Die wachsende Flut an Fake News, Deepfakes und gezielter Desinformation stellt Gesellschaft, Medien und Politik gleichermaßen vor zunehmend große Herausforderungen. Etwa auch durch die rasante Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) werden manipulierte Inhalte immer schwerer erkennbar und verbreiten sich in rasanter Geschwindigkeit. So haben laut Digital News Report 2024 bereits 39 Prozent der Befragten über alle Altersgruppen hinweg Schwierigkeiten, echte Nachrichten von Fälschungen zu unterscheiden – mit gravierenden Folgen für das Vertrauen in Medien und die gesellschaftliche Meinungsbildung. Besonders schwerwiegend trifft dieses Problem junge Menschen, die sich überwiegend über soziale Medien informieren. Damit wird deutlich: Die digitale Transformation bringt nicht nur neue Kommunikationsformen, sondern auch neue Gefahren für die Integrität öffentlicher Information – und für das Fundament demokratischer Diskurse.
Um nun gemeinsam Positionen gegen die zunehmende Verbreitung von Fake News zu definieren und Synergien zu stärken, fanden kürzlich führende Medienvertreter:innen im österreichischen Parlament zusammen. Anlass dafür bot ein Round Table mit dem Titel "Gemeinsam gegen Fake News – Vertrauen in digitale Kommunikation stärken", der auf gemeinsame Initiative des interactive advertising bureau (iab) austria und Nationalratsabgeordneten Nico Marchetti veranstaltet wurde.
Vertrauen in digitale Medien zurückgewinnen
Eingeleitet wurde der Dialog durch Marchetti persönlich: "Die Systematik der großen Plattformen stellt die Medien, die Demokratie und die gesamte Gesellschaft vor große Herausforderungen. Wir dürfen nicht Gefahr laufen, uns die Rahmenbedingungen von Big-Tech-Firmen und ihren Algorithmen diktieren zu lassen, sondern als Politik hier handlungsfähig zu sein."
Dem stimmte auch iab-austria-Präsidentin Rut Morawetz zu und betonte, dass Fake News kein Medienproblem, sondern ein Gesellschaftsproblem seien, weswegen es gemeinsame Verantwortung brauche – von Politik, Medien, Wirtschaft und den Plattformen selbst. Auch die Interessenvertretung der Digitalwirtschaft selbst leiste hier ihren Beitrag, betreibe etwa mit der Kampagne "Trust Matters" Aufklärungsarbeit und steigere so das Vertrauen in qualitätsvolle Inhalte der heimischen Digitalmedien. "Nur durch strukturierte, abgestimmte Maßnahmen lässt sich das Vertrauen in digitale Kommunikation langfristig stärken", so Morawetz und erklärt, dass der Round Table nun der erste Schritt sei, um Initiativen zusammenzuführen und Kräfte zu bündeln – mit dem Ziel, effektive Lösungsansätze zu finden, die über die Grenzen des (hauptbetroffenen) Mediensektors hinausgehen und demokratie- sowie gesellschaftspolitische Ziele verfolgen. "Mir war es persönlich wichtig, die relevanten Akteur:innen an einen Tisch zu bringen – nicht um Zuständigkeiten zu diskutieren, sondern um gemeinsam Lösungen zu finden, mit denen wir das Vertrauen der Menschen in digitale Medien zurückgewinnen", meint Morawetz.
Erste Lösungsansätze
In einem ersten Strategievorschlag spricht sich das iab austria für die Einrichtung einer Taskforce aus, die bestehende Rechtsgrundlagen – insbesondere den Digital Services Act (DSA) und den Digital Markets Act (DMA) – konsequent umsetzt und große Plattformen stärker in die Verantwortung nehmen soll. Zentrale Hebel des EU-Rechts sieht das iab austria in einer möglichen Entflechtung des programmatischen Ökosystems sowie in erweiterten Transparenzpflichten der Plattformen. Die Taskforce soll Meldeverfahren ("Notice and Action"-Mechanismen) bei Big-Tech-Unternehmen überwachen und durch die Durchsetzung geltender Regelungen faire Wettbewerbsbedingungen gewährleisten. Fachliche Expertise ist etwa bei der Kommunikationsbehörde KommAustria, der RTR Austria und im Innenministerium bereits vorhanden und könnte künftig gezielter vernetzt werden. Bei den Round-Table-Teilnehmenden aus Politik, Wirtschaft und Medien findet dieser Ansatz breiten Zuspruch.
Darüber hinaus zeigt sich Medienkompetenz als entscheidender Schlüssel im Kampf gegen Fake News – und ihre Vermittlung darf weder an den Klassenzimmertüren enden noch ausschließlich Kinder und Jugendliche ansprechen. Auch Erwachsene müssen befähigt werden, Informationen kritisch zu hinterfragen und Manipulationen zu erkennen. "Medienkompetenz betrifft die ganze Gesellschaft. Ältere Menschen müssen sie ebenso verinnerlichen, da die rasante technische Entwicklung für sie eine besondere Herausforderung darstellt", betont Marchetti und hebt das sogenannte "Prebunking" als möglichen Präventionsansatz hervor.
Abschließend waren sich die Teilnehmenden auch einig, dass eine wirksame Strategie gegen Desinformation ebenso die gezielte Förderung von Qualitätsjournalismus erfordert. Transparenz, offene Infrastrukturen und technologische Zusammenarbeit werden zudem seitens der Digitalwirtschaft als zentrale Voraussetzungen genannt, um Vertrauen in digitale Informationsräume zu stärken. Von politischer Seite wurde überdies die engere Kooperation nationaler Medienanbieter hervorgehoben, deren Initiativen wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden sollen, um nachhaltige Wirkung zu erzielen. Und nicht zuletzt müsse Europas digitale Souveränität angesichts der Risiken Künstlicher Intelligenz gesichert bleiben.
Hochkarätige Teilnehmer:innen
Am Round Table im Parlament nahmen teil: Staatssekretär Alexander Pröll, ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti, Landesrätin Daniela Gutschi (Land Salzburg), Heidrun Strohmayer (Bundeskanzleramt), Answer Lang (Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport), Evelyn Hemmer (Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport), Henrike Brandstötter (NEOS), Corinna Drum (Verband Österreichischer Privatsender), André Eckert (iab austria), Christian Keil (Austria Presse Agentur), Stefan Kollinger (ORF), Philip Miro (iab austria), Rut Morawetz (iab austria), Tom Peruzzi (Virtual Minds), Inka Pieh (ORF), Gerold Riedmann (Der Standard) und Wolfgang Struber (RTR Medien).
www.iab-austria.at
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