Gastkommentar
Ausblick auf den österreichischen Immobilienmarkt 2025: Igor Strehl über Trends und Anlageempfehlungen

| Redaktion 
| 29.01.2025

Mit dem neuen Jahr 2025 ist es an der Zeit, die Chancen und Risiken im Immobiliensektor genauer unter die Lupe zu nehmen.

Es scheint nahezu sicher, dass die Immobilienpreise 2024 mit einem Rückgang enden werden. Laut ÖNB verzeichnet der Wohnimmobilienpreisindex bis zum dritten Quartal 2024 einen jährlichen Rückgang von -2,20 % in Österreich und -3,50 % in Wien.

Die Stabilisierung der Inflation und sinkende Zinssätze schaffen jedoch die Grundlage für eine vorsichtige Verbesserung der Immobilienmarkt-Dynamik im kommenden Jahr. Darüber hinaus könnten Regulierungen, Nachhaltigkeitsinitiativen und regionale Entwicklungen unterstützend wirken. Schauen wir uns diese Faktoren genauer an, um nützliche Einblicke in die Entwicklungen des Wohn- und Gewerbeimmobilienmarkts für das Jahr 2025 zu geben.

Nachfrage nach Wohnimmobilien

Die Zeichen für die Nachfrage nach Wohnimmobilien sind widersprüchlich. Positiv ist, dass die Europäische Zentralbank (EZB) plant, die Zinssätze 2025 weiter zu senken, da die Inflation nachlässt. Dies könnte die Kreditbelastung für Privatpersonen verringern und die Nachfrage nach Wohneigentum erhöhen. Besonders positiv ist auch das voraussichtliche Auslaufen der KIM-Verordnung Mitte 2025. Diese Regelung, die das Bankensystem vor systemischen Risiken schützen sollte, gleichzeitig aber die Wohnimmobilienfinanzierung einschränkte, wird nicht mehr gelten. Damit werden die Kreditvergabebeschränkungen gelockert, was es Käufern erleichtert, Darlehen zu erhalten. Diese Änderungen könnten besonders für einkommensschwächere Haushalte und junge Familien, die bislang keinen Zugang zum Immobilienmarkt hatten, neue Möglichkeiten eröffnen.

Auf der anderen Seite hat die österreichische Wirtschaft 2024 nur verhalten performt. Für 2025 wird ein BIP-Wachstum von 1,0 % erwartet, nachdem es 2024 um 0,6 % gesunken ist. Trotz einer aktuellen Stabilität stellen strukturelle Probleme wie hohe Arbeits- und Energiekosten weiterhin ein Risiko dar, insbesondere bei zunehmendem geopolitischen Druck. Hinzu kommt, dass die steigenden US-Zölle 2025 weiteren Druck auf Unternehmen und Beschäftigung in Österreich ausüben werden.

Angebot an Wohnimmobilien

Die Zahlen von Statistik Austria zeigen, dass die Anzahl der genehmigten Wohnungen 2023 auf 46.565 gefallen ist – ein Rückgang von 27 % im Vergleich zu 2022 – und dieser Abwärtstrend mit 10.672 genehmigten Wohnungen im zweiten Quartal 2024 anhält. Das entspricht einem Rückgang von 17,9 % im Jahresvergleich. Gründe hierfür sind teurere Finanzierungen für Bauunternehmen und steigende Baukosten. Zudem zeigen sich Bauunternehmen vorsichtig, neues Angebot auf den Markt zu bringen, wenn die Preise fallen. In einem unsicheren Umfeld wie diesem ist das jedoch ein gesundes Zeichen für den Markt, da es das Risiko von Überangebot und drastischen Preisverfällen begrenzt.

Büroimmobilien

Der österreichische Büromarkt zeigt sich weiterhin robust, insbesondere in erstklassigen Lagen wie Wien. Die Nachfrage nach ESG-konformen Flächen bleibt stark, getrieben durch unternehmerische Nachhaltigkeitsziele und strengere EU-Vorschriften, die energieeffiziente Gewerbeimmobilien erfordern.

 Auf europäischer Ebene legen Unternehmen zunehmend Wert auf umweltzertifizierte Büros, um Umweltstandards zu erfüllen, Energiekosten zu senken und ihre ESG-Profile zu verbessern. Dieser Trend verstärkt den Wettbewerb um moderne, nachhaltige Büroflächen, besonders in städtischen Gebieten wie Wien, Graz, Linz und Salzburg, wo die Mieten für neue Büroflächen steigen. Gleichzeitig prägen hybride und Remote-Arbeitsmodelle die Nachfrage nach Büroflächen neu. Mieter konsolidieren ihre Büroflächen und bevorzugen kleinere, hochwertigere Flächen in erstklassigen Lagen. Ein Bericht von CBRE zeigt, dass 55 % der befragten Unternehmen planen, ihre Büroflächen in den nächsten drei Jahren zu reduzieren, wobei Flexibilität und Gebäudekqualität im Vordergrund stehen.

Angebot und Leerstandsraten

Erstklassige Büroflächen in Wien schneiden weiterhin gut ab. Die Leerstandsquote für Büroflächen lag 2023 auf einem historischen Tiefstand von 3,8 %. Im Jahr 2024 erreichte derselbe Wert ein neues Tief von 3,3 %. Dies zeigt, dass Unternehmen trotz der schwierigen Wirtschaftslage weiterhin aktiv nach neuen Büroflächen suchen. Ein Grund für die niedrige Leerstandsquote ist das stagnierende Angebot an neuen ESG-Gebäuden, das sich 2025 ändern dürfte, da 121.000 Quadratmeter neuer Büroflächen auf den Markt kommen sollen.

In regionalen Zentren wie Linz wird der Bürobestand bis 2026 um 86.000 Quadratmeter wachsen, während Graz und Salzburg ältere Gebäude modernisieren, um den Anforderungen an Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Diese Städte nutzen niedrigere Betriebskosten und strategische Entwicklungen, um Unternehmen anzuziehen, die nach Alternativen zu den hohen Kosten in Wien suchen.

 Wichtige Trends für 2025

  1. Lockerung der Finanzierung für Käufer: Das Auslaufen der KIM-Verordnung und die erwarteten Zinssenkungen 2025 dürften die Finanzierungslast für Käufer verringern, insbesondere für einkommensschwächere Haushalte und junge Familien.
  2. Regionale Unterschiede bei Preis und Nachfrage: Laut einem Bericht der Raiffeisen Bank erweisen sich gehobene Wohngegenden und Regionen mit einem höheren Anteil an Eigenheimbesitzern im Vergleich zu Miet- und Anlagewohnungen in der aktuellen Marktlage als stabil. So blieben die Preise im ersten Wiener Bezirk stabil und verzeichneten sogar einen leichten Anstieg von +2,4 %. Dieser Trend dürfte sich voraussichtlich auch im Jahr 2025 fortsetzen.

 Im Gegensatz dazu könnten Regionen mit niedrigen Eigentumsquoten sowie Städten wie Linz, Innsbruck und Salzburg weiterhin unter Druck stehen, da die Preise dort im Jahr 2024 Rückgänge zwischen -5 % und -10 % verzeichneten. Solche Gegenden könnten jedoch im Laufe des Jahres interessante Einstiegsmöglichkeiten bieten und von einer steigenden Nachfrage aus der Mittelschicht profitieren. 

  1. Wachstum bei Wohnmieten: Der Mietmarkt bleibt angespannt, mit anhaltendem Druck auf Mieten in Städten wie Wien und moderatem Mietwachstum in regionalen Hotspots.
  2. Unterversorgung bei Wohn- und Gewerbeimmobilien: Der österreichische Immobilienmarkt ist sowohl im Wohn- als auch im Gewerbesektor durch ein geringes Angebot geprägt, was auf hohe Baukosten und eine zurückhaltende Bautätigkeit der Entwickler zurückzuführen ist. Diese Einschränkung zeigt sich besonders deutlich in städtischen Zentren wie Wien. Gleichzeitig verändert der zunehmende Fokus auf ESG-konforme Gebäude die Investitionsprioritäten, insbesondere im Wiener Büromarkt, wo grün zertifizierte Neubauten dominieren. Regionale Zentren wie Graz und Linz reagieren auf die Nachfrage mit erschwinglichen, modernen Büroflächen und bieten Unternehmen, die nach Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit suchen, attraktive Alternativen.

Zusammenfassend befindet sich der österreichische Immobilienmarkt weiterhin in einer Anpassungsphase, die 2024 begonnen hat. Moderate Preiskorrekturen werden voraussichtlich auch 2025 anhalten. Optimismus besteht hinsichtlich der erleichterten Finanzierungsbedingungen und der Stabilität hochwertiger Immobilien, die ihren Wert voraussichtlich behalten werden. Regionale Zentren mit höheren Eigentumsquoten bieten zusätzliche Stabilität im Vergleich zu städtischen Gebieten, die von Mietwohnungen dominiert werden. Dennoch könnten dynamische Faktoren wie geopolitische Risiken und sich wandelnde Handelsrichtlinien die wirtschaftliche Gesamtlage beeinflussen.

Für Käufer von Wohnimmobilien:
Lockerere Finanzierungsbedingungen und Preisanpassungen in städtischen Gebieten könnten 2025 strategische Kaufmöglichkeiten schaffen. Käufer sollten dabei vor allem auf Regionen mit hoher Mietnachfrage oder stabilisierenden Preisen achten, insbesondere in Premiumlagen oder regionalen Zentren.

Für Mieter von Büroflächen:
Da ESG-Compliance immer wichtiger wird, kann das Anmieten moderner, umweltzertifizierter Büroflächen Wettbewerbsvorteile bringen. Regionale Zentren wie Graz und Linz bieten kostengünstige Optionen mit wachsendem Potenzial, während sekundäre Märkte sorgfältig bewertet werden sollten, um langfristige Wertsteigerung sicherzustellen.

www.dunaj-consulting.com/de/igor-strehl


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