Die Bundesregierung hat beim Ministerrat am 3. Dezember 2025 ihr lange erwartetes Entbürokratisierungspaket vorgestellt. Es umfasst insgesamt 114 Maßnahmen und soll laut dem zuständigen Staatssekretär Sepp Schellhorn die Bürokratiebelastung in Österreich verringern und den Wirtschaftsstandort stärken.
Vielzahl täglicher Hemmnisse
Und dass bei diesem Thema ordentlich Aufholbedarf herrscht, machen folgende Zahlen deutlich: Österreichs Wirtschaftsstandort leidet laut einer aktuellen Studie enorm unter hoher Bürokratielast. Unternehmen beziffern den Aufwand auf rund 15 Milliarden Euro jährlich – knapp vier Prozent der Wirtschaftsleistung. Im Durchschnitt verlieren Betriebe 13 Wochenstunden durch Verwaltungspflichten, Genehmigungen dauern mit 222 Tagen im internationalen Vergleich besonders lange. Parallel wuchs der Normenbestand seit 1970 von rund 8.400 auf über 56.000 Paragrafen. Zeit wird zunehmend zum Standortfaktor, kleine Verzögerungen summieren sich zu erheblichen Belastungen. Auch im UN-E-Government-Index stagniert Österreich seit Jahren auf den Rängen 20 bis 21.
Dass das Paket erst jetzt und nicht wie zunächst angekündigt im Sommer präsentiert wurde, liegt laut Regierung daran, dass erstmals ein umfassend Bottom-up-Bild erhoben wurde – basierend auf über 4.000 Einmeldungen über die Plattform SEDA, mehr als 300 Gesprächen und internationalen Referenzen aus Estland, Dänemark, den Niederlanden und Australien. Darin wird die Bürokratie als Vielzahl täglicher Hemmnisse beschrieben.
Beschleunigen, Vereinfachen und Digitalisieren
Darauf will man jetzt mit einem ressortübergreifenden Paket reagieren, das Beschleunigung, Vereinfachung und Digitalisierung in zentralen Verwaltungs- und Wirtschaftsbereichen vorsieht.
Beschleunigen: GISA-Express ab 2026, flexiblere Nutzung bestehender Anlagen, weitgehende Genehmigungsfreiheit für PV-Anlagen und Ladepunkte, One-Stop-Shop für Bau- und Anlagenverfahren, digitalisierte UVP-Prozesse sowie Entlastungen im Tourismus.
Vereinfachen / Entlasten: weniger Doppelmeldungen, reduzierte Nachweis- und Vorlagepflichten, englische Unterlagen zulässig, Abschaffung veralteter Meldebestimmungen, modernisierte Volksbegehren, Anpassungen im Energierecht und die Aktualisierung veralteter Verordnungen.
Digitalisieren: digitaler Akt, digitale Befunde und Kontrollen, E-ID-Anwendungen, elektronischer Zugriff auf historische Meldebestätigungen, digitale Konzessionsurkunden, SAF-T-Standard, QR-gestützte Einkommensteuer-Vorschreibung, durchgängig digitale Gebühren- und Verkehrssteuerverfahren, digitale Aufenthaltsverfahren und moderne Schulverwaltung.
Erwartet werden spürbare Erleichterungen: klarere digitale Behördenwege und weniger Papierpflichten für Bürger:innen, raschere Genehmigungen und geringere Dokumentationslast für Betriebe sowie eindeutige Zuständigkeiten und durchgängige Digitalisierung in der Verwaltung. Langfristig soll das System Bürokratie nicht nur reduzieren, sondern einem erneuten Anwachsen vorbeugen.
Stimmen aus der Bundesregierung
Die Bundesregierung ist mit den präsentierten Maßnahmen natürlich zufrieden. Staatssekretär Sepp Schellhorn betonte, das Paket sei "im besten Sinn ur-demokratisch entstanden: im Zuhören, von unten nach oben". Bürokratie gleiche einem täglichen Stau – jede Verzögerung sei für sich erträglich, "aber in Summe verliert Österreich Tage, Energie und Geld". Künftig solle ein Bürokratie-Check verhindern, dass neue Regeln erneut Belastungen erzeugen. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer erklärte, man mache Österreich "schneller, einfacher und digitaler". Die Reform der Gewerbeordnung sei das Herzstück – mit One-Stop-Shop statt Behörden-Ping-Pong, erleichterten Betriebsübergaben und digitalen Unterlagen. Betriebe sollen arbeiten und investieren können, "statt auf Bescheide zu warten". Infrastrukturminister Peter Hanke verwies auf konkrete Verbesserungen wie schnellere Genehmigungen für PV-Anlagen und Ladepunkte sowie digitale Verfahren anstelle von Aktenbergen. Damit werde verlorene Zeit zurückgeholt; es handle sich um Maßnahmen, "die bei Betrieben und Bürger:innen ankommen".
Reaktionen der Wirtschaft
Im Großen und Ganzen fällt die Resonanz aus der Wirtschaft positiv aus. Die Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der WKÖ begrüßt die Maßnahmen als überfällige Entlastung für Betriebe, die seit Jahren mit realitätsfernen und doppelgleisigen Vorgaben konfrontiert seien. Susanne Kraus-Winkler, Obfrau der Sparte, spricht von "spürbaren, sinnvollen und digital angepassten Verwaltungserleichterungen".
Besondere Maßnahmen seien die Verlängerung der Grace Period, modernisierte Preisauszeichnung und das digitale Gästeblatt. Kraus-Winkler betont zugleich: "Der Abbau bürokratischer Lasten ist kein einmaliges Projekt, sondern ein fortlaufender Prozess. Eine zügige Umsetzung ist entscheidend, weitere Schritte müssen rasch folgen."
Georg Imlauer, Obmann der Hotellerie, sieht das digitale Gästeblatt als wichtigen Schritt, fordert jedoch die konsequente Vereinfachung aller Meldepflichten sowie klare wettbewerbsrechtliche Vorgaben bei der Preisauszeichnung.
Die Österreichische Hotelvereinigung (ÖHV) hebt hervor, dass sich "ein großer Teil" der Maßnahmen mit den Vorschlägen der Initiative Weniger Bürokratie decke. Walter Veit, Präsident der ÖHV, nennt als Beispiele die Entlastung bei Brandmelde- und Sicherheitsanlagen sowie die digitale Preisauszeichnung via Website oder QR-Code.
Er mahnt jedoch Tempo bei der Umsetzung an: "Die ersten 113 Projekte stehen in den Startlöchern. Bringen wir sie zum Laufen, es warten noch Hunderte darauf, umgesetzt zu werden."
Der Handelsverband sieht die ersten Schritte positiv, fordert jedoch rasche Umsetzung und größere Reformbereitschaft. Rainer Will, Geschäftsführer, warnt vor dem Anti-Mogelpackungs- und Preisauszeichnungsgesetz: "Die geplanten Regelungen sind praxisfern und teuer und laufen den aktuellen Bemühungen zur Inflationssenkung und Entbürokratisierung diametral entgegen."
Er betont, dass strukturelle Entlastungen, etwa bei arbeitsrechtlicher Bürokratie, Bauvorschriften und Mietvertragsgebühren, nun priorisiert werden müssten. "Wenn wir Bürokratie wirklich abbauen wollen, müssen wir genau hier ansetzen."
Der Wirtschaftsbund Niederösterreich (WBNÖ) sieht das Paket als wichtigen Startschuss, um die jährliche Bürokratiebelastung von rund drei Milliarden Euro im Bundesland zu reduzieren. Wolfgang Ecker, Landesgruppenobmann, fordert rasche Umsetzung: "Für Unternehmerinnen und Unternehmer ist klar: Es braucht einfachere Abläufe und klare Verfahren."
Für KMU besonders relevant seien schnellere Verfahren, flexiblere Sachverständigenwesen, ein One-Stop-Shop für Förderungen, höhere Buchführungsgrenzen und die Genehmigungsfreiheit für PV- und E-Ladestationen. Harald Servus, Direktor des WBNÖ, ergänzt: "Die vorgelegten Maßnahmen adressieren zentrale Anliegen unserer Betriebe. Entscheidend ist, dass diese Änderungen im Alltag tatsächlich Wirkung entfalten."
AustrianStartups bewertet das 114-Punkte-Paket positiv, da es der Plattform zufolge Gründer:innen unter anderem durch die Öffnung des Firmenbuchs für englische Unterlagen, eine modernisierte Förderlandschaft, digitale Gewerbeanmeldung und ein aktualisiertes Bilanzierungsrecht spürbar entlaste und Österreich näher an internationale Standards bringe.
Gleichzeitig betont Geschäftsführerin Hannah Wundsam, dass weiterhin zentrale strukturelle Reformen fehlen: eine vollständig digitale Gründung ohne Notarzwang, geringere Lohnnebenkosten in den ersten Wachstumsjahren sowie moderne Mitarbeiterbeteiligungsmodelle für Start-ups und Scale-ups. Nur wenn diese Bereiche prioritär behandelt würden, könnten innovative Unternehmen in Österreich langfristig starten, wachsen und am Standort bleiben.
www.parlament.gv.at
Und wie immer wird das Regierungsnarrativ ohne eine einzige kritische Nachfrage weitergereicht wie beim Staffellauf der Ahnungslosigkeit.
Das ist kein Reformpaket.
Das ist Altlastenverwaltung in Absurdistan.
Beispiele:
• Pickerl-Intervall verlängert – Danke für die Gnade.
• Faxnummer streichen – Willkommen im Jahr 2005.
• Digitale Meldebestätigung – Wir sind fast im 21. Jahrhundert angekommen.
• Keine doppelte Unterschrift mehr – Bravo. Revolution.
Hier wird nichts entrümpelt.
Hier wird das bestehende System poliert, damit es äußert so aussieht, als ob es funktioniert.
Ein paar QR-Codes, ein paar digitale Formulare, eine Ladestation ohne Bescheid – fertig ist der Fortschritt.
Die Realität:
Die Bürokratie-Maschine bleibt am Laufen, weil sie der Arbeitsplatzbeschaffer Nummer 1 ist.
Und die Medien werfen Konfetti drüber.
Willkommen in Österreich:
Wo die Politik die Bürokratie schafft und die Wirtschaft sich bedankt, dass sie ein paar Gramm davon zurückbekommt.
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