LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Tröstl-Katinger, Sie sind seit April 2025 Vorständin des Metallverarbeitungsbetriebes Metagro Edelstahltechnik AG. Was verbirgt sich hinter dieser Marke – für welches Produktportfolio stehen Sie?
Gerlinde Tröstl-Katinger: Metagro steht seit über 50 Jahren für Leidenschaft und Präzision in der Edelstahlverarbeitung. Was 1973 als kleiner Metallbetrieb begann, ist heute ein hochspezialisierter Partner für individuelle Edelstahlprodukte – mit starken Wurzeln in der Gastronomie für Großküchen- und Kühlmöbel. Diese Basis prägt uns bis heute.
Gleichzeitig entwickeln wir uns stetig weiter: Unsere Kompetenz reicht inzwischen vom Anlagenbau für Flughafensicherheitssysteme über Komponenten für die Halbleiterindustrie bis zu Bordrestaurants in Zügen und maßgefertigten Designlösungen wie unserem Champagnerkühlschrank. Auch im Bereich Haushaltsküchen und Arbeitsplatten entstehen immer mehr Projekte, bei denen Funktion und Design Hand in Hand gehen.
Was mich an Metagro besonders begeistert, ist die Verbindung von Hightech und Handwerk. Unser moderner Maschinenpark trifft auf erfahrene Fachkräfte, deren Können und Leidenschaft die wahre Qualität unserer Produkte ausmachen.
LEADERSNET: Durch welchen beruflichen Werdegang sind Sie in diese Position gekommen und wofür dürfen Sie sich verantwortlich zeigen?
Tröstl-Katinger: Ich habe meine Karriere im Finanz- und Rechnungswesen in einem Industrieunternehmen begonnen, war danach bereits vier Jahre bei Metagro – ebenfalls im Finanzbereich. Im Anschluss war ich fast 13 Jahre Geschäftsführerin eines großen Dienstleistungsunternehmens im Facility Service, wo ich Verantwortung für ein breites Leistungsspektrum und 2.500 Mitarbeiter:Innen tragen durfte. Gerade diese Jahre waren sehr prägend, lehrreich und wertvoll.
Nun bin ich als Alleinvorständin zu Metagro Edelstahltechnik AG zurückgekehrt und meine Begeisterung für das Unternehmen, die Expertise der Mitarbeiter:innen und die Qualität der Produkte ist seit dem ersten Tag wieder genauso groß, auch wenn sich mein Aufgabengebiet doch stark geändert hat, denn als alleinige Vorständin habe ich die Gesamtverantwortung für das Unternehmen und alle über 100 Mitarbeiter:innen und freue mich darauf, das Unternehmen mit Innovation, Teamgeist und einer klaren strategischen Ausrichtung in die Zukunft zu führen.
LEADERSNET: Metagro ist ein Vorzeigebetrieb, wie man mit Innovationen den Produktionsstandort Österreich bzw. Niederösterreich forciert – weiters sind Sie im Bereich regionales Employer Branding höchst erfolgreich. Welche Strategien werden hier verfolgt?
Tröstl-Katinger: Bei Metagro setzen wir seit Jahrzehnten auf eine klare und nachhaltige Strategie: Wir investieren in Menschen und Innovation. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist dabei die Ausbildung eigener Fachkräfte. Bis heute haben wir fast 100 Lehrlinge ausgebildet – und das Schöne ist, dass viele von ihnen geblieben sind. Rund ein Drittel unserer heutigen Mitarbeiter:innen hat ihre Lehre bei Metagro absolviert und sind nun in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens tätig – als hoch qualifizierte Fachkräfte in der Fertigung, Konstruktion oder auch als Produktionsleiter. Das zeigt, wie stark unsere regionale Verwurzelung und unser Fokus auf langfristige Mitarbeiterbindung sind.
Wir setzen bewusst auf loyale, zuverlässige Menschen aus der Region, die unser Unternehmen mitgestalten und weiterentwickeln. Unser Ziel ist es, auch in Zukunft einer der beliebtesten Arbeitgeber in der Region zu bleiben.
Gleichzeitig wissen wir, dass wir als Produktionsbetrieb in Österreich nur dann erfolgreich sein können, wenn wir uns spezialisieren. Wir produzieren keine Massenware – bei uns zählt Qualität, Präzision und die individuelle Anpassung an die Bedürfnisse unserer Kund:innen. "Geht nicht, gibt's nicht" – dieser Leitsatz begleitet uns tagtäglich. Durch diese Haltung, kombiniert mit einem starken Team und großer Umsetzungsstärke, gelingt es uns, den Produktionsstandort Niederösterreich nachhaltig zu stärken.
LEADERSNET: Sie sind eine Powerfrau und waren Ihr ganzes Berufsleben in männerdominierten Positionen tätig. Was empfehlen Sie jungen Frauen für ihren beruflichen Weg?
Tröstl-Katinger: Frauen können genauso erfolgreich sein wie Männer – oft fehlt nur das Selbstvertrauen, sich große Ziele wirklich zuzutrauen. Als Vorstandsmitglied des Zukunft.Frauen Alumnae Clubs ist es mir ein Anliegen, Frauen in Führungspositionen sichtbar zu machen und andere zu ermutigen, Verantwortung zu übernehmen und ihr Potenzial voll auszuschöpfen.
Ich rate jeder Frau, das eigene Lebenseinkommen im Blick zu behalten – das Risiko weiblicher Altersarmut ist noch immer deutlich höher. Finanzielle Unabhängigkeit und ein rascher Wiedereinstieg nach der Karenz sind dabei entscheidend.
Für beruflichen Erfolg braucht es Zielstrebigkeit, Leidenschaft und Engagement – aber auch passende Rahmenbedingungen. Familienfreundliche Strukturen, flexible Arbeitsmodelle und Unternehmen, die diese unterstützen, sind der Schlüssel zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Mein Rat an junge Frauen: Traut euch, setzt klare Ziele und wählt Arbeitgeber:innen, die eure Karriere ebenso ernst nehmen wie eure Lebensrealität.
LEADERSNET: Wir erleben aktuell eine wirtschaftliche Hoch- und Tieffahrt in allen Bereichen. Wie wirken sich Energiepreise, Kriege, Zölle, aber auch Fachkräftemangel auf die aktuelle Performance von nationalen Produktionsbetrieben aus?
Tröstl-Katinger: Wir erleben derzeit extrem volatile Zeiten, in denen Prognosen kaum noch verlässlich möglich sind. Hohe Energiepreise und die sehr hohen Lohnabschlüsse der letzten drei Jahre haben viele österreichische Industriebetriebe massiv belastet. Dazu kommen hohe Lohnabgaben für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen, die Situation am Arbeitsmarkt samt Fachkräftemangel – all das wirkt sich unmittelbar auf die Performance der Unternehmen aus.
Auch die Einstellung zur Arbeit hat sich verändert. Es wird aktuell viel zu stark vermittelt, dass Arbeit nur Belastung oder gar Strafe ist. Wir müssen Arbeit wieder deutlich positiver transportieren: als bereichernd, sinnstiftend und schön.
Nicht zuletzt spielt die Demografie eine entscheidende Rolle – der Pool an potenziellen Mitarbeiter:innen wird kleiner. Die Zeiten bleiben also herausfordernd und spannend zugleich, und es wird entscheidend sein, wie flexibel, innovativ und motivierend Unternehmen auf diese Entwicklungen reagieren.
LEADERSNET: Wie können wir wieder positive Vibrations in die Wirtschaft bekommen und wie sehr sind wir von Stimmungen abhängig?
Tröstl-Katinger: Für mich ist es entscheidend, optimistisch in die Zukunft zu blicken – und zwar nicht als Zweckoptimismus, sondern als Lebenseinstellung und aktive Strategie, wie wir die Wirtschaft positiv gestalten können. Statt uns nur von negativen Schlagzeilen leiten zu lassen, sollten wir Erfolgsstorys sichtbar machen, die Mut machen und positive Stimmung erzeugen.
Optimismus ist ein echter Wettbewerbsfaktor: Chancen erkennen, anpacken und gemeinsam gestalten – das ist die Devise. Unternehmen, Gesellschaft und Politik brauchen diese positive Grundhaltung ebenso wie Zusammenhalt und das Vertrauen in die eigene Gestaltungskraft.
LEADERSNET: Wohin soll sich in Ihrer Ära als Geschäftsführerin von Metagro das Produktportfolio entwickeln? Für welche neuen Zielgruppen stehen Sie bereit?
Tröstl-Katinger: Die Gastronomie wird auch in Zukunft unsere Kernbranche bleiben, denn hier haben wir unsere langjährige Expertise und starke Marktposition. Gleichzeitig wollen wir unser Produktportfolio gezielt erweitern und neue Branchen stärker erschließen. Besonders im Bereich Anlagen- und Gehäusebau, Engineering und Prototypenbau, Labor- und Ladenbau sehen wir großes Potenzial.
Darüber hinaus möchten wir Architekt:innen und Planer:innen noch intensiver ansprechen, um auch im privaten Bereich – etwa im Haushalts- oder Designsegment – unsere Lösungen zu platzieren. Unser Ziel ist es, mit hochwertigen, spezialisierten Produkten flexibel auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kund:innen einzugehen und so neue Märkte zu erschließen, ohne unsere Wurzeln in der Gastronomie zu vernachlässigen.
LEADERSNET: Zum Abschluss bitte ich Sie um ein politisches Statement: Was müssen wir als österreichische Gesellschaft tun, um wirtschaftlich wieder erfolgreich zu sein und um den Wohlstand für die Zukunft zu erhalten?
Tröstl-Katinger: Damit Österreich wirtschaftlich wieder erfolgreich ist und unseren Wohlstand sichert, müssen wir einige Grundprinzipien stärken: Arbeit muss wieder positiv kommuniziert werden – sie ist bereichernd, sinnstiftend und attraktiv. Leistung muss sich lohnen, denn nur so entsteht Motivation und Engagement. Gleichzeitig brauchen Unternehmen mehr Freiraum: Bürokratie muss reduziert werden, damit Innovation und Wachstum möglich sind.
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Förderung von Frauen und Mädchen: Wir müssen sie ermutigen, selbstbewusst, zielstrebig und ambitioniert zu sein, damit sie ihr Potenzial voll entfalten können. Nur wenn wir diese Bereiche gemeinsam vorantreiben, sichern wir die wirtschaftliche Stärke und den Wohlstand Österreichs auch für die Zukunft.
LEADERSNET: Vielen Dank!
www.metagro.at
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