Für Medikamententests ohne Tierversuche
Forscher lassen natürliche Blutgefäße auf winzigem Chip wachsen

Wissenschaftler:innen der TU Wien und der japanischen Keio-Universität haben ein Laserverfahren entwickelt, das realistische Organmodelle auf Chips ermöglicht – und damit neue Wege für tierversuchsfreie Medikamententests eröffnet. 

Wie lassen sich neue Medikamente realitätsnah testen – ohne Tierversuche und Risiken für den Menschen? Eine vielversprechende Antwort darauf bieten sogenannte "Organ-on-a-chip"-Systeme: winzige, im Labor gezüchtete Organmodelle auf mikrostrukturierten Chips. Sie erlauben es, biologische Prozesse kontrolliert zu simulieren und liefern wertvolle Einblicke in das Zusammenspiel menschlicher Organe. Doch ein zentrales Hindernis blieb bislang ungelöst: die Nachbildung funktionierender Blutgefäße.

Ultrakurze Laserpulse

Eben hier ist nun ein Durchbruch gelungen: Wissenschaftler:innen der Technischen Universität Wien (TU Wien) und der japanischen Keio-Universität haben eine neuartige Methode entwickelt, mit der sich Blutgefäße in winzigen Organmodellen auf einem Chip erzeugen lassen – und zwar mittels ultrakurzer Laserpulse. Diese Gefäße verhalten sich tatsächlich wie natürliche Gefäße im lebenden Gewebe, und erste Tests mit Leber-Gewebe verliefen erfolgreich. Das neue Verfahren sei nicht nur deutlich schneller, sondern lasse sich auch zuverlässig reproduzieren, betonen die Forschenden.

"Wenn man beispielsweise untersuchen möchte, wie bestimmte Medikamente in unterschiedlichen Geweben transportiert und absorbiert werden, dann braucht man feinste Netze aus Blutgefäßen", veranschaulicht TU-Wien-Forscherin Alice Salvadori den Nutzen dieser Methode.

Zweistufiger thermischer Härtungsprozess

Die ultrakurzen Laserpulse, deren Dauer sich im Femtosekunden-Bereich bewegt, ermöglichten es, in Hydrogelen äußerst schnell und effizient hochpräzise 3D-Strukturen direkt in das Material einzuschreiben. "Wir können auf diese Weise Kanäle herstellen, die nur 100 Mikrometer voneinander entfernt sind. Das ist essenziell, wenn man die natürliche Dichte von Blutgefäßen in bestimmten Organen replizieren möchte", so TU-Wien-Forschungsleiter Aleksandr Ovsianikov.

Anstelle eines einstufigen Gelierungsverfahrens nutzten die Forschenden einen zweistufigen thermischen Härtungsprozess: Dabei wird das Hydrogel in zwei Phasen bei unterschiedlichen Temperaturen erhitzt. Dadurch verändert sich die Netzwerkstruktur des Materials, was zu einer erhöhten Stabilität führt – die erzeugten Gefäße bleiben dabei offen und behalten ihre Form über einen längeren Zeitraum bei.

"Diese künstlichen Blutgefäße werden tatsächlich mit Endothelzellen besiedelt, die genauso reagieren wie Endothelzellen im Körper. Sie reagieren beispielsweise auf dieselbe Weise auf Entzündungen – sie werden dabei durchlässiger, genau wie Blutgefäße im Körper", so Salvadori abschließend.

Die gesamte Forschung kann hier nachgelesen werden.

www.tuwien.at

www.keio.ac.jp

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