in neue Märkte bringen können. Insgesamt sehen wir heuer viel Dynamik in Südost- und Zentralasien sowie der MENA-Region, aber auch in Europa und Teilen von Südamerika.

Der Blick ins Inland fällt hingegen weniger erfreulich aus: Während wir mit unseren Liquiditätsprodukten eine hohe Nachfrage verzeichnen, ist das allgemeine Investitionsniveau weiterhin sehr verhalten – auch wenn aufgeschobene Investitionen mit geringer Amortisationsdauer wieder durchgeführt werden. Um die Exportwirtschaft bei der Rückkehr auf den Wachstumspfad gezielt zu unterstützen, haben wir deshalb im November gemeinsam mit dem BMF ein neues Maßnahmenpaket vorgestellt. Dieses umfasst unter anderem die Finanzierung von Unternehmensgründungen und -übernahmen in Österreich sowie eine erweiterte Finanzierung von Betriebsmitteln und Vorräten für sehr stark wachsende Exportunternehmen.

Ich bin daher optimistisch, dass die heimische Exportwirtschaft 2026 wieder Zuwächse verzeichnen kann. Der Abschluss von neuen Handelsabkommen würde dazu einen wichtigen Beitrag leisten – Mercosur darf nicht an Partikularinteressen scheitern. Und am heimischen Standort muss der Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt werden, um die Energiepreise für die Unternehmen zu senken. Dazu kann die OeKB mit ihren Instrumenten aus dem Exportförderverfahren einen wichtigen und zudem budgetneutralen Beitrag leisten.

www.oekb.at


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