Pilotprojekt
Schweiz schickt Kühe auf Toilette

Im Rahmen eines Pilotprojekts wurden auf einem Bauernhof im Kanton Luzern erstmalig spezielle Kuh-Klos errichtet. Durch den gesammelten Urin sollen die klimaschädlichen Ammoniak-Emissionen deutlich reduziert werden können. 

Was auf den ersten Blick vielleicht harmlos wirkt, hat weitreichende Folgen für Umwelt und Klima: Die Ausscheidungen von Kühen setzen große Mengen klimaschädlicher Stoffe frei und belasten Böden wie Gewässer. Beispielsweise entsteht durch die Vermischung von Kot und Urin der klimaschädliche Stoff Ammoniak, der als Gas in die Luft gelangt und schließlich als saurer Regen auf die Weideflächen fällt. Besonders in der Massentierhaltung wird das zum ernsthaften Umweltproblem. Anstatt an der Ursache – nämlich industrieller Tierausbeutung – anzusetzen, hat sich ein Schweizer Forscherteam nun eine durchaus kreative Lösung überlegt: Eine Kuh-Toilette.

So funktioniert's

Konkret handelt es sich beim Kuh-Klo um eine Gitter-Box, in die die Kühe mittels Futter gelockt werden. Nachdem die jeweilige Kuh dieses verspeist hat, wird sie von einer Maschine zwischen Euter und Schwanz stimuliert, um Harndrang auszulösen. Der Urin wird schließlich aufgefangen und gesammelt. Durch diese Trennung von Kot und Harn im Stall könne man die Bildung von Ammoniak, das sonst hauptsächlich auf der feuchten Lauffläche entstehe, deutlich reduzieren, erklärt Markus Bucheli, Fachexperte Ammoniak beim Kanton Luzern. 

Darüber hinaus biete eine derartige Kuh-Toilette zahlreiche weitere Vorteile für den jeweiligen Betrieb: Einerseits bleibe der Stall sauberer und das Futter werde weniger verschmutzt, und andererseits könne der gesammelte Urin, der mineralisch gelösten Stichstoff enthält, als Düngemittel für Pflanzen verwendet werden.

Pilotversuch läuft

Im Rahmen eines Pilotversuchs des Projekts, an dem die Zentralschweizer Kantone, der Bund, die Wissenschaft und der Luzerner Bauernverband beteiligt sind, wurden bereits die ersten Kuh-Toiletten installiert. Und zwar im Betrieb des Bauern Franz Röösli aus Hellbühl im Kanton Luzern: Dieser gab gegenüber dem SRF zu, dass er zuerst an einen April-Scherz geglaubt habe, als die Idee zum ersten Mal an ihn herangetragen wurde. Allerdings sei seine anfängliche Skepsis angesichts der zahlreichen Vorteile schnell in Begeisterung umgeschlagen, weswegen er letztlich einer Teilnahme am Pilotversuch zustimmte.

Da ein Kuh-Klo für etwa 25 Kühe reiche und Familie Röösli 50 Milchkühe auf ihrem Hof beherbergt, wurden schließlich zwei WC-Anlagen errichtet. Kostenpunkt pro Toilette: 30.000 Schweizer Franken (ca. 32.000 Euro). Da es sich aber um ein Pilotprojekt handelt, wurde der insgesamt 60.000-Franken-teure Einbau vom Ressourcenprojekt Ammoniak des Kantons gefördert.

70 Prozent der Kühe nutzen WC

Inzwischen sind die beiden Kuh-Toiletten seit rund einem Monat in Betrieb, und die Kühe hätten sich rasch daran gewöhnt. So würden laut der Bauernfamilie mittlerweile 70 Prozent ihrer Kühe ihr Geschäft auf dem WC verrichten. Dank individueller digitaler Erkennungsmarken können die Rööslis per App verfolgen, welche Kuh die Toilette benutzt – und welche sich (noch) weigert. Die Daten und Erfahrungen aus diesem Pilotversuch sollen für andere Betriebe, die künftig Kuh-Toiletten verbauen wollen, gesammelt werden.

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