Am 11. November beginnt die Ballsaison. Damit heißt es dann in Wien und anderswo wieder vermehrt: Man bringe den Spritzwein! Aber wie in anderen Branchen ebenso herrscht bei den Schaumweinproduzenten derzeit keine Walzerseligkeit: "2024 war ein ausgesprochen herausforderndes Jahr", berichtet bei Schlumberger der neue Geschäftsführer Florian Czink. Aber gerade deshalb sei das vergangene Geschäftsjahr für sein Unternehmen ein Erfolg gewesen: "Während der Gesamtmarkt spürbar unter Druck stand, konnten wir unseren Absatz sogar steigern. Der Umsatz lag nur leicht unter dem Vorjahresniveau, das Betriebsergebnis hingegen blieb stabil. Angesichts des Marktumfelds ist das ein Ergebnis, auf das wir mit Stolz zurückblicken." Und 2025 ging es weiter unruhig zu, wie sich bereits im ersten Halbjahr zeigte: "Wir begegnen diesem Umfeld mit Konsequenz und Klarheit. Konsolidierung, Effizienz und unternehmerische Disziplin stehen im Fokus. Unser Ziel bleibt Beständigkeit in bewegten Zeiten."
Zentrale Erfolgsfaktoren seien die Stärke der eigenen Marken, eine enge Zusammenarbeit mit dem Handel und Flexibilität im Markt. Jedoch: "Die Auswirkungen der anhaltenden Krise spüren auch wir deutlich, insbesondere durch gestiegene Kosten bei Grundweinen, Glas, Verpackung und vor allem im Personalbereich." Eine vollständige Weitergabe an Kunden sei aber nicht möglich. "In diesem Umfeld ist intelligentes Kostenmanagement unverzichtbar, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und unsere Qualitätsstandards zu halten." Vor allem Premium-Produkte geraten seit Beginn der Krise aber zunehmend unter Druck: "Der Trend geht spürbar zu günstigeren Einstiegsprodukten, das stellt insbesondere Premiumanbieter vor Herausforderungen. Es gilt, Konsumenten weiterhin vom Mehrwert hochwertiger Produkte zu überzeugen." 2024 habe man dennoch insbesondere im Handel positive Impulse gesetzt. Zugpferd ist aktuell vor allem Schlumberger Rosé, was die insgesamt gestiegene Nachfrage von Rosé-Schaumweinen bestätigt. Und die Traditionsmarke des Hauses glänzt offenbar neuerdings vermehrt als Trendsetter: "Bei Hochriegl treffen vor allem die alkoholfreien Varianten und das Spritz-Sortiment den Nerv der Zeit und sprechen neue Zielgruppen an."
Geschmack und Ausstattung
Gute Zahlen in schweren Zeiten schreibt ebenfalls Henkell-Freixenet, wie Geschäftsführer Philipp Gattermayer bilanziert: "Wir konnten unsere Marktführerschaft im österreichischen Schaumweinmarkt 2024 erneut bestätigen und einen Absatzmarktanteil von 34 Prozent erreichen. Besonders erfreulich ist das kontinuierliche Wachstum im alkoholfreien Segment, das um rund 14 Prozent zulegte." Gerade bei Letzterem sieht er noch Potenzial, es weiter auszubauen, auch wenn man jetzt schon hier mit 40 Prozent Marktanteil – wie im Kleinflaschensegment (44 Prozent) – klare Nummer Eins sei. "In der aktuellen Entwicklung sehe ich, dass wir mit unseren Maßnahmen, unserer Innovationskraft und unseren starken Marken sehr gut aufgestellt sind." Nicht selbstverständlich in einer Branche, die derzeit wie andere von steigenden Rohstoffpreisen, Ernteausfällen und einer gewissen Konsumveränderung geprägt sei. "Wir konnten unsere Position behaupten, insbesondere durch die Dynamik im alkoholfreien Segment, die Loyalität unserer Kund:innen, starke Partner im Handel und der Gastronomie."
Ausruhen könne man sich darauf jedoch nicht. Gattermayer meint, dass man aktuell noch bei der Aufklärungsarbeit hinsichtlich des Qualitätsbewusstseins der Konsument:innen mehr tun müsse, da man in der Produktion nicht beabsichtigt, hinsichtlich dessen etwas einzuschränken: "Trotz steigender Rohstoff-, Verpackungs- und Lohnkosten gibt es für uns keine Kompromisse in der Qualität der Grundweine und der Produktausstattungen. Geschmack und Ausstattung sind nach wie vor die Schlüsselelemente für Qualitätsschaumwein." Um hier das Niveau im ökonomisch vertretbaren Rahmen halten zu können, setze man auf Effizienzsteigerungen in der Produktion und solche Premium-Produkte, die eine höhere Wertschöpfung erzielen und gleichzeitig die Marktbedürfnisse bedienen.
Sekt aus der "Hülse"
Bei der Sektkellerei Kattus wird dem Management im Blick auf den Jahresabschluss auch nicht bang. Produktmanager Leonhard Benger: "Für 2025 erwarten wir ein moderates Wachstum. Für die bevorstehende Saison erwarten wir zudem neue Impulse im Lebensmitteleinzelhandel – insbesondere durch unseren Kattus Spumante, der neben der klassischen Flasche im innovativen Dosenformat erhältlich ist. Die Dosen erfreuen sich großer Beliebtheit." Das fügt sich in das Vorhaben, zusätzlich zur Schärfung der Premium-Strategie die Sichtbarkeit in den Geschäften zu erhöhen: "Bei der Regalplatzierung im LEH sehen wir weiterhin Nachholbedarf – hier setzen wir auf auffälliges, innovatives Design und neue Verpackungslösungen, um Sichtbarkeit und Wiedererkennung zu steigern." Sehr gut aufgestellt sei man aber bereits mit den Bio-Produkten und dem alkoholfreien Segment des Unternehmens, wo man deutlichen Zuwachs beobachtet. "Die steigende Nachfrage nach nachhaltigeren, gesünderen und alkoholfreien Alternativen ist längst ein fester Bestandteil unserer Sortimentsstrategie. Das durchweg positive Feedback unserer Kundinnen und Kunden bestätigt uns, dass wir hier den richtigen Weg eingeschlagen haben."
Im Burgenland kein Kopf im Sand
Wie, Wien, nur du allein als Sektbastion? Keineswegs. Auch anderswo wird hierzulande munter Schaumwein produziert. Etwas weiter südlich, in Jois, residiert der burgenländische Platzhirsch in Sachen Wein Leo Hillinger, der neben Zweigelt und Veltliner genauso Schaumwein schafft: "Circa 10 Prozent unserer Produktion entfällt auf Schaumwein", verrät der namensgleiche Eigentümer. Die zwei großen Sekt-Trends bedient man inzwischen sogar mit einem einzelnen Produkt gleichzeitig – der "Secco Rosé Pink Ribbon Edition Alkoholfrei". Die Zeiten seien nicht leicht, aber zu bewältigen: "Die anhaltend schwierigen Marktumstände stellen uns immer noch vor große Herausforderungen. Aufgrund unserer Betriebsstruktur können wir aber flexibel darauf reagieren und konnten auch im vergangenen Jahr unsere Marktanteile steigern." Hillinger bleibt weiterhin optimistisch: "Auch der Weinernte 2025 sehen wir sowohl qualitativ als auch quantitativ positiv entgegen."
Nicht weit entfernt – in Gols – trifft man mit Szigeti auf einen weiteren bekannten Namen der österreichischen Sekt-Szene. Hier musste man zuletzt jedoch leichte Abstriche machen, wie Firmengründer Peter Szigeti einräumt: "Der Umsatz war wie erwartet geringer als die Jahre zuvor. Der Absatz von Perlwein im Einstiegssegment ist aber gestiegen." Darüber hinaus fordern Personal- und Energiekosten sowie die Bürokratie sein Unternehmen heraus. Somit ist Szigetis Erwartung für 2025 relativ zurückhaltend, aber er hofft mit Sonderprodukten wie zum zweihundertjährigen Johann-Strauss-Jubiläum Marktanteile zu sichern. Zudem erfreuen sich insbesondere die Premium- und Perlweine des Hauses anhaltender Beliebtheit. Somit steckt man den Kopf im Burgenland nicht in den Sand: "Von Krise wollen wir nicht sprechen, es gibt Marktverschiebungen und auch Änderungen bei den Trinkgewohnheiten. Wir reagieren darauf."
www.schlumberger.at
www.henkell.at
www.leo-hillinger.com
www.kattus.at
www.szigeti.at
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